„Schaue Dir eine Immobilie niemals bei gutem Wetter an!“ Die Weisheit erfahrener Immobilienkäufer, sich bei einer Hausbesichtigung nicht von Sonnenschein blenden zu lassen, kann ich heute getrost über Bord werfen. In Bremen angekommen, gießt es an diesem Sommertag wie aus Kübeln. Land unter an der Weser. Und dennoch: Der Begeisterung, die sich bald einstellen soll, tut das Wetter keinen Abbruch.
Daniel Hornung realisiert mit seinem Vater ein wagemutiges und faszinierendes Projekt: Gemeinsam verwandeln Sie einen historischen Kaischuppen in ein Oldtimer-Zentrum. Die Umsetzung der Idee an der Konsul-Smidt-Straße 10 erinnert an das Meilenwerk, verfolgt gleichwohl noch eine andere Richtung: die Verbindung von Fahrzeug-Hobby und Wohnen. Im ersten Stock des als Schuppen Eins weit über die Bremer Stadtgrenzen hinaus bekannten Gebäudes entstehen Lofts mit exklusiven Oldtimer-Garagen – vis-à-vis, versteht sich. Und um es gleich vorweg zu sagen: Alle 20 Wohnungen sind bereits verkauft.
Was hat es mit dem Gebäude auf sich? „Der Schuppen Eins ist ein einmaliges Kulturdenkmal bremischer Hafengeschichte, das es zu bewahren gilt. Das Ziel des Projektes Schuppen Eins ist, diese denkmalgeschützte Industriearchitektur zu erhalten und zeitgemäß zu nutzen“, erklärt Daniel Hornung, während wir im „Bau-Bulli“ aus der Bremer Innenstadt in Richtung Stadthafen fahren. Hier hat sich bereits einiges getan. Die Umwidmung des Quartiers ist in vollem Gange. Die Überseestadt hat bereits direkten Anschluss an die „Schlachte“, Bremens beliebte Kneipenmeile am Weserlauf, erhalten. Vorbild ganz klar: die Hafen-City Hamburg. Zentrales Gebäude der Überseestadt: der Schuppen Eins. Mächtiger und mehrere hundert Meter langer Baukörper. „In Bremen wird seit 1906 Automobilgeschichte geschrieben. Unvergessen ist zum Beispiel der Name Borgward, der untrennbar mit der Stadt an der Weser verbunden ist. Heute ist hier das mit über 12.600 Arbeitnehmern und Hunderten von Zulieferern weltweit zweitgrößte Mercedes-Benz-Werk angesiedelt“, weiß Hornung.
Klar, dass hier Auto-Enthusiasten beheimatet sind. „Bislang gibt es in der Hansestadt keinen zentralen Ort, an dem das historische und zeitgenössische Wissen rund um Automobile „Made in Bremen“ und über das Autoland Bremen der Öffentlichkeit in konzentrierter Form nahegebracht werden. Der Schuppen Eins bildet einen hervorragenden Rahmen für eine Vielzahl unterschiedlicher Nutzungen zum Thema Automobil“, ist sich Hornung sicher.
Wir starten mit einem weißen Triumph TR3 zur Fahrt durch das Gebäude, welches anlässlich des Bremer Hafenfestes an diesem Wochenende künstlerisch illuminiert ist. Die Pläne begeistern: „Großzügige Ausstellungsflächen lassen die Bremer Fahrzeuggeschichte erlebbar werden. Das neun Meter hohe Erdgeschoss wird mit einem durchlaufenden Boulevard erschlossen, an den sich Dienstleister rund um klassische Automobile ansiedeln“, sagt Hornung.
Auch in den weiteren Bereichen des Schuppen Eins dreht sich vieles um das Auto. Es wird ein kleines Museum geben, das Mobileum, welches Bremer Autogeschichte thematisiert. Eine weitere Besonderheit: Zwei Fahrzeugaufzüge bieten die Möglichkeit, die PKW in das Obergeschoss zu transportieren. Von hier aus geht es direkt auf die eigens angelegte Straße mitten im Baukörper unter freiem Himmel. Diese erschließt einerseits die exklusiven Wohnlofts sowie auf der anderen Seite die modernen Büroflächen sowie die Dauer-Einstellplätze für Young- und Oldtimer“, so Hornung. Der Traum eines jeden Auto-Enthusiasten, Wohnen, Leben, Schrauben und vielleicht auch Arbeiten miteinander zu verbinden geht hier in Erfüllung. Das Bremer Architektur-Büro Westphal ist mit dem Vorhaben beauftragt.
Ähnlich wie bei den Meilenwerken auch, bildet ein historisch wertvolles Gebäude die Ausgangsbasis: „Der Schuppen Eins am Becken des Bremer Europahafens wurde 1959 als zweigeschossiger Stückgutumschlagschuppen mit zwei integrierten Betriebsgebäuden in einer Stahlbetonskelettkonstruktion errichtet“, erklärt Daniel Hornung, der selbst auch Oldtimer-Enthusiast ist und zur Entspannung gerne an seinem Lotus Elan oder Eleven schraubt. Im Gegensatz zum Speicher, in dem Waren langfristig eingelagert wurden, diente der Schuppen allerdings als Lagerhalle und kurzfristiger Umschlagplatz für Güter aller Art. Auf der Wasserseite wurden die Güter per Kran vom Schiff entladen und in das Innere verbracht. Auf der Landseite des insgesamt 400 Meter langen Gebäudes gelangten diese über den Schienen- und Straßenverkehr weiter an ihren Bestimmungsort. Über drei Jahrzehnte wurde der Schuppen Eins als reines Stückgut-Umschlaggebäude für den Hafen genutzt. „Ab 1993 wurden hier Früchte gelagert. In den Jahren 1999 und 2000 erfolgte eine weitere Umnutzung durch die Firma Dittmeyer, die hier Fruchtsäfte abfüllte. Anfang 2008 erwarben dann zwei Investoren den Schuppen Eins je zu einer Hälfte. Der westliche Teil („Schuppen Eins“) wird von der KJH Verwaltungs GmbH & Co. KG entwickelt. Der östliche, der Innenstadt zugewandte Teil („Schuppen 1“) wird von der Kastens/Specht GbR umgebaut und saniert.“
Es ist die Größe, die fasziniert, mehr noch aber die intelligente Verbindung verschiedener Nutzungskonzepte, welche Vater und Sohn Hornung hier in die Tat umsetzen. Gerade die Mischnutzung wird den Schuppen Eins in der Betriebsphase zu einem ganz besonderen Immobilienprojekt machen, dessen Erfolg wir schon jetzt vorhersagen. Im gewerblichen Teil sind nur noch wenige Flächen frei. Eine wichtige Handelsfläche wird die Bremer Oldtimergalerie beziehen. Mit an Bord sind weiterhin Werkstätten, Aufbereiter und weitere Dienstleister. Wer konkretes geschäftliches Interesse hat, sich hier zu engagieren, ist vermutlich gut beraten, schnell zum Telefon zu greifen, einen Termin zu vereinbaren und sich das Projekt aus nächster Nähe anzusehen. Und das kann man dann getrost auch bei Sonnenschein machen.
Fotos: Mathias Paulokat, Schuppen Eins