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BMW verweigerte dem 1M V8-Power – dieser Besitzer änderte das

BMW rüstete das 1M Coupé nie mit einem standesgemäßen M GmbH-Motor aus. Doch nachdem der südafrikanische BMW-Fan Zahar einen beschädigten E92 M3 entdeckte, entschied er sich zum Bau dieses 1M CSL mit S65-V8-Power – die uns nie vergönnt war…

Unter allen M-Modellen, die BMW seit dem legendären E30 M3 folgen ließ, sind sich viele einig, dass das 1er M Coupé – oder der 1M, wie es allgemein bekannt ist – dem Kern der Attraktivität dieser Performance-Legende der 1980er-Jahre am nächsten kommt. Trotz einer limitierten Produktionsserie von nur 6.331 Exemplaren in zwei Jahren (2011/12) sind die Werte dieser zertifizierten zukünftigen Klassiker jedoch noch lange nicht in die Stratosphäre abgedriftet. Das liegt wohl weder an der Optik mit den stark ausgewölbten Radkästen und den aggressiveren Stoßfängern noch am Handling, da der 1M die meisten Aufhängungs-Komponenten mit seinem großen Bruder, dem E92 M3, teilt. Als eigentlichen Mangel an BMWs Baby-M-Modell identifizierten Kritiker vielmehr den nach ihrer Meinung zu schwachen Motor.

Die Rede ist vom auch in anderen Nicht-M-Modellen von BMW eingesetzten N54-Reihensechszylinder, der im 1er M Coupé mit Twin-Turbolader-Unterstützung 340 PS an die Hinterräder schickt. Bis heute reicht diese Leistung 1M-Fans auf der ganzen Welt aber nicht aus. Unter ihnen war der in Johannesburg lebende BMW-Fanatiker Zafar. Nachdem er online einen beschädigten E92 M3 entdeckt hatte, kam er auf die Idee, dem 1M endlich mit einem ihm gebührenden Triebwerk auszurüsten. Zafar erklärt die Beweggründe für dieses ziemlich gewaltige Unterfangen: „Als Autohändler führen wir regelmäßig Motor- und Antriebsstrang-Umbauten durch, allerdings nicht auf diesem Niveau der Motorsporttechnik. Doch hier bot sich eine Gelegenheit, unsere Fähigkeiten weiter auszubauen.“

Bevor Zafars bayerischer Hotrod - als 1M CSL bekannt – bereit für seine V8-Herztransplantation war, musste der als Spenderorgan avisierte S65 V8 aus dem beschädigten M3 zunächst auf Herz und Nieren überprüft werden. Zafar erinnert sich an all die Arbeiten, die ihn in einen fabrikfrischen Zustand zurückführten: „Der Motor wurde mechanisch vollständig überholt, mit neuen Pleuelstangenlagern, neuem Anlasser, neuer Wasser- und Servolenkungspumpe und Einigem mehr, um so die Langlebigkeit und die Zuverlässigkeit zu gewährleisten. Darüber hinaus führten wir während der ersten 1000 Kilometer drei Ölwechsel durch, um alle Verunreinigungen auszuspülen.“ Offensichtlich wurde nichts dem Zufall überlassen, und Zafar sorgte dafür, dass alle notwendigen Änderungen unter seinem wachsamen Auge vorgenommen wurden: „Der gesamte Umbau wurde in-house abgeschlossen, einschließlich des kompletten Antriebsstrangs, des Schaltgetriebes, des LSD-Differenzials, des Kühlsystems und der Elektronik.“

An dieser Stelle könnte man vermuten, dass die Installation eines massigen V8 die hervorragende Gewichtsverteilung und Fahrdynamik des 1M beeinträchtigen würde. Doch vielmehr gelang es, das Handling sogar zu verbessern, wie Zafar erklärt: „Die Kombination aus kürzerem Radstand, breiterer Spur, M3-Fahrwerk und V8-Saugmotor verleiht dem Auto das Gefühl eines echten Motorsportprodukts. Die geringere Länge des V8 im Vergleich zum Reihensechszylinder verbessert die Gewichtsverteilung und damit die Balance und das Handling. Den Unterschied spürt man sofort beim Fahren – das Auto fährt wunderbar in Kurven hinein und durch sie hindurch, und reagiert reaktionsschneller als ein M3. Es geht nicht um maximale Geschwindigkeit, sondern um puren Fahrspaß.“

Trotz der monumentalen Transformation unter der Motorhaube wirkt Zafars „1M CSL“ selbst für Eingeweihte überraschend originalgetreu. Wenig überraschend ist dies kein Zufall, sondern das Ergebnis von Hunderten Stunden harter Arbeit. „Die Liebe zum Detail war bei diesem Umbau entscheidend. Jedes verwendete Karosserieteil ist ein OEM-BMW-Teil, was ein authentisches Finish in Werksqualität sichert. Sogar die hinteren Seitenwände wurden punktgeschweißt, um die ursprünglichen Konstruktionsmethoden von BMW beizubehalten. Die M3-Sitze wurden beibehalten, aber mit Alcantara neu bezogen, was ein OEM+-Motorsportgefühl erzeugt. Das Exterieur verfügt über neue OEM-Stoßfänger, Kotflügel, Scheinwerfer, Rückleuchten und einen werkseitigen Endschalldämpfer, wodurch das Auto brandneu aussieht und sich auch so anfühlt. Allein die Teilenummern machen dieses Auto zu einem echten BMW 1M, heben das Fahrzeug aber auf ein völlig anderes Leistungsniveau.“

Nachdem der Motor eingebaut und eingefahren war, konnte Zafar endlich das wahre Potenzial der 1M-Plattform testen – eine Erfahrung, die ihn nicht enttäuschte: „Auf der Straße fühlt sich der 1M CSL wie ein echter Rennwagen an, ist aber dennoch komfortabel genug für den Alltag. Der V8-Saugmotor liefert lineare Leistung und ist dadurch berechenbarer als moderne M-Modelle mit Turbolader. Turbomotoren haben ihren Reiz, aber die spontane Gasannahme und das hohe Drehzahl-Potenzial des S65 geben dem Fahrer mehr Vertrauen und Kontrolle, insbesondere in Kurvenmitte. Das Ergebnis ist ein Auto, das auf der Straße genauso aufregend ist wie auf der Rennstrecke.“

„Letztendlich steht dieses Auto dafür, was BMW aus einem 1M mit V8-Saugmotor hätte machen können. Es ist roh, fesselnd und perfekt ausbalanciert – eines der aufregendsten Fahrerautos, die BMW nie gebaut hat.“

Fotos von Stefan Kotze