Zum Ende des 20. Jahrhunderts verabschiedete sich Aston Martin still von seinem handgefertigten Aston Martin V8 Coupé. Es sah dem Virage, den es ablöste, zwar noch ein wenig ähnlich und war im Vergleich zu seinen Baureihenbrüdern V550 und V600 auch nicht die stärkste Maschine, aber das V8 Coupé ist trotzdem einer der letzten großen britischen Kraftprotze. Mit nur 101 zwischen 1996 und 1999 produzierten Exemplaren und einem 5,3-Liter-V8, der eine Beschleunigung von 0 auf 100 km/h in unter sechs Sekunden ermöglichte, war es für viele Fans der Marke ein würdevoller Schwanengesang auf die Newport-Pagnell-Ära. Ehe das Unternehmen dann als Mitglied der von Ford gegründeten Premier Automotive Group (PAG) eine Wiedergeburt erlebte. Wir persönlich sind große Fans dieser Grand Tourer, haben uns 2023 sogar mit dem Designer John Heffernan getroffen, um von ihm alles rund um Aston Martin und Bentley zu erfahren. Offenbar sind wir nicht die einzigen Bewunderer, immerhin besitzt der Sammler über den wir hier schreiben nicht ein oder zwei, sondern drei nahezu identische V8-Coupés. Von denen jedes eine eigene Geschichte zu erzählen hat.
Unser Sammler, der anonym bleiben möchte, verliebte sich nach einer ersten Fahrt in einem V550 Vantage in den britischen Charme eines Aston Martin aus den 1990er-Jahren – es war der Beginn einer bis heute andauernde Leidenschaft. Während viele Experten und Automobilhistoriker diese Ära von Aston Martin als etwas problematisch in Erinnerung haben, waren die prägnante Silhouette und der Charakter der damals gebauten Modelle sehr besonders und sind nur schwer aus dem Gedächtnis eines jeden Sportwagen-Liebhabers zu löschen. Das V8 Coupé wurde 1996 als Facelift des Virage eingeführt, ein Modell, das die Turbulenzen der britischen Traditionsmarke recht gut meisterte. Von der ersten Virage-Serie bauten sie in Newport Pagnell 363 Exemplare; das V8 Coupé machte dort weiter, wo der Vorgänger (gebaut bis 1989) aufgehört hatte, war aber insgesamt etwas zurückhaltender – nicht dafür konzipiert, die Autobahn zu dominieren, sondern dafür, Kontinente leise und mit Understatement zu erobern.
Unser Sammler stellte den Reisekomfort des V8 Coupés mit seinem ersten Exemplar, das er 2008 kaufte und das bisher über 40.000 Kilometer zurücklegte, auf die Probe und bereiste damit Deutschland, Österreich und vor allem auch Italien. „Das Auto ist ein wenig wie ein UFO! Die Leute kennen Ferrari oder Porsche und sogar deren Klassiker. Mit dem V8 Coupé wird man immer begeistert angesprochen, verbunden mit der Aussage, daß man dieses Modell noch nie gesehen hätte und ist dann immer begeistert und erstaunt, daß nur 30 LHD gebaut wurden!
2016 fand unser Sammler dann in Japan ein weiteres grünes V8 Coupé mit nur 8.000 Kilometern Laufleistung und konnte fortan schon mal zwischen 2 Fahrzeugen wählen. Wenn man sich etwas eingehender mit der Geschichte des Autos befasst, wird man feststellen, dass sein wahrer Charme in den Besonderheiten liegt, die nur sichtbar werden, wenn die Fahrzeuge nebeneinander stehen: „Meine Aston sind zwar alle perfekt gepflegt, aber Sie dürfen nicht vergessen, dass die V8 Coupés die letzten echten, von Hand im werkseigenen Karosseriebau hergestellten Exemplare sind. Kein Auto gleicht dem anderen bis aufs Haar, und genau das schätze ich so sehr. Nehmen Sie zum Beispiel den Rückspiegel: Jedes Fahrzeug hat einen etwas anderen. Dasselbe gilt für die Türgriffe und Sitzverstellung, und sogar für einige Elemente unter der Motorhaube. Obwohl nur 30 Linkslenker produziert wurden, zeugen die Unterschiede von der praktizierten Handwerkskunst. Das Team dahinter versuchte ständig, die Autos zu verbessern, obwohl es bei jedem Schritt mit finanziellen Zwängen zu kämpfen hatte.“
2022 investierte unser Sammler dann in ein drittes V8-Coupé, ebenfalls in einem metallischen Smaragdton. Zu seinen drei nahezu identischen Exemplaren gesellte sich für unsere Fotos noch das ebenfalls grüne Auto eines Freundes, das sich nur durch ein rubinrotes Interieur unterscheidet. Wenn man drei nahezu identische Autos in der Garage stehen hat, freut man sich umso mehr über die charakteristischen Eigenheiten, und kann auch ein wenig Stolz darauf sein, immerhin 10% der produzierten LHD sein Eigen zu nennen.
Der V550 und der V600 waren die Kraftprotze aus Newport Pagnell, was nicht bedeutet, daß das V8 Coupé schwach auf der Brust war . Es erreichte atemberaubende Geschwindigkeiten, allerdings ohne die Dramatik seiner italienischen Konkurrenten. Es war in unter sechs Sekunden auf 100 km/h – ein beeindruckender Wert angesichts eines Gewichts von fast zwei Tonnen. Ein Ferrari 550 Maranello oder Porsche 928 könnten vielleicht mehr Fahrspaß bereiten, doch die unerschütterliche Souveränität des V8 Coupés macht es zum perfekten Begleiter für ein Wochenende in den Highlands oder einen Ausflug an die Riviera oder durch die fliessenden Hügel der Toskana.
Mit der ab 1994 eingeführten DB7-Baureihe traf Aston Martin dann den Nerv einer breiteren Zielgruppe. Die Verkäufe stiegen, die Marke konzentrierte sich stärker auf dieses Modell und steigerte die Produktion. Das V8 Coupé ist somit der letzte echte, handgefertigte Aston Martin alter Schule. Damit symbolisiert das Modell das Ende einer Ära und verkörpert den Charme des „old-world“-Aston Martin kurz vor einer neuen Zeitrechnung. Für den aufgeklärten Enthusiasten ist es ein hervorragendes, wunderbar anachronistisches Stück Automobilgeschichte. Die Fangemeinde dieses Kultautos ist am Wachsen und bei jeder Ausfahrt mit einem der drei Fahrzeuge wächst sie weiter. Manchen reicht nicht einer allein – und selbst drei sind vielleicht noch nicht genug!