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Salvatore Scarpitta, ein Leben zwischen Atelier und Rennstrecke

Wer meint, Autos seien keine Kunstwerke, hat wahrscheinlich noch nie vom Salvatore Scarpitta gehört. Seine Karriere als Maler und Bildhauer war geprägt von einer tiefen Leidenschaft für Automobile – jetzt steht sein benzinhaltiges Werk im Fokus der Kunstmesse Art Basel.

Die Rennstrecke als Kunsthochschule

Als Salvatore Scarpitta als Kind zum ersten Mal einen Pinsel schwang, war es nicht, um Kindergemälde zu Papier zu bringen – er malte lieber die Rennnummern auf jene kleinen „Midget Racer”, die ihn bei seinen Besuchen der Legion Ascot-Speedwayrennen in Kalifornien faszinierten. Der im Jahr 1919 in Manhattan geborene Künstler und Rennsport-Fan wuchs in Los Angeles auf, nachdem sein Vater, ein Bildhauer, den Auftrag erhalten hatte, ein Flachrelief für die dortige Börse zu gestalten. Scarpitta erlebte in den 1930er Jahren hautnah, wie die kalifornische Automobilkultur entstand, denn er war bei vielen Rennen dabei und lernte so die Fahrer und Mechaniker kennen. „Als kleiner Junge trieb ich mich in den Garagen Kaliforniens herum und war dabei im siebten Himmel”, erzählte er 1986 bei einem Interview mit einer Kunstzeitschrift. „Ich liebte die Gerüche, die Geräusche, jedes noch so kleine Detail dieser speziellen Welt.”

Mit 18 kehrte Scarpitta nach Sizilien, ins Land seiner Vorfahren, zurück und machte später seinen Abschluss an der römischen Kunstakademie. Zwischendurch verbrachte er den Zweiten Weltkrieg bei der US-Marine und wurde ein Mitglied der berühmten „Monuments Men”, die den nicht ungefährlichen Auftrag hatten, von den Nazis gestohlene Kunst aufzuspüren.

Zurück nach New York

Erst im Jahr 1958 kehrte er nach New York zurück, weil die Galerie von Leo Castelli eine erste Einzelausstellung mit den für Scarpitta damals so typischen, gewickelten und bandagierten Arbeiten aus zerrissenen Leinwandfetzen, die auf Rahmen geklebt wurden, organisiert hatte. Doch schon im nächsten Jahr sollte der Motorsport seine große Inspirationsquelle werden. In Anlehnung an seine rennverrückte Kindheit in Kalifornien begann er, Rennwagenteile wie Gurte und Auspuffrohre in seinen Schöpfungen zu verarbeiten. Danach konstruierte er skulpturale Repliken von Autos, die er bei Rennen gesehen hatte. Eines der ersten Werke dieser Art war eine Reproduktion des „Rajo Jack Special” – ein Auto, das den Namen des ersten afroamerikanischen Rennfahrer in den USA trug. 

Aber erst mit Mitte sechzig baute er seinen ersten voll funktionsfähigen Sandbahnrenner, den „Sal Scarpitta Special”. Der Künstler saß nicht nur selbst am Steuer, sondern gründete auch seinen eigenen Rennstall, dessen sicherlich einzigartiger Sponsor die Galerie Leo Castelli war.

Scarpitta auf der Art Basel 2016

Während der Art Basel 2016 werden Besucher die Chance haben, Scarpittas Eigenbaurenner wie den „Sal Ardun V8 Special” zusammen mit seinem „Racing Car 21” – einem 1:1-Gemälde auf Holz – zu bewundern. Außerdem gezeigt wird eine monumentale Installation namens „Sling Shot”, mit der Scarpitta im Jahr 1996 seinen Teamfahrer Kenny Adams würdigte. Die Arbeiten sind am Stand der Galerie Tornabuoni Art in Halle 2 zu sehen. Ein Vortrag über den Künstler und den Einfluss, den Autos auf sein Werk hatten, wird am Samstag, dem 18. Juni, um 15 Uhr im Auditorium von Halle 1 stattfinden.

Photos: Courtesy Archivio Salvatore Scarpitta under the direction of Luigi Sansone, Milan / Tornabuoni Art