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Warum man schnell noch einen Porsche mit Frontmotor kaufen sollte

Seit 40 Jahren stehen die so genannten Transaxle-Porsche unverdientermaßen im Schatten des 911. Doch glaubt man Markenkenner Andy Prill, erleben sie schon bald eine Renaissance. Die Frage sei nicht mehr ob, sondern nur noch wann....

Porsche kann man nicht vorwerfen, nicht immer wieder neue Ideen ausprobiert zu haben. Wie ernsthafte Anläufe, einen Nachfolger für das Denkmal 911 zur Serienreife zu bringen. Doch die Porsche Kunden hatten regelmäßig andere Vorstellungen, und so hielt sich der luftgekühlte Elfer bis 1999, ehe in der wassergekühlte 996 in Pension schickte. Der Rest ist Geschichte: Der 911 hat bis zum heutigen Tag überlebt, neben dem Einstiegsmodell Boxster, dem Cayman und dem luxuriösen Grand Tourer Panamera. Letzterer hat seine Wurzeln in den wirtschaftlich unruhigen Zeiten zur Mitte der 70er-Jahre. In der die Saga der Zuffenhausener Autos mit Frontmotor ihren Ursprung hat.

Mit dem 924 brachte Porsche 1976 das erste von vier Modellen auf den Markt, die schon bald unter dem Sammelbegriff „Transaxle-Modelle“ firmierten. So benannt nach ihrem Layout mit vorn liegendem Motor und an der Hinterachse integriertem Getriebe und Differential. Der 924 überzeugte durch ein modernes Design aus der Feder des damals noch jungen Harm Lagaay – mit Klappscheinwerfern und großer, gläserner Heckklappe – trug jedoch den Makel, nur Produkt einer Volkswagen/ Porsche-Koproduktion zu sein. Auch der Motor war kein Eigengewächs, sondern ein 2.0 Liter Vierzylinder mit Einspritzung von Audi.

Der Verkauf des von Gralshütern der Marke als „nicht echter“ Porsche gebrandmarkten 924 lief gar nicht mal schlecht an. Doch statt direkt gegen den 911 in Konkurrenz zu treten - wie es Porsche beabsichtigt hatte – eroberte sich das uneheliche Kind schnell seine eigene Klientel. Das den 924 wegen seines modernen Designs und seiner Ausstattung vergleichbaren Konkurrenzmodellen vorzogen.

Es dauerte nicht lange, ehe Porsche 1979 eine Turbo-Version des 924 nachschob und damit dem Wunsch nach mehr PS unter der Haube nachkam. Zwei Jahre nach Verkaufsbeginn stieg die Leistung des Motors von 170 auf 177 PS, damit lief ein 924 Turbo dann 230 km/h schnell. Als Krönung baute Porsche 1981 eine Serie von 400 Modellen des 210 PS starken 924 Carrera GT. Dieser bis dato heißeste 924 aller Zeiten bildete dann die Grundlage für im Motorsport eingesetzte Modelle wie 924 Carrera GTS (245 PS, als Clubsport 270 PS) oder Carrera GTR (375 PS, nur 17 Mal gebaut). 1986 spendierte Porsche dem Transaxle-Debütanten dann noch den 2,5-Liter-Motor aus dem zwischenzeitlich angelaufenen 944 – weil mit dem 2.0 Liter die neuen Abgasgesetze nicht mehr zu stemmen waren. Mit 160 PS an der Hinterachse beschleunigte der 924 seinem Produktionsende im Sommer 1988 zu.

Währenddessen entdeckte man in Stuttgart eine Lücke im Produktportfolio - ein luxuriöseres Modell mit vier Sitzplätzen. Und so betrat 1977 der bullige 928 die Bühne. Das futuristisch gestylte Coupé wurde von einem im Bug installierten V8 angefeuert und lieferte Grand Touring-Fahrspaß par excellence. Der Langstrecken-Express wurde nicht nur das neue Dienstfahrzeug der Porsche-Werksfahrer, sondern galt für Kunden auch als interessante Alternative zu einem BMW CSL oder Mercedes SEC. Porsche glaubte allen Ernstes, hier den Nachfolger des 911 auf die im Telefonwählscheiben-Design gestylten Räder gestellt zu habe. Doch trotz der späten Versionen S4, GT und GTS mit einem auf 5,4 Liter vergrößerten und 350 PS starken V8 fand eine Wachablösung nicht statt. Die doch sehr hohen Preise für den Luxusdampfer und die kalte Schulter vieler Traditionalisten führten 1995 zur Einstellung.

2016 feierte der 924 seinen 40. Geburtstag, in diesem Jahr zieht der 928 nach. Porsche zelebriert diese Jubiläen mit einer ganzen Reihe von Events, die aktuelle und potentiell neue Kunden gleichermaßen anziehen werden. Auch künftige Jubiläen für den 1981 eingeführten 944 und den zehn Jahre später gefolgten 968 werden das allgemeine Interesse am Transaxle-Quartett weiter ansteigen lassen. Während der 968 fraglos die ultimative Inkarnation der Vierzylinder-Straßensportwagen war, fielen seine Preise doch nie auf das Niveau eines 924 oder 944.

Weil viele dieser Wagen für so lange Zeit unterbewertet waren, befinden sie sich oft in einem vernachlässigten Zustand. Und wurden ihrem Marktwert angemessen auch nur halbherzig gepflegt. Doch das beginnt sich nun zu ändern. Natürlich sollten Sie alle schlecht erhaltenen Exemplare verschmähen, da die Reparaturkosten den letztendlichen Wert übersteigen. Das trifft speziell auf den großen und technisch komplexen 928 zu. Schauen Sie auf die limitierten Serien, auf niedrige Tachostände und die ersten und letzten Exemplare einer Baureihe –sie sind bekanntlich langfristig für Sammler besonders interessant.

Lassen Sie sich nicht täuschen: Das sind großartige Fahrzeuge, mit viel Leistung auf der Antriebsachse und puristischem Fahrspaßpotential, die im Vergleich zu anderen Porsche-Typen aus der gleichen Zeit vergleichsweise erschwinglich sind. Meine Wunschliste würde einen 924 und 944 aus dem ersten Baujahr, den Carrera GT, alle limitierten Sondermodelle wie zum Beispiel die Rothmans Editionen und späte 928 – und hier speziell einen GTS mit Schaltgetriebe – umfassen.

In der nächsten Woche wird RM Sotheby’s im Rahmen seiner Amelia Island Sale vier außergewöhnliche Transaxle-Modelle versteigern. Darunter ist ein 944 Turbo S in der wunderschönen Farbkombination Maroon über Beige. Alle Fahrzeuge befinden sich in exzellenter Form und warten mit tadelloser Historie auf. Die Estimates bewegen sich zwischen 30.000 und 50.000 Dollar – also in noch überschaubaren Regionen. Gleich vier Modelle in solch betörenden Farben und in solch gutem Zustand an einem Ort zu finden, ist schon eine Seltenheit. Und wenn die Sammler ihr Radar präzise genug eingestellt haben, sollten alle zu guten Preisen weggehen und ihren neuen Besitzern eine Menge Freude bereiten. Sie können natürlich auch alle auf einmal kaufen – und somit den Grundstock zu einer kleinen Sammlung legen.

Noch sind die Transaxle-Porsche wohlfeil zu haben. Doch werden sich Sammler und Auktionäre langsam ihres wahren Wertes bewusst. Kürzlich besuchte ich einen Sammler auf dem Kontinent, der seine bereits zuvor sehr stattliche Porsche Kollektion bereits um 60 Transaxle Fahrzeuge erweitert hatte. Sollten Sie damit liebäugeln, jetzt in ein solches Modell zu investieren, würde ich nicht so lange warten, bis der Zug abgefahren ist. Okay, die Preise werden nicht so rasant steigen wie bei manch anderen Autos oder Marken. Doch bleiben diese Autos unter Wert geschlagen und ich bin sicher, dass sich die Preise ab jetzt nur noch in eine Richtung bewegen werden. 

Text: Andy Prill / Fotos: Rémi Dargegen for RM Sotheby’s © 2017

Als qualifizierter Maschinenbauingenieur, enthusiastischer Pilot historischer Autos und Motorräder sowie lebenslanger Petrolhead hat sich Andy Prill den Ruf eines der weltweit kundigsten Porsche Classic-Experten erworben. Sein vor über 20 Jahren gegründetes Unternehmen Prill Porsche Classics bietet neben allgemeiner Beratung Inspektionen vor dem Kauf eines Fahrzeugs, Motorüberholungen für den Einsatz bei historischen Rennen und komplette Restaurationen an. Sie finden Andy regelmäßig im Fahrerlager historischer Rennmeetings – wie zum Beispiel 2016, wo er sich bei Le Mans Classic einen Porsche 356 mit Rahim Aga Khan teilte. In Goodwood demonstrierte er unzählige Male einen Gruppe C-956.

Sie finden zum Verkauf ausgeschriebene Porsche 924, 944, 928 und 968 im Classic Driver Markt.