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Kaum zu glauben: Dieser Ford Escort erzielte einen höheren Preis als ein fabrikneuer Ferrari 296 GTB

Die jüngste Auktion von Historics Auctioneers brachte eine Flut zukünftiger Klassiker auf den Markt. Doch ein unscheinbarer Ford Escort Mk2 RS1800 aus erster Hand war der absolute Star und erzielte mehr als das Hundertfache seines ursprünglichen Listenpreises. Hier erfahren Sie alles Wissenswerte …

In einer Welt, in der der Wert von Sammlerautos oft anhand handgemalter Schilder und handgefertigter Karosserien gemessen wird, stand bei der jüngsten Auktion von Historics Auctioneers zur Abwechslung ein bescheidener britischer Arbeiterheld im Rampenlicht. Ein sorgfältig restaurierter Ford Escort Mk2 RS1800 von 1976 wurde für unfassbare 278.848 Pfund (rund 321.000 Euro) weggehämmert – fast das Hundertfache seines einstigen Neupreises. Ein Auto, das einst als Symbol für Rallye-Schlachten und Hinterhof-Burnouts stand, tritt so in Konkurrenz zu einem brandneuen Ferrari 296 GTB! Und wir freuen uns riesig darüber. 

Doch woher kommt diese Freunde über einen Ford Escort im Wert von fast 300.000 Pfund? Weil das Resultat bestätigt, dass sich der Markt für Sammlerautos weiterentwickelt und floriert. Es wird viel darüber diskutiert, ob der Wert klassischer Autos der neuen und jüngeren Generation von Sammlern ausgeliefert sein wird. Weltrekordverkäufe wie dieser beweisen jedoch, dass die Begeisterung für Sammlerautos noch immer lebendig ist und dabei auch bislang weniger im Fokus stehende Modelle an Zugkraft gewinnen.

Natürlich ist uns bewusst, dass der RS 1800 kein gewöhnlicher Ford Escort von der Stange ist. Unter seiner unscheinbaren Karosserie verbirgt sich ein von Cosworth entwickelter 1,8-Liter-BDA-Motor, ein leistungsstarker und leicht zu tunender Vierzylinder, der in den frühen 1970er-Jahren Fords Dominanz auf den Rallyestrecken begründete. Das legendäre Triebwerk, gepaart mit einem optimal austarierten Fahrwerk und Hinterradantrieb, machte den nur 109 Mal gebauten RS 1800 zum angesagten Wettkampfgerät seiner Epoche.

Von den erwähnten 109 Exemplaren sind nur noch eine Handvoll straßentauglicher RS 1800 übrig, und noch weniger in diesem originalgetreuen Zustand. Nachdem er 1976 seine Werbepflicht als zweites Ford-Presseauto erfüllt hatte – der erste RS 1800-Pressetestwagen mussten nach einem irreparablen Unfall aussortiert werden – blieb dieses Exemplar bis heute im Besitz derselben Familie und legte mit ihr weniger als 40.000 Kilometer zurück. Unter Beibehaltung seines Originalkennzeichens „ONO 804P“ wurde dieser RS Ford zweimal sorgfältig und professionell restauriert, wobei stets Wert auf Originalität gelegt wurde. 

Im Bietersaal herrschte ein reges Treiben, und Sammler erkannten schon bald die Seltenheit und den makellosen Zustand des Wagens. Wie er da jetzt so stand, war er vermutlich in einem deutlich besseren Zustand als fast ein halbes Jahrhundert zuvor, als er das für solche Kleinserien zuständige Pilotwerk von Ford Advanced Vehicle Operations (AVO) in Aveley (Essex) verließ. Als der Hammer schließlich fiel, geschah dies zu einem Preis, den die meisten eher mit einem italienischen Vollblut in Verbindung gebracht hätten.

Der Ford Escort war einer der beliebtesten Kleinwagen Großbritanniens und in der Mk 2 RS 1800-Version eine Ikone der Ford-Motorsport-Geschichte. Leider gingen so viele Exemplare nach hartem Renn- und Rallyeeinsatz zugrunde. Das macht diesen Fall umso spezieller und lässt den zunächst scheinbar völlig aus dem Rahmen fallenden Preis etwas gerechtfertigter erscheinen. Weil weit weniger originale RS 1800 erhalten sind als von vielen exotischen Klassikern weitaus prestigeträchtigerer Marken. So oder so ist für den echten Ford-Fan unter uns solch ein RS-Modell der heilige Gral unter Klassikern!