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Diese Fantastischen Vier umspannen zwei Jahrzehnte Hypercar-Wahnsinn

Alle Hypercars sind auf ihre Art einzigartig, doch manchmal taucht ein Modell auf, das alle anderen durch seine Schönheit, Geschwindigkeit oder Verrücktheit in den Schatten stellt. Diese vier Exoten aus fast 20 Jahren verkörpern all das und werden am 13. August bei Broad Arrow Auctions versteigert.

Die Automobilbranche hat schon viele goldene Zeitalter erlebt. Wir Autojournalisten beschwören sie nur allzu gerne, wenn wir über Autodesign aus der Mitte des letzten Jahrhunderts oder triumphale Siege in Le Mans berichten. Häufig mit Bezug auf eine vergangene Ära, die Lichtjahre von dem entfernt zu sein scheint, was wir heute auf den Rennstrecken und öffentlichen Straßen sehen und erleben. Dabei gibt es nach unserer Beobachtung ein viel jüngeres goldenes Zeitalter, und zwar eines, das wir genau jetzt erleben. Bestimmt wird es von den vielen Hypercars, die in den letzten 25 Jahren auf den Markt gekommen sind. 

Seit dem Jahr 2000 hat die Automobilwelt ein goldenes Zeitalter der technischen Herausforderungen erlebt, in dem Grenzen nicht ausgereizt, sondern vielmehr aufgehoben wurden. Einige der weltbesten Marken entschieden sich, nicht nur neuen Rundenbestzeiten und Geschwindigkeitsrekorden nachzujagen, sondern stattdessen Statements technologischer Leistungsfähigkeit, künstlerischer Hingabe und Exklusivität jenseits der kühnsten Träume abzugeben. Diese vier Juwelen, die am 13. August bei der Broad Arrow Auctions’ Auktion in Monterey versteigert werden, sind die idealen Symbole, um unsere Affinität zu diesen verrückten Exoten auszudrücken. 

2005 Maserati MC12 Stradale  

Unsere Reise in den Hypercar-Wahnsinn nimmt ihren Anfang vor 20 Jahren – bei einem geheimen Treffen der Maserati-Führungskräfte. Ihr Plan, den legendären Namen Maserati zurück in den Top-Motorsport zu bringen, stand kurz vor der Umsetzung – denn die ersten Rennen zur FIA-GT1-Serie standen kurz bevor. Um daran teilnehmen zu dürfen, bedurfte es eines straßentauglichen Homologations-Modells. Bühne frei für den MC12 Stradale, der rennstreckentaugliches Handling, atemberaubende Geschwindigkeit und eine atemberaubend schöne Karosserie vereinte.

Es war kein Geheimnis, dass der MC12 Stradale einige Goodies aus Maranello übernahm, darunter das Monocoque-Chassis des Ferrari Enzo, dessen mitreißenden Sechsliter-V12 und das automatisierte Sechsgang-Schaltgetriebe. Das Design unterschied sich jedoch deutlich vom Enzo. Mit einer größeren und aerodynamisch aggressiveren Karbonfaser-Karosserie von Giorgetto Giugiaro, die der damalige Hausdesigner Frank Stephenson noch verfeinerte. Tatsächlich war die Windschutzscheibe das einzige Detail, das vom Enzo übernommen wurde. Nach einer Reihe von Siegen in der FIA GT1-Meisterschaft hatte Maserati wieder den süßen Geschmack von Motorsport-Ruhm und Champagner auf den Lippen, und die 50 straßentauglichen Exemplare waren ebenso erfolgreich und wurden ruckzuck verkauft. 

Einer dieser 50 wird hier als Hommage an das Farbschema der Anfang der 60er-Jahre von der amerikanischen Scuderia Camoradi eingesetzten Maserati Birdcage in der Außenfarbe BiancoFuji-Perlmuttweiß mit blauen Akzenten präsentiert. Ergänzt um ein Interieur aus Blu-Leder und BrighTex-Stoff. Das Auto hat seit seiner Auslieferung im Jahr 2005 – dem zweiten und letzten Produktionsjahr – lediglich 11.500 Kilometer zurückgelegt. Es wurde gerade erst beim Spezialisten GTO Engineering für rund 70.000 Dollar restauriert. Was das Entrée in den Hypercar-Himmel angeht, gibt es kaum etwas Besseres als einen MC12 Stradale, eine wahre Ikone der Nullerjahre.

 

2008 Koenigsegg CCXR 

Vor Jesko, Regera und Agera gab es den Koenigsegg CCXR, ein Auto, das für mehr stand als nur pure Geschwindigkeit und verrücktes Design. Denn es definierte neu, was ein unabhängiger Autohersteller erreichen konnte. Der CCXR hatte alles, was Liebhaber solcher Exoten begeisterte – einen bedrohlichen Auspuffsound, atemberaubende Dihedral-Synchro-Helix-Türen, einen horrenden Preis und – im Jahr 2008 vielleicht am beeindruckendsten – die Möglichkeit, mit den Biokraftstoffen E85 und E100 zu fahren. Sein Motor, vollständig in Ängelholm selbst entwickelt – war das Prunkstück des Wagens: ein doppelt aufgeladener 4,8-Liter-V8, der ihn mühelos auf 400 km/h katapultierte und den CCXR damit zu einem der weltweit schnellsten Serienautos seiner Zeit machte.

Dieser Koenigsegg CCXR aus dem Jahr 2008 in Storm Black ist der 41. jemals produzierte Koenigsegg und einer von lediglich elf existierenden CCXR. Seine Exklusivität wird noch dadurch verstärkt, dass er vermutlich eines von nur drei Exemplaren in den USA ist und einer von acht CCXR mit manuellem CIMA-Sechsganggetriebe – ein zunehmend rares Feature im Hypercar-Bereich. Der CCXR verkörpert das skandinavische Ethos von funktionalem Design, gepaart mit ungezügeltem Ehrgeiz und hat alle Anlagen für einen modernen Klassiker. Er ist leicht, roh und extrem analog. Und sorgt dafür, dass jede Fahrt eine eindringliche Erinnerung daran ist, dass manchmal ein Außenseiter die besten Kapitel der Automobilgeschichte schreibt. 

 

2018 Bugatti Chiron 

Natürlich wäre kein Artikel über exklusive Hypercars vollständig ohne einen Bugatti. Als 2016 der Chiron erschien, musste er dem Erbe des Veyron gerecht werden; ein Hypercar, das ganze Autobahnnetze in wenigen Minuten verschlingen konnte und dabei ein konkurrenzloses Interieur-Design und Exklusivität beibehielt. Glücklicherweise weiß das Team in Molsheim, wie man auf Großartiges etwas noch Großartigeres folgen lassen kann – wie schon in den 1930er-Jahren mit dem T35 und T51 vorgemacht. Der Chiron ging nun in die Vollen und avancierte mit einem von vier Turboladern zwangsbeatmeten 8,0-Liter-W16 und unfassbaren 1.479 PS zum Stoff für die Albträume aller Konkurrenten. Zumal all dieser mechanische Wahnsinn in eine Karosserie gehüllt war, die Eleganz und Straßenpräsenz ausstrahlte.

Obwohl es sich innerhalb dieser Fab Four um das in größten Stückzahlen gebaute Modell handelt, ist seine Ausstattung bei weitem die exklusivste. Denn der Kunde orderte unter anderem eine komplett schwarze Außenhaut aus Sichtcarbon – ein Extra, für das er die fürstliche Summe von 315.000 Dollar hinlegte. Kontrastierend dazu sind die hellblauen Akzente an der Unterseite des Heckflügels und den Bremssätteln. Da er mit der Optionsliste noch nicht durch war, bestellte der Käufer zusätzlich den ikonischen „Hufeisen“-Kühlergrillrahmen und die Rücklichter in Nocturne-Schwarz, ebenso wie die markanten Caractere-Felgen, die allein unglaubliche 62.000 Dollar kosteten. Als der Chiron 2018 neu an Bugatti San Diego geliefert wurde, war sein Gesamtpreis als Folge der zahlreichen Extras auf über 3,5 Millionen Dollar gestiegen. Bis heute wurde er von zwei Vorbesitzern nur 7045 Kilometer bewegt.

Kein anderer Autohersteller steht so für Opulenz wie Bugatti. Der Chiron erwies sich als würdiger Nachfolger des Veyron und setzte die Hypercar-Messlatte für die 2020er-Jahre und darüber hinaus auf fast unerreichbare Höhen. 

 

2022 Lamborghini Essenza SCV12 

Mit dem letzten Mitglied dieser Fantastischen Vier haben wir den puren Wahnsinn erreicht. Wenn der Chiron Opulenz verkörpert, ist der Lamborghini Essenza SCV12 pures, ungefiltertes Chaos. Unter der exklusiv für die Rennstrecke entwickelten Karosserie verbirgt sich ein 6,5-Liter-V12 mit 830 PS – der leistungsstärkste Saugmotor, den sie bei Lamborghini je gebaut haben.

Er mag der Jüngste in unserem Quartett sein, aber glauben Sie nicht, dieser Lambo hätte KI oder Hybridtechnologie an Bord. Der Essenza kommt vielmehr ohne solche Hilfsmittel aus, stattdessen ist er eine Rennmaschine für Puristen, komplett mit Carbonfaser-Monocoque und aerodynamischen Innovationen direkt aus der Lamborghini-Motorsportabteilung. Als einer von nur 40 gebauten Essenza SCV12 und einer von nur sieben, die neu in die USA ausgeliefert wurden, hat dieses Exemplar noch nie einen Kurvenscheitelpunkt rasiert und verblieb bis jetzt im delivery-miles-Status. Seine Seltenheit wird noch dadurch erhöht, dass dies das einzige Exemplar mit karmesinrot getöntem Sichtcarbon an den Außenspiegeln, der Motorabdeckung und den zwei Profilen des Heckspoilers ist. In einer Zeit, in der selbst Hypercars durch Elektronik gezähmt werden, begeistert der Essenza SCV12 Enthusiasten, die glauben, der Gesang des V12 gehöre zu einer bedrohten Art!