Die Shinkansen-Hochgeschwindigkeitszüge sind sicherlich die schnellste und bequemste Art, Japan zu bereisen. Doch wer in seinen Komfortsitzen auf Schienen durch das Hinterland zwischen Megastädten, Tempeln und Onsen-Städten rast, verpasst einige der aufregendsten Landschaften Japans – und einige der schönsten Fahrstraßen Asiens. Mit der neuesten Ausgabe seines Kult-Reisemagazins „Curves“ veröffentlicht Fotograf und Verleger Stefan Bogner endlich den Reiseführer für den perfekten Japan-Roadtrip, auf den wir alle gewartet haben. Für Classic Driver hat er seine sechs Lieblingsziele ausgewählt. Wir empfehlen dennoch, das neue Magazin zu bestellen, Stefans fünfwöchigen Roadtrip bei der Lektüre nachzufahren und unterwegs unzählige wertvolle Tipps zu erhalten. „Curves Japan“ ist ab sofort im CD Shop erhältlich.
Nachtfahrt in Tokyo
Tokio ist das Tor zu Japan und zugleich eine der aufregendsten Megastädte der Welt. „Anfangs fühlt man sich vielleicht, als wäre man auf einem anderen Planeten gelandet – und man braucht Zeit, sich zu akklimatisieren“, sagt Stefan Bogner. Er empfiehlt, ein paar Tage in der Stadt zu bleiben, durch die Straßen von Daikanyama zu schlendern, um sich nach einem langen Flug die Beine zu vertreten, die legendären Restaurants der Stadt auszuprobieren und seinen Reisewagen einzusammeln. Die beste Zeit, sich an den japanischen Verkehr zu gewöhnen, ist nachts, wenn der Berufsverkehr nachgelassen hat. Wer nach Einbruch der Dunkelheit bei Regen auf Tokios schwebenden Expressways zwischen den hoch aufragenden Wolkenkratzern entlangfährt, spürt die berühmte Neo-Film-Noir-Atmosphäre aus Blade Runner, bevor er sich in die belebten Seitenstraßen stürzt und schließlich in einer Izakaya einkehrt, um den Jetlag mit einem leckeren Mitternachtssnack zu kurieren.
Eine Achterbahn in Hokkaidō
Nach Tokio empfiehlt Stefan eine Autofähre Richtung Norden nach Hokkaidō, der berühmten Insel am nördlichsten Ende Japans. Besonders im Herbst, wenn sich Hokkaidōs Wälder in leuchtenden Farben färben, ziehen die Vulkanlandschaften Abenteuerreisende und Wanderer aus aller Welt an, während im Winter, wenn die Insel unter Schneemassen verschwindet, die Skifahrer die Insel übernehmen. Auch für Autofahrer ist Hokkaidō ein spannendes Reiseziel – egal ob man auf der Nationalstraße 273 durch den Daisetsuzan-Nationalpark und über den Mikuni-Pass fährt und atemberaubende Ausblicke bietet, oder die berühmte 4,5 km lange „Roller Coaster Road“ mit ihren dramatischen Höhen und Tiefen und dem Tokachi-Gebirge in der Ferne hinunterfährt.
Das Driftparadies
Auf der Rückfahrt von Hokkaidō zur Hauptinsel Honshu mit gut aufgewärmten Reifen empfiehlt Stefan die Tsugaru Iwaki Skyline, eine atemberaubende Vulkanstraße, die mit 69 Haarnadelkurven und Steigungen von bis zu zehn Grad den Berg Iwaki hinaufführt. Sie gilt als eine der gefährlichsten Bergstraßen der Welt – doch für erfahrene Fahrer und früh am Morgen, wenn man am Berg noch alleine ist, ist sie ein wahres Drift-Paradies!
Über den Wolken
Nachdem man die Ostküste auf wunderschönen Küstenstraßen bis südlich von Sendai entlanggefahren ist, schlägt Stefan vor, in der Nähe von Fukushima landeinwärts abzubiegen und die Bandai-Azuma-Skyline anzusteuern. Die 29 Kilometer lange Panoramastraße entlang des Azuma-Gebirges reicht bis auf über 1.600 Meter. „Man fährt teilweise über den Wolken, durch endlose orangerote Herbstwälder – und abends, nach einem perfekten Essen, legt man sich ins Onsen-Bad“, sagt Stefan. Mit einem heißen Waschlappen auf dem Kopf blickt man über einen Zen-Garten und lässt die Fahreindrücke des Tages auf sich wirken.
Entspannt cruisen auf der White Road
Nach einem kulturellen Zwischenstopp an den berühmten Shinto-Schreinen aus der Edo-Zeit in den Tempeln von Nikko empfiehlt sich für Automobilisten die Fahrt Richtung Westen durch den Joshin'etsukogen-Nationalpark und über die Venus-Linie. „Das ist eine tolle, 76 Kilometer lange Straße in den japanischen Alpen in der Provinz Nagano, die mich sehr an die Toskana erinnert hat“, erinnert sich Stefan. „Wenig Verkehr, beeindruckende Panoramen, Seen und sanfte Hügel, bedeckt mit japanischem Silbergras.“ Die „White Road“ vführt schließlich om Fuße des Hakusan in die Berge und zum berühmten Dorf Shirakawa-go. „Sie ist in etwa einer Stunde zu schaffen“, sagt Stefan, „ich empfehle aber, sich mehr Zeit zu nehmen.“ Im Herbst servieren die Restaurants saisonale Pilzgerichte und Sushi mit Alpensaibling aus den umliegenden Gebirgsbächen – ein Traum!
Ein Blick auf den Zauberberg
Man kann Japan nicht besuchen, ohne einen Blick auf den Fuji zu erhaschen. Schließlich war Japans mythischer Berg Schauplatz eines der denkwürdigsten Showdowns der Formel-1-Geschichte, als James Hunt und Niki Lauda 1976 um den Meistertitel kämpften. Zum Glück zeigt sich der Fuji seinen Verehrern recht gerne – bei schönem Wetter kann man ihn aus 200 Kilometern Entfernung sehen. „Die beste Aussicht auf den Fuji, aber auch auf den Komagatake und den Ashinoko-See hatten wir auf dem Ashinoko-Hakone Skyline Drive“, verrät Stefan. Diese malerische Fahrt führt über den westlichen Grat der Hakone-Caldera, die vor Hunderttausenden von Jahren durch den Zusammenbruch von Vulkanen in dieser Gegend entstanden ist. Nach einem Tankstopp in einem der Teehäuser am Straßenrand schlägt Stefan vor, den Roadtrip mit ein paar weiteren Tagen in Tokio ausklingen zu lassen, das Japan-Erlebnis zu beenden – und am besten gleich die nächste Reise zu planen.
Photos: Stefan Bogner / Curves Magazine