Im Lauf der Jahrzehnte hat der Genfer Automobilsalon ein gehöriges Maß an rollenden Wunderwerken willkommen geheißen. Einst war diese Messe die ultimative Bühne, um Innovation gepaart mit Schönheit zu präsentieren - und es gab dort kaum einzigartigere Epochen, wie jene zwischen den späten 1950ern und dem Auftakt der Swinging Sixties. Modelle von Aston Martin, Jaguar, Porsche und natürlich Ferrari läuteten die neue Ära der Grand Tourer ein. Doch wenige prägten diese Zeit so sehr wie der 250 GT. Viele Modelle aus diesen golden leuchtenden Jahren besitzen zwar ihren unbestreitbaren Platz in der Automobilgeschichte, doch sie füllen ihn vielleicht nicht auf so überlegen elegante Weise aus wie diese drei Cabriolets, welche Zuschauer verzücken werden, wenn sie bei RM Sotheby´s bevorstehender Auktion zum Auftakt der Monterey Car Week unter den Hammer kommen.
1959 Ferrari 250 GT LWB California Spider
Widmen wir uns als erstes dem früheren unter den drei Autos: Dieser schlanke 250 GT LWB California Spider rollte 1959 aus dem Werk in Maranello. Es ist bedeutsam, sich die Grundlagen des 250 GT – noch ehe ein Fahrzeug wie dieses produziert wurde – in Erinnerung zu rufen, denn die Plattform hatte sich bereits auf der Rennstrecke gegen beeindruckende Konkurrenz bewiesen. Während die Exemplare mit fest verbautem Dach die Tracks dominierten, fanden doch viele, dass auch Straßen einen idealen Schauplatz für den Nervenkitzel eines großartigen Ferrari boten.
Wir müssen uns bei Mr. John von Neumann für diesen 250 bedanken, seines Zeichens der in Kalifornien basierte Importeur und Mitbegründer des örtlichen Sportwagenclubs, der auch den Vertrieb von Ferrari an der Westküste übernommen hatte. Er schlug einen zweifach einsetzbaren, offenen Ferrari vor, mit dem man sowohl die Grenzen auf der Rennstrecke austesten und dann genussvoll nach Hause fahren konnte, wie bei Maranellos großartigsten Berlinetta. Es dauerte nicht lange, bevor der offizielle Ferrari-Importeur Luigi Ginetti davon hörte und alsbald schlug die Geburtsstunde des 250 GT California Spider. Anders als das serienmäßig angebotene 250 GT Cabriolet teilte sich der California Spider Fahrwerk und Karosserie mit dem Tour de France Berlinetta, das mit nonchalanter Eleganz gezeichnete Design und weiteres Coachwork trugen die Handschrift des legendären Sergio Scaglietti.
Nur fünfzig Exemplare des California Spider wurden auf diesem Chassis mit langem Radstand aufgebaut, bevor Ferrari die Short-Wheelbase-Plattform einführte, an die der California Spider angepasst wurde. Beide sind jeweils auf ihre Art geradezu schmerzlich schön, doch scheinen die Proportionen besser beim langen Radstand zur Geltung zu kommen und verleihen diesem Modell dadurch eine optische Perfektion, die ihresgleichen sucht. Ja, natürlich betreiben wir gerade Haarspalterei auf höchstem Niveau zwischen zwei der allerbesten. Hätten wir doch nur einen SWB, den man zum direkten Vergleich heranziehen könnte…
1960 Ferrari 250 GT SWB California Spider
Zufälligerweise rangiert bei RM Sotheby´s Monterey-Versteigerung genau so ein Auto an vorderster Stelle: dieser schlichtweg atemberaubende Ferrari 250 GT SWB California Spider von 1960. Mit den anspruchsvollsten Komponenten des LWB und der rennerprobten Stallgefährten erhielt der SWB California Spider einige Leistungsoptimierungen gegenüber dem Vorgänger, vor allem eine breitere Spur, verstellbare Stoßdämpfer von Koni, vier Scheibenbremsen und die jüngste Version des hoch entwickelten Short-Block-V12. Diese Veränderungen konnte man auch an der Optik ablesen, zum Beispiel an den neuen abgedeckten Scheinwerfern und einem bereits ab Werk gelieferten abnehmbaren Hardtop. Als fortschrittlichste Metamorphose des Designs, war der SWB California Spider so spannend zu fahren wie er zu bestaunen war und eroberte bald die Herzen jeder Celebrity von Los Angeles bis London.
Nur 56 Stück wurden überhaupt produziert – dieses Exemplar ist aber zudem auch das erste, das vom Band rollte und in sich auch das motorsport-spezifizierte Tipo 168-Triebwerk barg. Ursprünglich in Grigio mit rotem Lederinterieur konfiguriert, wurde der SWB von Ferrari beim Genfer Autosalon im März 1960 gezeigt. Danach kehrte er nach Maranello zurück, wo er ein schwarzes Interieur erhielt – diese anmutige und elegante Farbkombination blieb erhalten. Mit einer Schätzung von umgerechnet zwischen 14.508.960 und 16.318.800 Euro – mehr als die beiden anderen Cabrios kombiniert! -, dürfte dieser SWB ein Bieter-Spektakel in Monterey garantieren!
1960 Ferrari 400 Superamerica SWB Cabriolet
Wir verabschieden uns fürs Erste vom California und schließen das Trio mit diesem grandiosen Ferrari 400 Superamerica SWB Cabriolet ab. Es handelt sich dabei um den dritten von nur drei gemäß dieser Spezifikation gefertigten Exemplaren. Man könnte annehmen, dass ein verringerter Hubraum bei einem neuen Modell einen Rückschritt bedeutete, aber bei Ferrari verstand man sich eben darin, etwas, was an sich schon perfekt war, weiter zu perfektionieren: Der 400 Superamerica besaß an Stelle des 5,0-Liter-Motors aus dem Vorgänger 410 einen 4,0-Liter-V12. Der kleinere Antrieb bescherte Agilität, überzeugte aber auch durch seine Leistungsstärke. Inzwischen gilt dieser Ferrari als derjenige aus einer Ära gespickt mit wahrhaft wundervollen fahrer-orientierten Autos, der mit das beste Handling bietet.
Dieser Superamerica verließ Maranello in 1960 und wurde in der wunderschönen One-off-Farbkombination von Verde Bottiglia über einem Cockpit in Rosso konfiguriert, die beide heute sorgfältig restauriert wurden – nach einem Standard, der das Original noch übertrifft („better-than-original“) von den renommierten amerikanischen Ferrari-Spezialisten Classic Coach und Greg Jones. Besten gepflegt und geliebt vom aktuellen Eigner, steht dieser Ferrari bereit als atemberaubender Weekend Driver bei schönstem Wetter oder als Topfavorit für angesehene Concours-Trophäen auf der ganzen Welt. Noch besser: Warum eigentlich nicht beides?