Der Gang in die Ausstellungsräume von DK Engineering gleicht dem Öffnen einer Spielzeugkiste – sogar auf dem Dach dreht sich statt eines Wetterhahns das springende Pferd! Doch unter den zahlreichen exotischen Modellen lässt ein spezielles Auto unseren Puls höherschlagen und erntet unsere ganze Aufmerksamkeit: der knallgelbe Ferrari 500 TRC von 1957. Der offene Frontmotor-Sportwagen mit Scaglietti-Karosserie ist schon seit fast 40 Jahren im Besitz der Familie Cottingham. Dank Vater David und Sohn James – beides ambitionierte Gentlemen-Racer – gehört er zu den aktivsten Ferrari-Sportwagen der 1950er-Jahre.
Makellose Premiere
Der einst neu an die Equipe Nationale Belge von Jaques Swaters (später Ecurie Francorchamps) ausgelieferte Ferrari 500 TRC mit Chassisnummer 0682MDTR bestritt 1957 die 24 Stunden von Le Mans. Mit Lucien Bianchi und Georges Harris am Steuer lief er hinter fünf Jaguar D-type und einem kräftigeren Ferrari 315 S als Siebter im Gesamtklassement und Sieger der Zweiliter-Klasse ein.
Comeback mit Verzögerung
Nach einer Überholung zum Ende der Saison im Werk erwarb der sizilianische Graf und talentierte Herrenfahrer Gaetano Starraba das Auto. Dem Klassensieg bei der Targa Florio von 1958 folgte ein Jahr später beim gleichen Rennen die große Enttäuschung: Nach einem Unfall wurde das Auto als nicht mehr einsatzfähig abgeschrieben – zumindest für den Augenblick. „Mein Vater kaufte das in Einzelteile zerlegte Auto Ende der 1970er-Jahre von einem Freund aus der Schweiz“, erklärt uns James Cottingham. „Da wir so sehr mit anderen Restaurierungen beschäftigt waren, verzögerte sich der Wiederaufbau bis 1991.“ Nach einem ersten Auftritt 1992 bei Jacques Swaters FF40-Event zum 40-Jährigen Geburtstag der Garage Francorchamps begann David Cottingham, den Ferrari so oft wie möglich bei Rennen und Show-Veranstaltungen einzusetzen. Unter anderem bestritt er mit ihm die ersten vier Jahre der Shell Historic Challenge. „Ich habe schätzungsweise 120 Rennen in ganz Europa mit dem TCR absolviert“, berichtet David. „Aufgrund seiner markanten Farbe hat ihn das Publikum über die Jahre immer stärker mit DK Engineering in Verbindung gebracht.“
Eine monumentale Heimkehr
James erstes Erlebnis am Steuer des 500 TCR geht auf das Jahr 2007 zurück. Frisch von der Universität gekommen, begleitete er seinen Vater zu einem Rennen in Le Mans. „Da standen rund 100 Autos am Start, und unser Modell war eines der ältesten“, erinnert sich David. „Unglaublich, aber auf feuchter Strecke fuhr James im Training auf einen Startplatz um die 20, gleich neben einen Ford GT40.” Im Rennen gewann das Vater-Sohn-Duo dann knapp seine Klasse – exakt 50 Jahre, nachdem Bianchi und Harris das gleiche Kunststück gelungen war. Seitdem hat James den Wagen bei zahlreichen Gelegenheiten gefahren, darunter 2015 beim Goodwood Revival, wo er den ausschließlich für Ferrari-Modelle reservierten Lavant Cup gewann.
Magische Erinnerungen
Übrigens hat auch David schöne Erinnerungen an Goodwood. Als Teenager bewunderte er mit offenem Mund, wie seine Helden auf der Strecke um den Sieg kämpften. „Zum ersten Mal war ich 1961 in Goodwood, als Stirling Moss die Tourist Trophy im Ferrari 250 GT SWB von Rob Walker gewann“, erinnert er sich. „Ich hätte mir nie erträumen lassen, dass ich speziell diesen Wagen mal restaurieren und 30 Jahren auf ihn aufpassen würde.“ Bei einem anderen Rennmeeting, es war 1964, hielt er durch den Drahtzaun sehnsuchtsvoll nach „49 FXN“ und „CUT7“ Ausschau – zwei der berühmtesten Jaguar E-Type. Beide sollte er später sogar einmal besitzen.
Nachdem wir uns einen ganzen Morgen mit diesem einmaligen Ferrari befasst und seine unglaubliche Geschichte gehört haben, stellt sich die Frage, warum das Rennpferd unter den hunderten durch die Türen von DK Engineering hinein- und wieder hinausgegangenen Modellen bis heute im Bestand geblieben ist. „Ganz einfach“, lacht David, „weil er mir so viel Freude bereitet hat. Er ist nicht nur hübscher als ein 250 Testa Rossa, sondern auch schöner zu fahren.“
Ein treues Arbeitspferd
Beim Goodwood Revival an diesem Wochenende wird David mit seinem Ferrari 500 TRC in der Freddie March Memorial Trophy gegen ähnlich wertvolle 1950er-Jahre-Rennwagen von Maserati, Jaguar und Aston Martin antreten. Im 70. Jahr von Ferrari könnte es Davids Abschiedsvorstellung mit diesem Auto in Goodwood sein – schließlich ist er selbst auch schon 75 Jahre alt. Trotzdem gehen wir davon aus, dass das treue Familienpferd dank der Begeisterung von DK Engineering für diese ruhmreiche Ferrari-Epoche noch viele weitere Ausritte vor sich haben wird. „Ich werde ihn nie verkaufen“, bekräftigt David. „Am Wochenende nach Goodwood nehme ich ihn übrigens zum Bergrennen von Kop Hill mit.“ Da sage noch mal jemand, alte Gewohnheiten lege man schnell ab.
Fotos: Rob Cooper für Classic Driver © 2017