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Fünf Fragen an Jochen Mass, Rennfahrer-Haudegen

Jochen Mass und historische Rennwagen gehören untrennbar zusammen. Beim Goodwood Revival Meeting startet der ehemalige Formel-1-Pilot und Le-Mans-Gewinner mit dem Team Meilenwerk Historic Racing in einer AC Cobra. Im Interview verrät er Classic Driver seine besonderen Motorsport-Vorlieben.

Herr Mass, alte Renn- und Sportwagen lassen Sie offensichtlich nicht los. Was macht eigentlich den Reiz des historischen Motorsport für Sie aus?

Also, das kann man nicht in drei Worten umreißen. Was ist es denn? Der historische Motorsport, das ist die eigene Jugend, die plötzlich wieder wach und lebendig wird. Plötzlich wird es wieder greifbar, was einen selbst zur Rennerei brachte. Die Autos, die Atmosphäre. Alles kommt innerhalb von Sekunden wieder zurück. Es packt einen und zieht Dich mit.

... also pure Faszination?

Nein, es ist viel mehr als das. Faszination ist für mich ein inadäquates Wort. Es ist eine Ära, eine Epoche des eigenen Lebens. Es ist ein Bestandteil von Dir. Und hinter dem Steuer versucht man, genau diesen jungen, lebendigen Teil des Lebens über die Zeit zu retten. Ich bin nicht fasziniert. Das wäre zu oberflächig. Nein, ich liebe das, was ich tue. Die Fahrzeuge, das Handling, die Geschwindigkeit und dieses ganz spezielle Gefühl hinter dem Steuer. Wenn Du startest, den Gang einlegst und aufs Gas gehst. Insofern ist es auch falsch, von einem bloßen "way of life" zu sprechen. Viele tun das ja. Aber das klingt für mich nach bloßer Attitüde. Ich habe vielmehr eine ganz bestimmte Affinität zu ganz bestimmten Fahrzeugen. Die gehen ganz tief rein. Weil sie mich berühren - weit jenseits von Faszination und Begeisterung.

 

Welche Fahrzeuge sind das?

Wenn ich in der Zeit weit zurückgehe, dann sind es natürlich die Mercedes SSK Rennwagen aus den 1920er und 1930er Jahren. Ich habe diese Autos nun schon etliche Male bei der Mille Miglia fahren können. Auf langen Strecken ist das wie ein Rausch. Die Autos sind so ungemein zuverlässig. Selbst nach 700, 800 Kilometer über Landstraßen, durch Städte und über Pässe will ich abends gar nicht mehr aussteigen, sondern immer weiterfahren. Sie werden jetzt staunen, wenn ich sage: so ein großes und schweres Auto ist dennoch nicht anstrengend zu fahren. Sicher, es fordert, aber es gibt auch zurück. Es ist eine Burg. Eine Burg, die Dich schützt, die Du aber auch beherrschen musst. Eine Burg, nicht nur aus Metall, sondern auch mental. Es ist der Inbegriff eines Autos. Dann natürlich der 300 SLR, die Startnummer 658 und 722 der Mille Miglia. Das ist das Gegenteil von einem SSK - aber ein perfektes Gegenteil. Leicht, sehr schnell und doch bombensicher. Dann: nehmen Sie einen 300 SL Roadster, einen Jaguar E-Type, einen Porsche 356 Carrera A - das sind wunderbare Autos.

Nachvollziehbar, aber was sind denn anstrengende Autos für Sie?

Anstrengende Autos sind zu schnelle Autos, die man automatisch immer am Limit bewegt. Am Limit von Physik und Material. Das ist für mich anstrengend und letztlich auch gefährlich. Man muss da klar trennen: Manche Autos sind zwar nicht anstrengend, doch man muss sie sich erarbeiten, sich auf sie einlassen. Denken Sie an Maserati beispielsweise. Das sind unter dem Strich wahnsinnig tolle Fahrzeuge, jedoch ganz anders als deutsche Sport- und Rennwagen. Die Italiener bauen Motoren, die sind fein wie samt. Fragile und starke Autos zugleich, großartig! Und doch mit ganz anderem Charakter. Diese Vielfalt macht es aus.

Fünf Fragen an Jochen Mass, Rennfahrer-Haudegen

Beim Revival Meeting starten Sie mit dem Team Meilenwerk Historic Racing mit einer AC Cobra. Welchen Charakter hat dieses Auto?

Stimmt, ich starte mit der AC Cobra beim Sonderlauf zum 50. Geburtstag dieses Fahrzeugs. Da freue ich mich schon sehr drauf. Denn ich habe schon viele Cobra-Rennwagen in Goodwood gefahren. Das sind ganz andere Autos als die Italiener. Eine Cobra ist bullig und robust. Sie ist einfach brachial und ohne Raffinessen. Dieses Simple am Auto, also ich finde das ist erfrischend und bringt mir einen Riesen-Spaß. Gerade weil das Auto nicht so kompliziert ist, bekommt man in Goodwood auch noch während des Rennens das bunte Geschehen an der Strecke mit. Du setzt Dich in die Cobra rein, startest und "Barram!" geht es los. Ja, am Wochenende in Goodwood beim Revival Meeting für das deutsche Meilenwerk Historic Racing Team mit der Cobra zu fahren, das ist einfach großartig.


Fotos: Dino Eisele