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Das erlebten wir beim größten Bergrennen Südafrikas

Das jährlich auf der öffentlichen Straße, die von Knysna zum Simola Hotel and Golf Club führt, ausgetragene Simola Bergrennen hat sich zu Südafrikas wichtigster Motorsport-Festivität entwickelt. Erfahren Sie, was uns alles bei der 15. Auflage des Events besonders beeindruckt hat.

Der Simola Hillclimb ist für Südafrika das, was das Goodwood Festival of Speed für das UK ist. Sicherlich ist es kein so großes Event wie das FoS, aber wenn Sie einen südafrikanischen Petrolhead fragen, welche Veranstaltung für ein ein must-attend-Event ist, wird er zweifellos dieses in Knysna an der Garden Route startende Bergrennen nennen. Bei dem die unterschiedlichsten Rennwagen die 1,9 Kilometer lange Strecke hinauf zum Simola Hotel zu absolvieren haben. Hier lesen Sie alles, was wir bei der spektakulären 15. Ausgabe der Veranstaltung erlebt haben.

Klassische Bergstürmer 

Nachdem ich meinen geliebten Alfa Romeo 75 auf dem Weg zur letztjährigen Veranstaltung nach einem Aufhängungsschaden in einen Totalschaden verwandelt hatte, machte ich mich diesmal mit meinem per Kompressor aufgeladenen Mazda MX-5 Baujahr 1991 mit ein wenig Bammel auf den Weg. Glücklicherweise schaffte ich es trotz sieben Stunden sintflutartigen Regens heil nach Knysna – gerade noch rechtzeitig, um den Classic Car Friday mitzuerleben, bei dem die Starter anfangs mit überraschend schwierigen Bedingungen zu kämpfen hatten.

Der Fahrer der von einem 7,0-Liter-V8 angetriebenen Corvette hatte alle Hände voll zu tun, drehten die Räder doch schon beim Start durch. Dafür konnten sogar die weniger PS-starken Datsun GX-Coupés mit ihren beeindruckenden Burnouts die Zuschauer für sich gewinnen – und so die mangende Traktion kompensieren. Glücklicherweise trocknete die Strecke im Tagesverlauf ab, so dass die Zuschauer den Sound von offenen Prototypen wie dem Chevron B19 genießen konnten. Am Ende war es Charles Artons auf einem March 79a Monoposto, der in der beeindruckenden Zeit von 44,436 Sekunden die Klasse gewann.

Burnouts zur Blauen Stunde

Während sich die Klassiker nach einem Tag harter Wettkämpfe abkühlten, zogen wir zur jährlichen Parade an Knysnas malerischer Uferpromenade. Tausende Menschen säumen die Straßen des Ferienortes, wenn die Sonne beginnt unterzugehen. Sie wollen erleben, wie die Teilnehmer des Bergrennens ihre geballten Pferdestärken mit formidabel rauchenden Burnouts demonstrieren. Unter den Teilnehmern: alle Generationen des legendären Nissan GT-R, vom R32 bis zum R35, und Franco Scribantes zweiflügliges Zeitfahrmonster (mehr dazu später). Aber überraschenderweise war es ein „wide-body“-BMW Z4 mit LS7 V8-Motor, der seine Pneus am dramatischsten verdampfen ließ.

Es ist eine Polo Party 

Der Volkswagen Polo hat sich in der südafrikanischen Autokultur mehr als jedes andere Modell etabliert – vielleicht mit Ausnahme des Citi Golf (auf Basis Golf 1). Denn der Polo (auch die seit 2021 gebaute aktuelle Generation) wird ausschließlich im Volkswagen Werk Ostkap in Kariega produziert. Um den 50. Geburtstag des kultigen Modells gebührend zu feiern, schickte Volkswagen sein Werksteam mit einer Handvoll Polo World Rallycross – in prächtiger Harlekin-Livery zum Fünfzigsten – und den siebenfachen Rallycross-Weltmeisters Johan Kristoffersson (Schweden) samt seines 2022 und 2023 in der WRX-Meisterschaft siegreichen vollelektrischen Polo RX1e. Wer behauptet, E-Autos seien langweilig, hat noch nicht gesehen, wie dieses 500 kW starke Allradfahrzeug von der Startlinie abgeht. Der Sound und die Beschleunigung (1,8 Sekunden von 0-100 km/h) sind wirklich etwas ganz Anderes.

King of the Hill 

Traditionell endete das Wochenende mit dem sonntäglichen Top 10 Shoot-out. Bei diesem finalen Showdown um die Krone des Bergkönigs meldeten die zahlreichen Nissan GT-R ihre Ansprüche auf Top-Positionen an. Ganz besonders jener eingangs erwähnte R35 von Franco Scribante. Ausgestattet mit nicht nur einem, sondern zwei riesigen DRS-fähigen Spoilern an Front und Heck, kann diese camo-grüne Zeitfahr-Rakete laut Scribante bis zu zwei Tonnen Abtrieb erzeugen. Während sein komplett überarbeiteter Bi-Turbo-V6 je nach Einstellung zwischen 1.400 und 1.600 PS abgibt. Trotz der beeindruckenden technischen Daten verriet Franco, dass das Team noch am optimalen Set-up des Fahrwerks tüftelt und daher noch nicht zeigen konnte, wozu dieser mächtige GT-R wirklich in der Lage ist.

Am Ende war der Gewinner des Modified Saloon Car Shootouts dann aber weder ein GT-R noch Kristoffersson in seinem Polo RX1e – sondern der furchterregendste Gen 3 Toyota MR2, den wir je gesehen haben. Dieser von Peter Zeelie in nur 37,090 Sekunden den Berg hinaufgetriebene Toyota mit 1.030 PS aus einem 3,5-Liter-V6-Motor bewies, dass Modelle mit Heckantrieb immer noch mit den Allrad-Raketen von Nissan und Audi mithalten können. Das „Road- and Supercar-Shootout“ gewann Clint Weston am Steuer eines neuen Mercedes-AMG GT 63 S E Performance, vor einem McLaren 720S und einem Audi R8 V10 Plus, während der schnellste Einsitzer des Tages der Formel VW Reynard von Byron Mitchell war.

Alles in allem ist es unglaublich, wie sehr sich diese Veranstaltung entwickelt hat, seit ich als junger, autobegeisterter Bursche die allererste Ausgabe des Simola Hillclimb besuchte. Von den zahlreichen fantastischen Auto-Events in Europa inzwischen verwöhnt, befürchtete ich, dass Simola nicht mithalten könnte. Aber da lag ich falsch. Und neben dem Racing ist die herrliche Kulisse von Knysna einfach die Kirsche auf dem Sahnehäubchen einer benzingetränkten Extravaganz von Weltklasse. 

Leider verlief das Wochenende jedoch nicht gänzlich positiv. Denn tragischerweise kam Pieter Joubert – eine in der lokalen Autoszene sehr beliebte Persönlichkeit und regelmäßiger Starter beim Simola Hillclimb – während seines ersten Laufs am Sonntagmorgen ums Leben. Als Ursache angenommen wird ein mechanischer Defekt an seinem von einem 6,2-Liter-AMG-V8 angetriebenen Lotus Exige vermutet, der ihn von der Strecke abkommen ließ. Es war eine schockierende Erinnerung daran, wie gefährlich Motorsport sein kann. Das gesamte Classic Driver-Team spricht seiner Familie und seinen Freunden sein Beileid aus.

Fotos von Mikey Snelgar