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Digitale Entgiftungskur bei einer Fahrt in dieser mächtigen Replica der Roten Sau von Mercedes

Die legendäre „Rote Sau“ ist ohne Zweifel einer der wildesten und ikonischsten Renntourenwagen von Mercedes. Nun kommt am 3. Juni eine makellose neue Replica des 300 SEL 6.8 bei einer Auktion der Oldtimer Galerie Toffen zur Versteigerung.

Für den 300 SEL 6.3 als Top-Modell der Baureihe W109 quetschte Mercedes im Jahr 1967 das riesige V8-Herz des 600 SEL Pullman samt dessen Automatik in ein Modell mit kürzerem Radstand. Mit 250 PS beschleunigte die 220 km/h schnelle Superlimousine laut einem Test von auto motor und sport in 6,5 Sekunden von 0 auf 100 km/h – Werte, die selbst einem Ferrari der damaligen Zeit das Fürchten lehrten. Auch wenn der 6.3 nicht für Motorsporteinsätze vorgesehen war, unterlag das ebenfalls 1967 gegründeten Ingenieurbüro AMG der Versuchung, das Dickschiff – natürlich mit einigen Updates – in der Tourenwagen-EM an den Start zu bringen. 

Trotz bekannter Nachteile (hoher Reifen- und Bremsenverschleiß, großer Benzindurst) peilten die Tuner aus Affalterbach einen Einsatz bei den 24 Stunden von Spa 1971 an. Als Basis diente ihnen die Rohkarosse eines verunfallten W109, in den dann ein auf 6,8 Liter aufgebohrter V8 mit über 400 PS und ein ZF-Fünfganggetriebe wanderten. Mit diesem Paket würde das Dickschiff auf der superschnellen Strecke in den Ardennen eine gute Figur machen, so die Erwartung. Parallel dazu wurde das Gewicht um 195 auf 1635 Kilo gesenkt, während ein Rennfahrwerk und ausgestellte Radkästen für breitere Reifen die bald nur „Rote Sau“ genannte Limousine verlässlich auf den Asphalt drücken sollten. Alle Kritiker verstummten, als der große rote Bolide von Mercedes mit der Paarung Heyer/Schickentanz hinter einem Werks-Capri Platz zwei in der Gesamtwertung der 24 Stunden erreichte und damit einen Platz in den Geschichtsbüchern eroberte.

Dieser wunderschöne und jüngste (es ist nicht der Erste) Nachbau, der am 3. Juni bei der Auktion der Oldtimer Galerie Toffen in der Swiss Classic World Luzern unter den Hammer kommt, wurde über mehrere Jahre hinweg in mühevoller Kleinarbeit in Deutschland aufgebaut. Mit  – was Kunden erfreuen dürfte – sowohl einem 6,8-Liter-V8 als auch einem Handschaltgetriebe. Seit seiner Fertigstellung hat er nur 550 Kilometer zurückgelegt, was bedeutet, dass der 300 SEL mehr als bereit ist, mit seinem nächsten Besitzer auf die Strecke zu gehen. Da es sich um einen waschechten Rennwagen handelt, hat er keine Straßenzulassung. Wenn Sie eine digitale Entgiftung brauchen, ist diese Rote-Sau-Replik eine erfrischende Erinnerung an das jahrzehntelang gültige Motto der Motorenkonstrukteure: „Was ist besser als Hubraum? Noch mehr Hubraum!“ Das Originalfahrzeug ist übrigens verschollen, nachdem es – um einen Meter verlängert – vom französischen Rüstungskonzern Matra für Simulationen von Düsenjägerstarts eingesetzt worden war.

 

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