Das eine ist seit 1939 im bayrischen Pfaffenhausen als Reparaturbetrieb tief in der Automobilgeschichte verwurzelt und spielt spätestens seit den 1980er-Jahren eine bedeutende Rolle im Segment der Hochleistungs-Custom-Modelle auf Porsche-Basis. Das andere ist ein 2009 gegründetes kalifornisches Start-up, das eine Bewegung begründete, die sich um die Rekreation ikonischer Klassiker für den Einsatz in der Moderne drehte. Sowohl Singer Vehicle Design als auch RUF haben die Neuinterpretation eines Porsche neu definiert, daher ist die Wahl zwischen einer ihrer Kreationen eine wahrlich undankbare Aufgabe. Denn beide sind unglaublich selten, exklusiv und Produkte voller Leidenschaft. Auf der kommenden Pebble Beach-Auktion von Gooding Christie's am 15. August kommt nun je ein außergewöhnliches Modell beider Firmen unter den Hammer.
Singer: Auf der Suche nach dem perfekten 911
Der ehemalige Rocksänger und heutige Auto-Nerd Rob Dickinson hatte eine Mission: den puristischsten Porsche 911 zu erschaffen, den die Welt je gesehen hatte. Seit der Gründung von Singer Vehicle Design im Jahr 2009 kann man kaum glauben, wie schnell sich die Marke entwickelt hat. Sie avancierte zu einem wahren Vorreiter in der „Restomod“-Welt, die mit dem technologischen Fortschritt und dem zunehmenden Alter und der Attraktivität der als Spenderfahrzeuge verwendeten Klassiker immer einflussreicher wird. Dickinsons Vision war weniger die eines Autoherstellers als vielmehr ein Kult der Perfektion. Sein Mantra „Alles ist wichtig“ ist kein bloßer Slogan, sondern eine Philosophie, die jeden Millimeter einer sorgfältigen Singer-Restaurierung bestimmt. 2009 machten die Kalifornier auf der Monterey Car Week auf Anhieb Eindruck mit dem Debüt des Classic Turbo. Seitdem ist jede Restaurierung das Resultat einer engen Zusammenarbeit zwischen Singer und seinen Kunden – maßgeschneidert, um eine gemeinsame Vision des ultimativen luftgekühlten 911 auf Basis von Fahrzeugen der 964-Generation zu verwirklichen. Nach der ursprünglichen Designstudie nutzten sie bei Singer im Jahr 2022 alles, was sie aus früheren Projekten gelernt hatten. Und stellten den Classic Turbo vor – als eine auslancierte Synthese aus Sport und Luxus und erfrischend moderne Interpretation eines der größten Porsche-Klassiker, des 930 Turbo.
Von den handgeformten Karosserieteilen aus Kohlefaser bis hin zum juwelenartigen Innenraum, der mit maßgeschneidertem Leder und Geweben ausgekleidet ist, geht es bei einem Porsche 911 reimagined by Singer weniger um Zahlen als vielmehr ums Gefühl. Aber wenn das Auto schon innen und außen so gut aussieht, liegt es auf der Hand, dass das Team auch das Herz des Turbos nicht nur mit der Werkseinstellung schlagen lassen wollte. Vielmehr konnten Kunden zwischen einem 450- und einem 503-PS-Motor wählen, ein zusammen mit Mahle Engineering entwickelter Bi-Turbo-Sechszylinder mit Luft/Wasser-Ladeluftkühler. Dessen herrlicher Soundtrack wurde mit einem manuellen Sechsganggetriebe gepaart, das als Ausbund mechanischer Ehrlichkeit auf messerscharfe Gasannahme und Gangwechsel getrimmt wurde. Für alle, die mit der Vorstellung des perfekten analogen 911 aufgewachsen sind, hatte Singer diese Träume damit in eine lebendige, feuerspeiende Realität verwandelt.
Die Möglichkeiten, einen Singer zu spezifizieren, sind wirklich endlos. Dieses frühe Exemplar eines Classic Turbo erhielt den Namen „Cielo Mio“ und wurde 2024 fertiggestellt. Der „Spender“-964 Baujahr 1990 kam Ende 2022 zu Singer, wo er als Hommage an den originalen Porsche 930 Turbo eine neue Identität erhielt. Die Außenfarbe in strahlendem Wolfsblau ist dezent und dennoch sehr beeindruckend und wird durch speziell beschichtetes Carbon, satinschwarze Zierelemente und Felgen im Fuchs-Design ergänzt. Im Interieur wartet edles Connolly Oxford Blue-Leder – mit Cord durchwirkt, um sowohl den Sitzmittelbahnen als auch den Türverkleidungen eine einzigartige Textur zu verleihen. Tiefblaue Veloursteppiche passen zum dunkelblauen Farbton des Leders, während die Querleiste des Instrumententrägers mit schwarzem Holz verkleidet ist. Mit einem Schätzwert von 1,5 bis 2,0 Millionen Dollar ist der Singer vielleicht nur fast halb so teuer wie der RUF – aber glauben Sie nicht, dass er das weniger leistungsfähige Mitglied des Duos ist!
RUFs ultimatives Jubiläums-Geschenk
Es erforderte fast ein Jahrzehnt harter Arbeit und Leidenschaft von Alois Ruf Jr., bis das Kraftfahrt-Bundesamt RUF 1981 offiziell den Status eines Herstellers (statt Tuners) verlieh. Ein entscheidender Meilenstein in der Geschichte des Unternehmens, dass sechs Jahre später mit der Einführung des CTR – kurz für „Group C Turbo RUF“ – ein erstes starkes Statement setzte. Im „World’s Fastest Cars“-Test des amerikanischen Fachmagazins Road & Track verblüffte er mit einer Höchstgeschwindigkeit von 339,5 km/h. Der CTR, oder „Yellowbird“, wie er sehr bald genannt wurde, war in leuchtendem Gelb lackiert und basierte auf einem stark modifizierten Porsche 911 Carrera 3.2. Er festigte RUFs Status als Hersteller von Elite-Hochgeschwindigkeits-Sportwagen mit starkem Fokus auf mechanische Verbesserungen.
30 Jahre später war der Genfer Salon 2017 Schauplatz eines weiteren prägenden Moments für RUF: Der dort enthüllte CTR Anniversary feierte die lebenslange Freude an Geschwindigkeit, Eleganz und Luxus – alles verpackt in den perfekten 911. Wir sprechen von einem 911, aber in Wahrheit entwarf und baute RUF den CTR Anniversary von Grund auf neu auf und sicherte sich dafür von Porsche die Rechte, das Außendesign eines 911 aus den 1980er-Jahren nachzubilden. Das Auto verfügt über das erste Carbonfaser-Monocoque-Chassis des Unternehmens, verstärkt durch einen integrierten Überrollkäfig und einen angeschraubten hinteren Hilfsrahmen aus Stahlrohr und Leichtmetall. Auch die Karosserie im 964-Stil besteht aus einem Kohlenstofffaser-Laminat. Leistungsmäßig ist das Auto eine Rakete, angetrieben von einem 3,6-Liter-Sechszylinder-Boxer mit Doppelturbolader. Auch er eine Eigenentwicklung, mit Trockensumpfschmierung, wassergekühlten Zylinderköpfen und geschmiedeten Innenteilen. Solcherart bringt der CTR Anniversary unglaubliche 710 PS und ein Drehmoment von 850 Nm auf den Asphalt und macht jede Fahrt zu einem die Sinne berauschenden Erlebnis.
Ähnlich wie beim Singer spielt auch die Individualisierung bei RUF eine herausgehobene Rolle. Dieses Exemplar, eines von 50, ist in einem der schönsten Porsche-Farbtöne ever lackiert: Irish Green. Diese sofort erkennbare Farbe, die über ein dunkelbraunes Lederinterieur mit klassischen Pepita-Sitzeinsätzen und passenden Türinnenverkleidungen drapiert ist, verkörpert unserer bescheidenen Meinung nach automobile Perfektion. Wozu auch klappbare Schalensitze aus Kevlar-Kohlefaser und RUFs ikonische geschmiedete Fünfspeichen-Leichtmetallfelgen mit Zentralverschluss gehören, hinter denen sich leuchtend gelb lackierte Bremssättel verbergen. Mit einem Schätzpreis von 3,0 bis 4,0 Millionen Dollar ist dieses Modell eine wirklich einmalige Gelegenheit, ein Stück Sportwagengeschichte in einer der schönsten Farbkombinationen der Welt zu erwerben!
Aus dem Englischen von Thomas Imhof