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Dieser gestreckte Rollswagen Käfer kostete mehr als ein Lamborghini Miura

In Kalifornien aus der Masse herauszustechen, ist nicht einfach. Aber diesem auf Betreiben des damaligen Westküsten-Händlers für Porsche und VW, John von Neumann, in Auftrag gegebene Stretch-Beetle trauen wir es zu. Achten Sie bei RM Sotheby‘s Monterey Auktion auf diesen einmaligen „Rollswagen.“

Sicher hat diese Überschrift Ihr Interesse geweckt. Doch ehe Sie jetzt die Keyboards für Kommentare zu diesem Clickbait malträtieren, sei versichert: Wir sagen die reine Wahrheit, wenn wir behaupten, dass dieser langgezogene „Love bug“ fast doppelt so teuer war wie ein Lamborghini Miura. Sie glauben uns immer noch nicht? Dann lesen Sie weiter, um die unglaubliche Geschichte dieser Stretch-Limo auf Käfer-Basis zu erfahren. Oder noch besser: Bieten Sie selbst mit, wenn der Rollswagen am 15. August bei der Monterey Auktion von RM Sotheby’s unter den Hammer kommt.

2.063 Dollar – so viel hätte der österreichische Auswanderer und Amateurrennfahrer John von Neumann 1968 in den USA für einen brandneuen Volkswagen Käfer bezahlen müssen. Zu jener Zeit florierte bereits sein Geschäft mit zunächst noch auf eigener Achse nach Kalifornien gebrachten Porsche und Volkswagen. Von Neumann kaufte jeweils zwei Porsche beim weltbekannten Händler Max Hoffman in New York und fuhr sie dann mit seiner Frau quer durchs Land bis in den Sunshine State. Sein Engagement mündete schließlich Mitte der 1950er-Jahre in die Gründung von Pacific Volkswagen, Inc., dem offiziellen Vertriebshändler für die West Coast und Hawaii. Als, man würde heute sagen, „promotion tool“, gab er dann den „Rollswagen“ in Auftrag, wie ihn Volkswagen USA Jahre später in einer Anzeige taufte.

Das Spendermodell Baujahr Oktober 1968 ging für den Umbau zum Karosseriebauer Troutman-Barnes aus Culver City – neben dem Aufbau von Chaparral- und Scarab-Rennwagen bekannt für seinen Umbau eines 1968er Porsche 911 in einen Viertürer. Die Tuner verlängerten den Radstand des Käfers um 1,01 Meter, wodurch der Beetle auf gut fünf Meter Länge gestreckt wurde. Das stimmige Erscheinungsbild des Umbaus ist teilweise der Verwendung von VW-Originalteilen zu verdanken, wie den maßgefertigten hinteren Türen und Trittbrettern. Um die Farbe und den Innenraumtrimm kümmerte sich dann die Creme de la Creme der Hotrod-Szene Südkaliforniens. Junior Conway von Junior’s House of Color in Lynwood war für den schwarzen „Einbrennlack“ verantwortlich; der bekannte Hotrod- und Dragracer Tony Nancy aus Sherman Oaks vollbrachte Wunder an der Innenpolsterung aus englischen Stoffen (hinten) und schwarzem Kunstleder (vorn). 

So wurde der 1969 auf der L.A. Auto Show gezeigte „Rollswagen“ schnell zu einer eigenen Berühmtheit und als „$ 35.000-Dollar-Käfer“ (so teuer war laut von Neumann der Umbau) – zum Gesicht der erwähnten nationalen Volkswagen-Werbekampagne. Zu einer Zeit, als ein neuer Lamborghini Miura 20.000 Dollar kostete. Angeblich soll sogar John Wayne damit 1970 zur Oscar Preisverleihung geshuttelt worden sein, wo der Western-Held seinen einzigen Oscar für die Rolle in True Grit (Der Marshal) in Empfang nahm. 

Nachdem der verrückte Käfer durch die Hände einiger renommierter Volkswagen-Sammler gegangen war – darunter Chick Iverson, Besitzer des ersten VW-Händlerbetriebs in Orange County und dicker Kumpel von John Wayne – stand er zuletzt über 20 Jahre lang in der bekannten Sammlung von Lorenzo Pearson, Gründer des VW Teilezulieferers West Coast Metric. Nun sucht er wieder ein neues Zuhause, zu einem von RM Sotheby’s auf 150.000 bis 200.000 Dollar geschätzten Estimate. Das liegt zwar deutlich unter dem heutigen Wert eines Miura, macht das Unikat aber definitiv zu einem der teuersten und ungewöhnlichsten Käfer aller Zeiten – ausgestattet unter anderem mit moderner Kenwood Head Unit, CD-Wechsler im per Trennscheibe separierbarem Fond, Mahagoni-Holzeinlagen, einer Minibar, Gegensprechanlage, elektrischen Fensterhebern, stärkerem 1,6-Liter-Boxer (48-mm-Weber-Vergaser) und einer „Kutschenlampe“ auf dem Dach als Zeichen an den Portier!

Wie hieß es doch noch in der $35,000 Volkswagen-Anzeige? „Warum nicht das bekannteste ‚economy car‘ in die weltweit wirtschaftlichste Limousine verwandeln? Warum nicht der sparsamste Millionär im Straßenverkehr sein? So, Kinder, werden die Reichen immer reicher!

 

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Aus dem Englischen von Thomas Imhof