Es entsteht Gänsehautfeeling, wenn der Dreiliter-V10 mit stürmischem Bellen zum Leben erwacht. Und zwei bekannte Augen über die schlanke Nase des scharlachroten Monopostos hinausschauen. Es ist nicht das erste Mal, dass Mick Schumacher ein Auto seines Vaters ausprobiert. Doch zählt dieser hier zu den ganz Besonderen. Denn der Ferrari F2002 war – und bleibt – eines der dominantesten Modelle der Formel 1-Geschichte. Dieses spezielle Chassis – 219 – trug entscheidend zum fünften WM-Titel „Schumis“ bei. Siege in San Marino und Österreich legten den Grundstein, doch war es dann der Erfolg in Magny-Cours, der dem Kerpener schon sechs Rennen vor Schluss die Meisterschaft sicherte.
Mick, immer noch erst 20 Jahre alt, arbeitet sich gerade wie einst sein Dad durch die Rangstufen des Motorsports nach oben. Nach dem Gewinn der europäischen Formel 3-Meisterschaft 2018 zeigte er in diesem Jahr vielversprechende Auftritte in der Formel 2. In seiner Rolle als Fahrer der Ferrari Akademie teste er auch schon den Formel 1 der Scuderia. Angesichts seines Potentials und seines legendären Namens scheint sein Aufstieg in die Formel 1 vorgezeichnet. Nun biegt er aus der Boxengasse von Fiorano und beginnt, das übernervöse Vollblut vom Lasso zu lassen. Während sich zugleich der Motor mit ohrenbetäubendem Kreischen bemüht, Schritt zu halten. Und wir merken: Die heutigen Motoren sind definitiv nicht mehr das, was sie einmal waren. Zumindest in Bezug auf ihren Soundteppich.
Leider ist der fahrerische Part so schnell vorbei wie ein Herzschlag, doch bleibt genügend Zeit für statische Aufnahmen von Mick und dem Auto. Mick ist kein Doppelgänger seines Vaters, doch die Familienähnlichkeit ist unverkennbar. Und wie er so um das Auto herumwandert und – betört von dessen Schönheit und Bedeutung - jeden Zentimeter genau mustert, muss ich mich dazu ermahnen, Fotos zu schießen statt ihm nur zuzuschauen. Denn es ist ein ergreifender und zugleich magischer Moment. Wer auch immer am 30. November in Abu Dhabi den Zuschlag für Chassis 219 erhalten wird, erwirbt damit ein extrem wichtiges Stück Motorsportgeschichte aus Maranello. Und wer weiß – vielleicht wird Mick eines Tages noch einmal die Chance bekommen, dem Auto einmal so richtig die Sporen zu geben?
Fotos: Rémi Dargegen für RM Sotheby’s © 2019