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Wie viel wäre Ihnen Ayrton Sennas früherer Alltags-Mercedes wert?

Wir erinnern uns alle an die legendäre Fahrt von Ayrton Senna im Mercedes 190 auf der neuen Grand Prix-Strecke unter der Nürburg. Einen privaten Baby-Benz 190E 2.3-16 nutzte der Brasilianer dann regelmäßig in England: Jetzt wird der ikonische Wagen bei RM Sotheby's in London versteigert.

Es war ein Rennen, das zum Stoff für Legenden werden sollte. Ein Rennen, bei dem die begeisterten Formel-1-Fans endlich sehen konnten, wer der schnellste Fahrer auf identischem Einsatzgerät ist. Ein Rennen, das als clevere Marketing-Idee begann, um die neu gebaute Grand-Prix-Strecke des Nürburgrings und den Mercedes-Benz 190 E 2.3-16 zu bewerben. Wenn man den Gerüchten Glauben schenken darf, sollte der junge Ayrton Senna eigentlich gar nicht an diesem Rennen teilnehmen, aber da Emerson Fittipaldi in der Eifel dann doch nicht antrat und sich für die Teilnahme am Pole Day des Indy 500 entschied, wurde der Platz für seinen jungen Landsmann Senna frei. Senna füllte nicht nur die Lücke, sondern fuhr die Limousine mit Cosworth-Power als hätte er sie eben von Fittipaldi gestohlen und qualifizierte sich als Dritter hinter Alain Prost und Carlos Reutemann. Nach zwölf Runden auf dem regennassen Asphaltband hatte Senna den Sieg schließlich in der Tasche und dabei auch Niki Lauda in Schach gehalten. Damit gewann Senna spontan den Respekt vergangener, aktueller und zukünftiger F1-Champions und machte sich einen Namen in der Welt des Motorsports. Bekanntlich sollte dies nicht Sennas einziger entscheidender Moment im Motorsport bleiben.

Aber genug von diesem gut dokumentierten Tag, denn es geht um einen Baby-Benz, der eine viel persönlichere Verbindung mit dem Brasilianer hat. Ein Auto, das bald ein neues Zuhause finden wird, denn es kommt am 1. November bei RM Sotheby's in London zur Versteigerung. Ayrton Senna erwarb dieses Auto für sich persönlich - angeblich mit einem freundlichen Rabatt - und übernahm den 190er im Oktober 1985. Statt ihn einfach beim lokalen Händler abzuholen, ließ Senna es sich nicht nehmen, ihn selbst im Werk zu übernehmen. Zusammen mit seinem Landsmann Maurício Gugelmin fuhr Senna von Stuttgart zurück nach Surrey/ GB.

In den folgenden zwei Jahren war der Brasilianer mit seinem Mercedes in Großbritannien unterwegs und legte 24.862 Meilen zurück – diese Laufleistung war auf der letzten Service-Rechnung vermerkt, bevor der Wagen widerwillig verkauft wurde. Wir stellen uns gerne die Verkaufsanzeige vor, die Senna etwa in Automagazinen und Zeitungen aufgab: "Ein sorgfältiger Besitzer seit Neuzulassung, sehr gepflegt, nie über 4.000 /min gefahren." Gerne hätten wir auch den Schock auf dem Gesicht desjenigen gesehen, der das Auto kaufen wollte: beim Erkennen von Sennas durchdringenden Blick und seinem lässig offenen Hemd. Leider werden unsere Träume von solchen Verkaufsanzeigen nicht in Erfüllung gehen, denn der 190 E wurde im November 1987 von Robin Clark erworben, einem Freund von Sennas Manager Julian Jakobi. Es wird vermutet, dass der Verkauf des Wagens wohl wegen der bevorstehenden Unterschrift von Senna bei McLaren erfolgte und er deshalb nach Monaco umziehen und sicher ein anderes  Alltagsautos benutzen würde.

Im Jahr 1996 fand der 2.3-16 einen neuen Besitzer, der das Auto bis heute behielt. Der Baby-Benz  hatte viele Abenteuer erlebt und verbrachte einen Großteil seiner Zeit in Australienr, wohin er verschifft wurde, als der Besitzer 2004 auswanderte. Der Wagen wurde auf der Südhalbkugel akribisch gewartet und legte dort immerhin 130.000 Meilen  zurück, was die Gesamtlaufleistung zum Zeitpunkt der Katalogisierung auf 154.302 Meilen (knapp 247.000 Kilometer) erhöhte.

Es klingt vielleicht seltsam, aber der 190 E zeigt gewisse Parallelen zum Menschen Ayrton Senna: Auf den ersten Blick eher bescheiden wirkend, eine viertürige Limousine ohne außergewöhnliches Styling oder besondere Dramatik, aber darunter steckte ein Meisterwerk der Übermotorisierung. Ähnlich wie Senna selbst, der sich in der Öffentlichkeit stets cool verhielt, aber ein leidenschaftlicher Wettkämpfer war und nicht ohne Grund glaubte, dass er der Größte war, der jemals hinter einem Lenkrad saß. Während wir alle die ikonischen Geräte bewundern, die er auf der Rennstrecke bis an die Grenzen und manchmal auch darüber hinaus bewegte, ist es dieses Auto, in dem er Trost suchte. Und das begeistert uns irgendwie noch mehr. Bei einem Schätzpreis von 225.000 bis 250.000 Pfund (260.000 bis 290.000 Euro) werden wir diesen Wagen genau im Auge behalten!

 

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