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Beim FuoriConcorso Sonderwunsch waren der Fantasie keine Grenzen gesetzt

So muss der Himmel für Porschefahrer aussehen: In den Gärten zwei vornehmer Villen am Ufer des Comer Sees präsentierte der FuoriConcorso Sonderwunsch letztes Wochenende einige der einzigartigsten Kreationen aus dem Atelier der Porsche Exclusive Manufaktur.

Wenn man die TV-Serien „Downton Abbey“ oder “Succession“ liebt, dann schlendert man beglückt an den Art Deco-Automobilen der dreißiger und vierziger Jahre vorbei, die üblicherweise beim Concorso d´Eleganza Villa d´Este vorfahren. Aber wer eine künstlerische Ader besitzt und sogar einen Hang zum Kühnen – vielleicht sogar Fan von Luca Guadagnino ist –, wird sich bei FuoriConcorsos Präsentation umwerfender Maschinen, die rund um ein Thema kuratiert wurden, wie zuhause angekommen vorkommen. In diesem Jahr feierte das Team um Guglielmo Miani unter dem Titel „Sonderwunsch“ die atemberaubenden Exzentriker unter den sonderangefertigten Autos aus der Porsche Exclusive Manufaktur und einige sehr spezielle Prototypen. 

Deswegen war es auch nicht weiter überraschend, dass es neben einigen witzigen aber sehr interessanten on-off-Designstudien wie dem Porsche 911 Vision Safari oder dem 918 Spyder vor der Villa Sucota auch ungewöhnliche Ideen der Porsche Designteams zu bewundern waren. Zum Beispiel ein Porsche 928 S4 Estate Wagon in Aubergine von 1987 mit hinten angeschlagenen Türen, um den Zugang zu den hinteren Sitzen zu erleichtern. Ein Porsche 968 Roadster von 1991, dessen strengere Linienführung, tiefer angesetzte Windschutzscheibe, Seitenfenster und spartanisch eingerichtetes Interieur es deutlich vom serienmäßigen 968-Cabrio unterscheiden. Als Ausdruck des Zeitgeists war das Konzeptfahrzeug mit merkwürdigem Leder ausgekleidet, das an türkisfarbenen Marmor mit einem Hauch von Magenta erinnerte. 

Mit der hollywood-reifen Szenerie des Comer Sees als Kulisse zog der berühmte perlweiße Porsche 911 3.2 Carrera Speedster Clubsport von 1987 Blicke auf sich, wobei man es auch mit einem Soapbox verwechseln könnte. Wer war der  interessante Vertreter in diesem Kreis? Auf jeden Fall die erste Generation des Porsche Cayenne Cabriolet – fraglos ein auffälliges Exemplar, egal, wie man diesen Begriff definieren möchte. Außerdem haben wir den Eindruck bekommen, dass sich frühe Cayenne in gutem Zustand bald einer regen Nachfrage erfreuen dürften. Und wie immer haben die Kuratoren ein ausgeprägtes Gespür für die nächsten Trends bewiesen wie auch die Entscheider im Porsche Museum, die diese besonderen Visionen mit dem FuoriConcorso-Publikum teilten.

Bei einem Spaziergang durch diese paradiesischen Gärten in Richtung Villa del Grumello wichen diese Concept Cars den fantastischen Schöpfungen der Porsche Exclusive Manufaktur. Da wir gerade beim Thema der trend-verdächtigen Porsche-Modelle sind: Eines unserer Lieblingsexponate ist der Porsche 911 Carrera 4 der 996-Baureihe – getauft „The Joker“. Dank einem Interieur in lila Leder mit kontrastierender grüner Stickerei, grünen Holz-Inlays am Armaturenbrett, bei den Türverkleidungen, auf dem Schalthebel sowie am Lenkrad dient dieses Exemplar anscheinend als Referenz bei der Ausbildung der Porsche-Mitarbeiter, um zu zeigen, welche Modifikationen tatsächlich möglich sind. Heute ist dieser Carrera 4 teil einer Sammlung aus ähnlich verrückten, sonderangefertigten Autos.

Die Leidenschaft von Guglielmo Miani, Präsident von Larusmiani und Gründer von FuoriConcorso, für außerordentliche Porsche 911 war an diesem Wochenende ganz offensichtlich zu erkennen. Schließlich besitzt er selbst einen atemberaubenden 993 Turbo von 1995 aus der Manufaktur von Porsche Exclusive – konfiguriert in dem optisch passgenauen dunkelblauen Außenlack, der perfekt mit dem komplett in strahlendem Cancan Red-Leder ausgekleideten Interieur kontrastiert.

Weniger augenfällig, aber zugleich unglaublich rar und exklusiv war auch das dunkelblaue Porsche 993 Turbo Cabrio, von dem seinerzeit nur 14 Exemplare gebaut wurden und das aktuell bei Eberhard Thiesen im Classic Driver Markt zum Verkauf angeboten wird. Daneben fanden auch einige sehr spezielle Porsche Speedster aus allen Epochen ihren Weg zur FuoriConcorso-Ausstellung. Der Beste von allen? Eine knifflige Frage, aber vielleicht doch das tiefschwarze „Turbolook“-G-Modell von 1989, eines von 15 gefertigten Exemplaren, das mit einem riesigen Spoiler aufwartet. Oder vielleicht der 991 in gelb und blau als Designstudie, die sich an das Vermächtnis einiger berühmter Motorsport-Vorgänger anlehnt. 

Ein Auto übrigens, dessen Rennfarben kürzlich den gleichermaßen fesselnden limitierten 992 Targa 4S Heritage Design inspirierten, der ebenfalls an diesem Wochenende bewundert werden konnte. Und natürlich dürfen wir den neuen Porsche 911 Sport Classic von 2022 nicht unerwähnt lassen, der an diesem Wochenende erstmals der Öffentlichkeit vorgestellt wurde.

Andere Highlights? Es gab sie in der Form von zwei Porsche 959, der eine in einem leuchtendem Orange, in das man hineinbeißen wollte, der andere in burgunderrot. Beide sind im Besitz von Scheich Al-Thani aus Katar, der sieben individualisierte 959  in jeweils sehr unterschiedlichen Farbschemen orderte. Diese Exemplare zogen die Blicke auf sich, nicht nur wegen der kühnen Farbenzusammenstellungen, sondern, weil die Porsche-Logos durch das Familienwappen in 24-karätigem Gold ersetzt wurden, ähnlich wie die Endrohre, die ebenfalls vergoldet waren. Drei markante Streifen, in einem subtil zum Außenlack unterschiedenen Ton, wurden appliziert, um die Form der Karosserie hervorzuheben. Was Exklusivität betrifft, sind diese Porsche 959 wohl kaum zu übertreffen. Ein Wunder, dass Guglielmo den Besitzer überzeugen konnte, sie öffentlich auszustellen.

Ich persönlich fühlte mich von zwei anderen Maschinen besonders angezogen. Der eine war der vom Paolo Barilla-Le Mans-Sieger 959 inspirierte Porsche 911 GT3 von 2021 – vielleicht ein wenig extrem, aber dafür der Begleiter überhaupt für einen Track Day. Das andere Exemplar war der eher unauffällige 993 Carrera, der einst einem Vorstandsmitglied gehörte, und in einem einmalige Braun – Messing-Dunkel-Metallic mit passendem brauen Interieur, die einzige Konfiguration, die je gefertigt worden ist. Eine Punktlandung sowohl was die Einmaligkeit wie das Understatement betrifft.

Für jene, die sich nichts aus Autos machen, falls sie sich an diesem Wochenende versehentlich auf dem Gelände der beiden Villen befanden, hätten aber von einem Balvenie-Experten lernen könne, wie man Whisky herstellt oder in die Uhrmacherkunst am Bulgari-Stand eintauchen dürfen. Es ergab sich aber auch die Gelegenheit, einige der jüngsten Sammelstücke und stilvolle Kleidung von Larusmiani zu entdecken. Die von der goldenen Epoche der Riviera und ihrem funkelndem Glamour inspirierten Auftritte von Alessandro Ristori versetzten alle 50 Jahre zurück, in eine Zeit als Sex sicher war, Autos gefährlich und alle Welt den Urlaub in Rimini verbrachte. Alle diese schwindelerregenden Highlights plus der eClassic Zagato und von Pininfarina entworfene Rennsimulatoren sorgten für zwei beglückende, prall gefüllte Tage.

Bleibt noch ein abschießende Frage an das FuoriConcorso-Team: Was kommt als Nächstes?

Fotos: Andrea Klainguti für Classic Driver  2022