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Wir durchstöberten das historische Nissan Archiv – und Sie erraten nie, was wir da gefunden haben!

Wenn man die Archivordner einer Automarke in die Hände bekommt, macht man haarsträubende Erfahrungen. Denn man ist auf der Suche nach bisher ungesehenen Fotos und lange verschollenen Prototypen. Stellen Sie sich vor, wie aufgeregt wir waren, als wir auf das riesige Archiv von Nissan stießen.

Um die Ursprünge von Nissan zu erforschen, müssen wir die Uhr um sage und schreibe 114 Jahre zurückdrehen. Eine Zeit, in der in Europa und den USA Marken wie Daimler, Benz und Chevrolet mit der Produktion eigener Pkw für die breite Masse begannen. In Japan legte das Modell DAT den Grundstein für die Marken Datsun und Nissan. Der 1912 in Produktion gegangene DAT war der erste von einem japanischen Automobilhersteller produzierte Pkw. Nach Unterbrechungen durch den Ersten Weltkrieg ging es nach 1918 mit Fusionen und immer wieder neuen Entscheidern weiter, bis schließlich 1934 offiziell die Nissan Motor Company Ltd den Bau von Pkw unter dem Markennamen Datsun aufnahm. Im April 1935 war die Montagelinie im neu errichteten Werk Yokohama komplett; es galt damals als das größte und modernste seiner Art in Japan. Die Reihe von Nissan-Modellen, die den Automobilbau für immer verändern sollten, begann aber erst gegen Ende der 1960er-Jahre – speziell mit der Vorstellung des ersten Datsun 240 Z. Dank solcher heute als Ikonen geltender Modelle und erfolgreicher Export-Anstrengungen in Nordamerika und Europa samt dort errichteter Transplants (Werke) galten die seit Anfang der 80er-Jahre als Nissan statt Datsun vermarkteten Modelle bald nicht mehr nur als besonders robust. Sondern auch als sportlich bis renntauglich, von schräg bis ganz wunderbar. Wir haben tief in den Archiven gestöbert, um Ihnen einige Kuriositäten, die aus dieser Phase hoher Kreativität hervorgingen, zu präsentieren. Die Sie vielleicht noch nie gesehen haben!

Nissan EXA „Canopy“ (1986)

Wir beginnen unsere Reise tief in der wohl experimentierfreudigsten Ära Nissans. In der man darauf erpicht war, Fahrern, die von Nissan fast selbstverständlich höchste Zuverlässigkeit und Benutzerfreundlichkeit erwarteten, auch Autos mit Pfiff und Emotionen anzubieten. Der Pulsar oder EXA war ein Paradebeispiel für diese Vorliebe für Skurrilität. 

In seiner dritten und 1986 auf den Markt gekommenen Pulsar-Generation verblüffte die „Canopy“-Variante die Welt mit einer Konstruktion, die Stufenheck-Coupé, Kombi und Targa in einem Modell vereinte. Man konnte sich beim Händler einen verglasten Kombi-Aufbau kaufen, der den herkömmlichen Kofferraumdeckel samt Heckscheibe ersetzte. So wurde das zweisitzige Sportcoupé mit wenigen Handgriffen zum Kombi, oder, wie man heute sagen würde: Shooting Break oder Sportback. Zusätzlich ließen sich auch die beiden Dachhälften (T-Top-Roof) entfernen, was das Frischluftvergnügen und den Coolness-Faktor um ein Vielfaches potenzierte. 

Dieses einzigartige Design hat sich zwar nicht als fester Bestandteil von Nissans Design-DNA durchgesetzt, aber es gab den Besitzern die Möglichkeit, den EXA nach ihren Wünschen zu gestalten. Das vom nordamerikanischen Nissan Designstudio entworfene „Canopy“ Modell wurde nur in den USA verkauft – und auch dort nur in homöopathischen Dosen. Was seinen Status als Kultauto unter Enthusiasten nur noch steigerte!

 

 

Nissan Cedric Twincam Turbo Gran Turismo SV (1987)

Mit dem Cedric der siebten Generation setzte Nissan eine lange Tradition fort im Bau von Executive-Limousinen fort und bot potenziellen Käufern die Möglichkeit, für einen Bruchteil des Preises europäischer und amerikanischer Angebote in vollem Luxus und mit viel (japanischem) Stil zu reisen. Die Y31-Ära des Cedric erreichte ihren Höhepunkt mit dem Gran Turismo, der dank vorderer und hinterer Einzelradaufhängungen ein hochwertiges Fahrerlebnis bot. Auch optisch machte er mit einer sportlichen Frontpartie und einer elegant, weil leicht Coupé-artig geformten C-Säule etwas her. Angetrieben wurde die Limousine von Nissans mächtigem 24-Ventil-V6, unter Druck gesetzt von einem reibungsarmen Turbolader mit (hier erstmals) eingesetzter Keramikturbine. Mit anfangs 185 und ab 1989 210 PS ebnete er den Weg für leistungsstärkere Modelle, die wahrscheinlich kurz vor der Einführung standen.

 

Prince Skyline Sport (Turiner Salon, 1960)

Wenn wir an Nissan denken, fällt uns Autoliebhabern wahrscheinlich sofort der Skyline ein. Die Typenbezeichnung steht für eine Ikone, nicht nur in der Autoindustrie, sondern auch in der Popkultur und im Motorsport. Sie steht für Freiheit, Individualität und beeindruckende Fahrdynamik – und steht in enger Verbindung zum Nissan GT-R. Doch der Ursprung geht noch auf den Hersteller Prince zurück, der 1966 von Nissan übernommen wurde. Doch wir schrieben schon das Jahr 1960, als auf dem Turiner Salon ein elegantes Coupé namens Prince Skyline Sport die Besucher begeisterte. Für das Design verantwortlich zeichnete Giovanni Michelotti, dem Vernehmen als erster Leiter eines europäischen Designbüros, das an der Gestaltung eines japanischen Autos beteiligt war. Das Coupé mit den schräg stehenden Scheinwerfern („chinese eyes“) trug seine eleganten Kurven und die weiche Formensprache mit Leichtigkeit zu Schau. Der Wagen erregte großes Aufsehen, war aber so teuer, dass zusammen mit Cabrio und Targa-Version nur insgesamt 60 Modelle entstanden. Seine Bedeutung für die Entwicklung des japanischen Automobil-Designs ist jedoch nicht hoch genug zu bewerten.

Die in den folgenden Jahrzehnten und noch bis heute nachgefolgten Skyline-Generationen zählen zu den zuverlässigsten und vielseitigsten Fahrzeugen von Nissan. Ob als Kombi, Polizeikreuzer, viertüriges Familienauto oder aufgemotzter GT-R – jeder Skyline ist auf seine Weise anders und bleibt eines der beliebtesten Fahrzeuge Japans. Zu verdanken haben wir das Shinichiro Sakurai, einem bahnbrechenden Designer und Ingenieur, der an sich selbst und sein Team glaubte, um eine Modellreihe zu schaffen, an die sich die Welt für immer erinnern wird – meist sofort erkennbar an den doppelten runden Rückleuchten!

 

 

Nissan Safari/Patrol 160 J (1979-1989)

Wer sich in den 1980ern nach Abenteuern sehnte, für den hatte Nissan eine Antwort auf die Platzhirsche Land Rover Defender und Mercedes-Benz G-Modell. Der Safari war hart im Nehmen und bekannt für seine überragenden Offroad-Fähigkeiten, seine bewährte Zuverlässigkeit und seinen starken Stammbaum.

Heute heißt er Patrol und ist in Ländern wie den Vereinigten Arabischen Emiraten immer noch sehr beliebt. Einen originalen Safari zu finden, ist heutzutage extrem schwierig, und Exemplare wie diese „Extra Van High Roof Turbo“-Variante sind nahezu unmöglich aufzutreiben. Mit seinen 1980er-Jahre-Aufklebern und seinem Interieur versprüht dieser Offroader zwar jede Menge Charme, aber er wird seine Besitzer garantiert nie im Stich lassen, wenn sie ihn mal wirklich brauchen! Schließlich ist er ein klassischer Geländewagen vom alten Schrot und Korn, mit Leiterrahmen-Chassis, Starrachsen und zuschaltbarem Allradantrieb.

Im November 1979 war die Fertigung des hier gezeigten Patrol 160 in Japan angelaufen – nur dort und erstmals als Nissan Safari. Gegen die Bezeichnung Safari wehrten sich in Europa unter anderem Monteverdi und Citroën. In Deutschland startete der bei uns erstmals angebotene Offroader ab Januar 1981 zunächst als Datsun Patrol, ab 1984 dann als Nissan Patrol.  

 

 

Nissan BE-1 (1987/88)

Wir beenden unsere Tour mit einem der niedlichsten Autos, die jemals unter dem Namen Nissan fungierten: dem BE-1. Auf Basis des Nissan Micra (March in Japan) der ersten Generation, der 1983 in Japan auf den Markt kam, reichte das Designteam von Nissan (A) zusammen mit dem Industriedesigner Naoki Sakai und einem ungenannten italienischen Designstudio (B1 und B2) Vorschläge für das Design ein. Die Wahl fiel auf Sakais B1-Design. Und damit zugleich auf die Bezeichnung „BE1“, was eine Abkehr vom traditionellen Nissan-Branding bedeutete. Ziel des BE-1 war es, eine völlig neue Submarke zu schaffen, bei der das Auto nicht mehr nur für ein Transportmittel stand, sondern eher als ein Accessoire des Lebens, wie ein Kleidungsstück oder eine Technologie. 

Das Stadtwägelchen war von der Ästhetik der späten 1970er-Jahre inspiriert und zeichnete sich durch freundlich dreinschauende Frontscheinwerfer, dreiteilige Rückleuchten und ein als postmodernistisch empfundenes Exterieur-Design aus. Der BE-1 war nur in vier mit lustigen Namen versehene Farben erhältlich: Kürbisgelb (Foto), Hortensienblau, Zwiebelweiß und Tomatenrot – alles Töne, die den Retro-Charme des Wagens perfekt ergänzten und den Geist dieser Zeit einfingen. Der Figaro, der Pao und der S-Cargo teilten diese Designausrichtung und wurden zusammen mit dem BE-1 als „Pike cars“ bekannt – mit Bezug auf die Pike Factory, Nissans Entwicklungs- und Designabteilung für Sonderprojekte. Heute gilt der nur in Japan und in rund 10.000 Einheiten teilweise per Hand gebaute BE-1 als begehrtes Sammlerstück und als der „Hecht“ im Karpfenteich der vier retro-inspirierten Modelle der Pike Factory.

Reizt Sie der Kauf Ihres eigenen Nissan? Im Classic Driver Markt stehen viele der japanischen Kult-Modelle zum Verkauf!