Zu Beginn des Jahres besuchten wir die weltweit wohl beste Sammlung von Abarth-Modellen, die liebevoll im Lauf der letzten 40 Jahre vom ehemaligen Werksrennfahrer Engelbert Möll zusammengetragen worden ist. Jetzt rücken die begehrtesten Exemplare mit dem legendären Skorpion ins Rampenlicht: Beim Verlag Delius Klasing erscheint ein neues Buch, das der packenden Geschichte dieses italienischen Herstellers und seines ideenreichen Gründers Carlo Abarth gewidmet ist.
Gestaltet von unserem Freund Stefan Bogner, Schöpfer des Magazins „Curves”, und mit großartiger Fotografie von Bogner und Rémi Dargegen illustriert, ist „Abarth: Racing Cars” geradezu Pflichtlektüre für jeden, der die facettenreiche Historie von Abarths „bösen kleinen Autos”, die zwischen 1948 und 1974 in Turin gebaut wurden, verstehen möchte. Teil dieses reichhaltigen Rückblicks sind auch Erinnerungen der wichtigsten Schlüsselfiguren der Markengeschichte zu denen große Rennfahrer wie Derek Bell und Arturo Merzario genauso zählen wie unter anderem die brillanten Ingenieure Antonio Tomaini und Mauro Forghieri. Wir haben 10 ungestüme Skorpione aus diesem Band ausgewählt, deren Stachel im Motorsport besonders giftig war.
Fiat Abarth 500 Record Pininfarina
Dass der Motorsport nicht das alleinige Ziel eines Herstellers sein muss, bewies Carlo Abarth, als er in den fünfziger Jahren nach Alternativen suchte, um das Profil seines jungen Unternehmens zu schärfen. Dazu zählten einige gelungene Vorhaben, um neue Langstreckenrekorde aufzustellen.
Am 10. September 1958 brach dieser Fiat Abarth „500 Record” mit seiner extrem geformten Stromlinienkarosserie von Pininfarina zu einem zehntägigen Lauf auf dem Kurs von Monza auf. Am Ende dieses Marathons hatte der kleine Abarth 28.000 Kilometer mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 116,4 Stundenkilometer absolviert und gleich 23 internationale neue Rekorde eingefahren. Als er danach auf der Turiner Automobilausstellung zu bewundern war, brach er vermutlich schon wieder einen Rekord, denn alle wollten ihn sehen und sorgten für einen Massenansturm. Carlo Abarth hatte seine Mission erfüllt.
Fiat Abarth 750 Coupe Zagato
Erstmals wurde der von Zagato gezeichnete Fiat Abarth 750 auf dem Genfer Automobilsalon im März 1956 gezeigt. Mit dem charakteristischen „Double Bubble” und dem Heckeinlass erzielt er beeindruckende Erfolge auf den Rennstrecken Europas und später auch in den USA. In der Saison 1956 bändigten Piloten vom Schlag eines Mario Poltronieri, Ernesto Prinoth und Vittorio Feroldi De Rosa diese wilden und leichten GT und errangen 31 Klassensiege. Mehr noch, mit dem 750 kam Carlo Abarth auf den Geschmack des Gewinnens - eine Leidenschaft, die er in der nächsten Dekade unerbittlich pflegen sollte.
Fiat Abarth 1000 TCR Radiale
Als ultimativer Ausdruck von Abarths Spezialität - laute, stolze und sehr potente Versionen des an sich braven Fiat 600 D - war der brachiale „1000 TCR Radiale” ein echter Riesentöter, der mehrfach Europas Tourenwagenmeister wurde. Seine Geheimwaffe war der raffinierte Sternmotor, der von einem Weber-Doppelvergaser beatmet wurde und 110 PS entwickelte. Eine reife Leistung für ein Fahrzeug, das gerade einmal 610 Kilo auf die Waage brachte.
Fiat Abarth 1000 Spider Sport
Zu den ganz besonders seltenen und bedeutenden Automobilen in der Sammlung Möll gehört fraglos der Fiat Abarth „1000 Spider Sport” von 1963. Dieses Exemplar ist eines von nur einer Handvoll, die überhaupt gefertigt wurden und wiegt 405 Kilo. Der Rennwagen wurde von dem berühmten Schweizer Piloten Tommy Spychiger in der Saison 1963 zu insgesamt 13 Klassensiegen und einem Gesamtsieg gelenkt. In den kleineren Kategorien des Motorsports war Abarth einfach unschlagbar.
Fiat Abarth 1000 Biposto Corsa
Sein Spitzname lautete „Millino”, denn seine Maße waren zwergenhaft: Der Fiat Abarth „1000 Biposto Corsa” wurde als eine Art Brücke für junge Fahrer entwickelt, die vom Tourenwagensport zu den Sportwagenserien aufsteigen wollten. In technischer Hinsicht ist vor allem die hoch drehende Bialbero-Maschine mit 110 PS interessant, die über der Hinterachse statt wie bei den Vorgängern in der Mitte montiert worden ist.
Abarth Simca 1300 GT Coupé Corsa
Eine Generation von jungen europäischen Fahrern verdankten ihm ihren erfolgreichen Karrierestart. Der Abarth Simca „1300 GT Corsa” hatte als erster aus Carlos Hand einen Motor, der komplett im Unternehmen entwickelt worden war. Basierend auf dem Simca 1000 wog der 1300 GT nur 630 Kilo, obwohl er etwas größer als die „Berlina”-Limousinen war. Jedes Wochenende fuhr er Sieg um Sieg ein. Engelbert Möll selbst waren diese inneren Werte nur zu vertraut, denn als Werksfahrer erzielte er in der Saison 1963 allein acht Siege in Folge.
Fiat Abarth OT 2000 Periscopio
Ja, genau der mit dem Schnorchel! Im Jahr 1965 wurde Abarths Partnerschaft mit Simca beendet und in der Folge mussten sich die Ingenieure wieder bei Komponenten von Fiat bedienen, um ein neues Coupé für den Rennsport zu bauen, den „1300 OT”. Fast zwangsläufig war auch diese Schöpfung wieder enorm erfolgreich und sicherte Abarth 1966 die Markenweltmeisterschaft in der ersten Kategorie. In rund 12 Exemplaren wurde der größere 2-Liter-Motor mit 215 PS Leistung verbaut, am Steuer saßen Legenden wie Jochen Rindt und „Gigi” Taramazzo. Mit dem hinreißenden „OT 2000 Periscopio” hat Carlo Abarth zugleich auch eines der begehrenswertesten Automobile überhaupt geschaffen.
Fiat Abarth OT 2000 Coupé America
Abarths Ingenieure tauften ihn Il Mostro - das 185 PS starke „OT 2000 Coupé America” war ein leistungsoptimierter Viertürer auf der Basis des eher gesetzten Fiat 850 Coupé. Ausgestattet mit einer kraftvollen 2-Liter-Rennmaschine sollte das Fahrzeug ursprünglich in den Ring mit größeren Tourenwagen wie Alfa Romeo GTA und Lotus Cortina einsteigen. Dieses Spektakel hätte man nur zu gern erlebt. Aber auf Grund der hohen Kosten wurden nur drei Exemplare gefertigt. Eines davon wanderte allerdings in den Besitz von Niki Lauda.
Fiat Abarth 2000 Monoposto Record
Gegen Jahresende 1965 kletterte Carlo Abarth höchstpersönlich ins Cockpit dieses winzigen Monoposto, um gemeinsam mit Johannes Ortner und Mario Poltronieri acht internationale und zwei Weltrekorde auf dem schnellen Kurs von Monza zu brechen. Zur Vorbereitung hatte sich Abarth monatelang größtenteils nur von Äpfeln ernährt und 30 Kilo abgenommen. Eine karge Diät, die sich auszahlen sollte. Nunmehr schlank und rank, gelang es ihm, sich ins schmale Cockpit zu zwängen. Das Motodrom von Monza war sowieso sein Lieblingsschauplatz und die alten Rekorde, die dort purzelten, waren der perfekte Abschluss eines außergewöhnlichen Jahres für die Turiner Schmiede - 900 Siege, davon 23 ganz klar.
Fiat Abarth 2000 Sport Spider 4-Fari
Wenn Sie uns nach unserem Favoriten unter den Abarths befragen, dann müsste unsere Wahl auf den „4-Fari” fallen. Der kleine und sinnlich anmutende „2000 Sport Spider” ist einfach einer der reizvollsten Sport-Rennwagen, die je entworfen worden sind. Man muss ihn einfach auf sich wirken lassen, und dann noch in dieses Rot getaucht. Außerdem wurde er von einer Riege großer Fahrer pilotiert: glanzvolle Namen wie Peter Schetty, Arturo Merzario und Toine Hezemans. Sie alle trugen dazu bei, dass Abarths gefeierte Automobile den Weg in die Geschichtsbücher gefunden haben.
Fotos mit freundlicher Genehmigung von Delius Klasing Verlag (Stefan Bogner, Rémi Dargegen, Bildermeister/Gerrit Glöckner, Steve McCurry, Studio Orel, Frank Schönau, Peter Singhoff, WK Photo/Johann Wimmer, Michel Zumbrun) © 2018