Der Ferrari F40 bedarf keiner weiteren Vorstellung, ist er doch neben dem 250 GTO wohl das Modell, das wie alle am stärksten mit der berühmten Marke aus Maranello assoziieren. Konzipiert als Nachfolger des 288 GTO war er das letzte Rassepferd, das den persönlichen Segen von „Commendatore“ Enzo Ferrari erhielt. Und so war seine Enthüllung im Juli 1987 geradezu weltbewegend. Mit einer Karosse aus Kohlefaser und Kevlar sowie einem V8-Biturbo mit 478 PS konnte er seine Motorsportambitionen kaum verbergen, doch ließen die spezifischen Anforderungen an ein Straßenmodell noch viel Luft nach oben.
Daniel Marin, Geschäftsführer des berühmten französischen Ferrari-Importeurs Charles Pozzi SA, erkannte sofort das Potenzial des F40 und kontaktierte daher Giuliano Michelotto und dessen Ingenieurbüro, um dem F40 eine kräftige Performance-Spritze zu verpassen. Michelotto hatte bereits den Lancia Stratos der Gruppe 4, verschiedene Ferrari 308-Versionen, Ferraris 333 SP, 288 GTO und GTO Evoluzione in siegreiche Monster verwandelt. Und nun gab Ferrari Michelotto grünes Licht für den Bau einer Serie von 19 F40-Modellen, die aufgrund ihrer Bestimmung, in Le Mans anzutreten, die Bezeichnung F40 LM erhielten.
Michelotto konnte sich jedoch nicht rückhaltlos austoben, da die FIA- und IMSA-Regularien zumindest die Gewichtsreduzierung einschränkten. Egal, so konnte sich die PS-Schmiede aus Padua voll und ganz darauf konzentrieren, den Dreiliter-V8 des F40 in etwas zu verwandeln, das die Erdrotation stoppen könnte. Dazu dienten größere Behr-Ladeluftkühler, überarbeitete Nockenwellen, ein modifiziertes Kraftstoffmanagement-System und ein erhöhter Ladedruck, was in Summe die Leistung auf stratosphärische 720 PS erhöhte. Doch damit nicht genug: Michelotto senkte die Bodenfreiheit des F40 LM, montierte größere Brembo-Scheibenbremsen und breitere Felgen mit weicheren Reifen, bevor man mit dem Feinschliff an der Karosserie begann.
Erfüllt schon ein serienmäßiger F40 das alte Klischee „Schon im Stillstand schnell aussehen“ mehr als genug, bewegt sich der LM in einer nochmals anderen Liga. Neben einem riesiger Frontsplitter verpasste Michelotto der Motorhaube eine mittige NACA-Düse und zwei große Kühlluftschächte. Doppelscheinwerfer signalisierten den Einsatz bei 24-Stunden-Rennen. Der Unterboden erhielt Venturi-Tunnel für mehr Abtrieb, zum gleichen Zweck wurde ein größerer, verstellbarer Heckflügel montiert. Der ohnehin spartanische Innenraum des F40 wirkte dank digitaler Instrumentenpanels, Renngurten und eines Feuerlöschers ebenfalls „race ready“.
Diese Modifikationen waren für die US-amerikanische IMSA-Serie konzipiert, sodass man eine zweite und noch etwas leistungsstärkere europäische FIA-GT-Version namens „GTC“ entwickelte. Dank weniger einschnürend wirkender Luftmengenbegrenzer stieg die Leistung des GTC auf nunmehr 760 PS – ein Leistungssprung von fast 300 PS gegenüber der Serienversion. Michelotto hatte Wunder vollbracht, und obwohl spätere Versionen wie der F40 GT und GTE als weiterentwickelt gelten, konnte keiner jemals Michelottos GTC in punkto purer Leistung übertreffen.
Was uns zum Ferrari F40 LM bringt, den Sie heute sehen. Mit Fahrgestellnummer 95448 war er das 14. von nur 19 jemals gebauten Exemplaren und einer der wenigen in der leistungsstärkeren GTC-Spezifikation. Lackiert in Rosso Corsa und ausgestattet mit den begehrten Plexiglas-Schiebefenstern sowie Schalensitzen im Stoffbezug Stoffa Vigogna. Dieser F40 LM wurde im Dezember 1992 fertiggestellt und einige Monate später an den 2013 verstorbenen Sammler Walter Hagmann aus St. Moritz ausgeliefert, der neben anderen Ferrari-Preziosen auch einen 275 GTB/4 und einen F50 besaß. Moderne Hypercar-Besitzer könnten sich von Herrn Hagmann noch eine Scheibe abschneiden. Denn er scheute nicht davor zurück, seinem brandneuen F40 LM die Sporen zu geben. Wie im Mai 1993 bei einer privaten Testsession auf dem Mugello-Kurs, die er allerdings mit einem kleinen Ausrutscher beendete.
Michelotto bügelte den Bagatellschaden am Heck aber ruckzuck aus, und nur wenige Monate später erschien in der Juliausgabe 1993 des Schweizer Fachmagazins Auto Illustrierte ein Artikel über Hagmanns F40. Noch im Oktober desselben Jahres nahm der F40 LM am Treffen des Ferrari Club Italia in Mugello teil, bevor ihn Hagmann im Februar 1998 auf der Zürich Motor Classic Show ausstellte. Er behielt den Wagen bis 2002, verkaufte ihn dann an einen anderen Schweizer Enthusiasten, nur um ihn 2007 zurückzukaufen. Es dauerte nicht lange, ehe der F40 an einen Münchner Finanzier ging, der ihn in den folgenden acht Jahren an zahlreichen Veranstaltungen der Shell Ferrari/Maserati Historic Challenge einsetzte.
Im April 2009 erhielt Chassis 95448 die Werkszertifizierung Ferrari Classiche, welche Matching Numbers für Motor, Getriebe und Karosserie bestätigte. Obwohl das Red Book nicht mehr im Lieferumfang enthalten ist, liegt dem Fahrzeug ein digitales PDF der Ferrari Classiche-Zertifizierungsseiten vor. Die einzige nennenswerte Änderung an der Spezifikation dieses F40 LM sind die Magnesium-OZ-Racing-Felgen, die die hohe Präsenz dieses Ferraris deutlich unterstreichen.
2014 kehrte der F40 LM für eine gründliche Restaurierung zu Michelotto zurück. Sie umfasste eine Überholung von Motor und Getriebe, kleinere Karosseriereparaturen und eine Neulackierung in der korrekten Originalfarbe. Von 2015 bis heute durchlief der Wagen einige Privatsammlungen. Seinen bemerkenswertesten Auftritt hatte er im Biltmore Hotel in Coral Gables, Florida, wo er Anfang März 2025 beim ModaMiami Concours den Preis in der Kategorie „Ferrari: Passion and Performance Collection“ gewann.
Zuletzt führten die Markenexperten von Rosso Corsa Inc. aus Jupiter, Florida, im Juni dieses Jahres eine umfassende Wartung durch. Dabei wurden die Tankblasen, Zahnriemen, Zündkerzen und Kraftstofffilter ausgetauscht sowie neue Michelin Pilot Sport GT Slick S7M-Reifen aufgezogen. Die Gesamtrechnung überstieg 67.000 Dollar und sollte alle potenziellen Bieter beruhigen, die den hervorragenden Zustand dieses extrem seltenen Ferraris anzweifeln. Sollte Ihre Sammlung eines der großartigsten Ferrari-Pferde aller Zeiten würdig sein, bietet Ihnen RM Sotheby’s Monterey Auktion vom 16. August die Chance, diesen prachtvollen F40 LM in Ihren Besitz zu bringen.