Sei es als Grund die Entwicklungskooperation mit Volkswagen oder die eigenwillige Symmetrie von Front und Heck, der 914 erhielt nicht die freudige Zustimmung, die Modellen von Porsche sonst widerfuhr. Kaum ein Jahr nach der Einführung des 914 in 1969, während andere noch diskutierten, ob es „ein echter Porsche“ ist, loteten Porsches eigene Ingenieure bereits das Potenzial dieses zukünftigen Mittelmotor-Rennwagens aus. Im Jahr 1970 wurde schließlich der komplett überarbeitete und optimierte 914/6 GT enthüllt.
Porsche hätte natürlich einen 911-Motor in den 914 zwängen und es dabei belassen können, aber die Verbesserungen sind, wie man sich vorstellen kann, natürlich sehr viel gründlicher und anspruchsvoller ausgefallen. Der 914/6 wurde mit Motorsport-Stoßdämpfern tiefergelegt, während die Karosserie im Hinblick auf rigorose Einsätze verstärkt wurde. Größere Bremssättel und Scheiben wurden eingebaut, ebenso verlängerte Radbolzen wie Abstandhalter, die wegen der breiteren Felgen und den Rennsportreifen angepasst wurden. Die Karosserie wurde ebenfalls mit ausgestellten Kotflügeln verbreitert. Gewicht konnte durch Glasfaser-Karosserieteile für die Hauben vorne und hinten sowie einem reduzierten Cockpit eingespart werden.
Nachdem das Chassis in den Rennoverall geschlüpft war, galten die nächsten Bemühungen dem Motor. In diesem Fall war das eine Motorsport-Einheit (Typ 901/25) mit Rennsportkolben aus Hartchrom, Zylinderköpfen mit polierten Ansaug- und Absaugöffnungen, Weber 46 IDA-Vergaser, Doppelzündung und Motorsport-spezifischen Nockenwellen, die alle mit einem speziellen Auspuffsystem verbunden waren. Das Getriebe erhielt eine Motorsportkupplung. Ausgerüstet mit einem ebenfalls vergrößerten Luftansauggitter, einer Aussparung am Frontstoßfänger für die Ölkühlung und einem serienmäßigen 100-Liter-Treibstofftank, entwickelte der 914/6 jetzt beeindruckende 220 PS und brüllte sich lautstark durch die Skala bis zur Marke 8.000 Umdrehungen.
Gleich zu Beginn seiner Karriere demonstrierte der 914/6 GT seine Leistungsfähigkeit auf der Rennstrecke durch den Sieg in seiner Klasse sowie einem insgesamt sechsten Platz bei den 24 Stunden von Le Mans in 1970 – Grund genug für Porsche den Blick auf die Rallye Monte Carlo 1971 zu richten. Nach einem Hattrick in den vergangenen drei Jahren durch die immer verlässlichen 911, hoffte Porsche nun diese Siegesserie mit ihrem kleinen Mittelmotor-Genie fortführen zu können. Drei Werkswagen wurden gemäß FIA Gruppe 4-Spezifikationen gebaut und trugen aufeinander folgende Fahrgestellnummern – 139, 140, 141 – und ebenfalls sequentielle interne Projektnummern – 914/56, 914/57, 914/58 – sowie alle eine Lackierung in Signal Orange.
Natürlich setzte Porsche auf die talentiertesten Fahrer für diese Rallye – für das Exemplar auf unseren Fotos mit Chassis Nummer 141 war als Meister des heißen Reifens Gérard Larrousse auserkoren worden. Für den Wettkampf war eine Straßenzulassung notwendig und somit erhielt Nummer 141 das Kennzeichen S-Y 7716. Mit einem versierten Fahrer erhöhten sich zwar schon die Erfolgsaussichten bei so einer Rallye, aber die Rallye Monte Carlo vergab auch zusätzliche Punkte für jene Piloten, die mit ihren Rennwagen aus der Ferne anreisten, also machten sich die drei Werks-914/6 GT von Warschau in Polen auf den Weg, ein Umstand, den man an den Varsovie-Aufklebern an den Türen ablesen kann.
Nachdem sie Monaco erreicht hatten und die Startnummer 1 erhielten, mussten Larrousse und sein Co-Pilot Jean-Claude Perramond schon gedacht haben, dass ihnen Fortuna zulächelte, aber das Schicksal hatte etwas anderes vorgesehen. Während immer mehr Schnee auf die Rallye fiel – das erste Mal seit Jahren -, mussten fast 90 Prozent des Teilnehmerfeldes noch vor dem Ziel aufgeben. Aber trotz dieser arktischen Bedingungen war es nicht der Schnee, der die Träume von Larrousse zunichte machte. Ein gebrochener Kupplungshebel machte ihm einen Schlussstrich durch die Rallye Monte Carlo. Als sie nach diesem Ausfall nach Stuttgart zurückkehrten, zeigte der Tacho laut Berichten 8.683 und belegte damit, wie weit es das Fahrerduo trotzdem gebracht hatte.
Trotz dieser bedauerlichen Episode hatte Porsche Weiteres mit Chassis Nummer 141 vor. Nachdem neue Motoren in jeden der drei Monte Carlo 914/6 GT eingepasst wurden, um Neuentwicklungen zu testen, wurde „unser“ Signal Orange-Rennwagen an keinen geringeren als „Quick Vic“ Elford verliehen, der damit zur Targa Florio 1971 fuhr und ihn vor dem Rennen als Besichtigungsauto einsetzte. Zwar konnte Elford nicht seinen Sieg von 1968 auf dieser berühmten Strecke wiederholen, aber es gelang ihm die schnellste Runde sowie der Gewinn der Ignazio Giunti-Trophäe, sicher hat die Nummer 141 ihr Scherflein dazu beigetragen.
Nach der Targa Florio kehrte Chassis Nummer 141 mit 15.240 Kilometer auf der Uhr an ihren Geburtsort Stuttgart zurück und erhielt prompt Aufgaben in Heinz Bäuerles Versuchsabteilung. Rund zwei Jahre und 10.000 Kilometer später wurde der Werksrennfahrer Walter Näher der erste private Eigner dieses Porsche und bewahrte das Exemplar 30 Jahre lang. Näher kam 1969 zum Porsche-Entwicklungsteam und nachdem er seine ersten Zuffenhausener Jahre der Entwicklung von Straßenwagen gewidmet hatte, stieg er immer höher auf, bis er zum Renningenieur von Stefan Bellofs 959 avancierte. Danach wechselte er zu Peter Saubers Sportwagen- und Formel 1-Team.
Erst in den letzten Jahren seines 914/6-Besitzes widmete sich Näher der Restaurierung von Nummer 141. Die Zerlegung, die 2002 begann, offenbarte, dass sich dieser 914/6 GT in erstaunlich originalem Zustand befand, nicht zuletzt, weil er während seiner kurzen Rennkarriere keine schweren Unfälle erlitten hatte. Abgesehen von einem neuen Motor, den man bei Porsche nach der Rallye Monte Carlo 1971 eingebaut hatte, wurde Chassis 141 nicht wie viele andere Rennwagen dieser Epoche mit zusätzlichen Leistungsoptimierungen modifiziert. Weil Näher eine wichtige Position innerhalb der Porsche-Rennabteilung einnahm, erhielt er während des Restaurierungsprozesses auch privilegierten Zugang zu Ersatzteilen und Mitarbeitern: Somit konnten in Nummer 141 eine ganze Reihe seltener Komponenten, die ausschließlich dem 914/6 GT galten wie der korrekte Typ 901/25-Spezifikationsmotor, der gemäß der Monte Carlo 1971-Spezifikation neu aufgebaut worden war.
Während Porsche einen der drei Monte Carlo 914/6 GT verschrottete und der andere zu Herbert Linges ONS-Safety Car umgewandelt worden war, bleibt somit Chassis Nummer 141 das einzige Exemplar, dass korrekt nach der „as raced“ Monte Carlo 1971-Rallyespezifikation restauriert worden ist. Der Signifikanz dieses einmalige Porsche bewusst, kaufte der anerkannte Sammler, Rennfahrer und Filmemacher Jeff Zwart Chassis Nummer 141 im August 2010. Nachdem er ein Paar original Kennzeichen der 1971er Rallye Monte Carlo gekauft und die Vergaser getunt hatte, äußerte Zwart, dass er mehr als zufrieden mit dem Zustand von Nummer 141 sei – ein echter Beleg für die Qualität von Nähers Restaurierung. Wenn Sie noch einen weiteren Beweis für den makellosen Zustand dieses Porsche wollen: Zwart erinnerte sich, dass er eine Auto Show an einem Sonntagmorgen besuchte, bei der kein geringerer als Gérard Larrousse zugegen war. Der Franzose zeigte sich hoch erfreut zu sehen, dass sich sein schmaler, fest verbauter Schalensitz, um den er persönlich 1971 gebeten hatte, auch weiterhin im Auto befand!
Der schier unglaubliche Erhaltungszustand von Chassis Nummer 141 wurde 2015 gewürdigt, denn der Porsche wurde beim Amelia Island Concours d´Elegance als Klassenerster gekürt aus einer Fülle von hervorragenden 914 Straßen- und Rennwagen. Zwart gab im August 2019 die Nummer 141 weiter an den aktuellen Eigner, der diesen 914/6 gemäß seiner Bestimmung einsetzt, wie beispielsweise 2020 bei der GP Ice Race in Zell am See. Nun sucht dieses einmalige Exponat der Porsche-Historie eine neue Heimat und wird bei der Amelia Island-Versteigerung von Broad Arrow Auctions am 1. März für geschätzt 1.200.000 – 1.500.000 Dollar aufgerufen. Kann es für Sie mit diesem fesselnden Hintergrund irgendeinen Zweifel geben, dass dieser unvergleichliche 914/6 GT nicht ein echter Porsche ist? Für uns steht außer Frage, dass er es ist!
Fotos: Robin Adams / Historische Aufnahmen: Motorsport Images