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Wie Barrie Whizzo Williams den verrücktesten, wildesten Jaguar E-Type lieben lernte

40 Jahre lang blieb er verborgen. Nun haben CKL Developments endlich den verrücktesten E-Type aller Zeiten wiederentdeckt: den aberwitzigen Egal. Hier ist die Geschichte der Entstehung dieses Biests und wie es den einzigen Fahrer traf, der es zu zähmen vermochte.

Die Geschichte des Egal beginnt mit zwei Freunden, Rob Beck und Geoff Richardson. Obwohl beide erfahrene Rennfahrer waren, galt Rob als der bessere Pilot, während Geoff ein talentierter Konstrukteur von Rennwagen war. Die beiden fuhren den damals schnellsten XK120, doch sie fanden auch, dass sie das volle Potenzial des 308 PS starken und 990 Kilo schweren Jaguar, der die Silverstone-Runde in seiner kürzeren sechziger Jahre-Konfiguration in nur 1:08 Minute schaffte, ausgereizt hatten. Jetzt hielten die beiden nach etwas mehr Power Ausschau. Und sie wurden fündig: Robs Semi-Lightweight E-Type, der kurz zuvor in Castle Comb einen Crash erlitten hatte und nun einen neuen Motor benötigte.

Für die Rennsaison 1964 beauftragte Rob Geoff damit, eine Ford Galaxie-Maschine von Holman und Moody mit sieben Litern Hubraum einzubauen. Das Triebwerk war ursprünglich für ein Rennboot vorgesehen – Rob war selbst passionierter Powerboat Racer. Erstaunlicherweise waren die beiden Motoren von Ford und von Jaguar vom Gewicht her fast identisch. Im Gespräch mit Chris Keith Lucas von CKL Developments, stellte sich heraus, dass das Duo nicht wirklich eine Begründung für diese Transplantation hatte, außer, dass sie schneller sein wollten. Im Jahr zuvor bauten sie einen V8 von Buick mit 3,5 Liter in einen Formula Junior – mit dieser Erfahrung hatten sie gelernt, große Motoren quasi mit dem Schuhlöffel in kleine Autos einzupassen. Und dieses nächste Projekt war der ultimative Schuhlöffel. 

Der E-Type war mit äußerst strapazierbaren vorderen Bremsscheiben und -sätteln ausgerüstet und besaß auch rennsporttaugliche Merkmale wie Überrollbügel, Stoßdämpfer und Torsionsstangen. Nachdem der wuchtige amerikanische V8 in das rollende E-Type-Chassis abgesenkt wurde, stellte sich schnell heraus, dass er nur passen würde, wenn man das vorhandene Jaguar-Getriebe zusammen mit einer Doppel-Membran-Kupplung von Borg & Beck, das für die AC Cobra entwickelt wurde, nutzte. Da man zu höflich war, um Jaguar zu fragen, wieviel das Getriebe aushalten konnte, bleibt dies die einzige unbekannte Komponente im Antriebsstrang und womöglich auch die Schwachstelle im Aufbau. Doch während ihrer Rennen hatte dieses Getriebe Geoff und Rob immer verlässlich gedient, also machten sie unverdrossen weiter. Nachdem die Trennwand modifiziert und die Zahnstange wegen des größer dimensionierten Motors verschoben wurden, feierten der V8 und das Chassis Hochzeit. Damit war der Egal geboren, dessen Namen ebenfalls eine Vermählung von E-Type und Galaxie darstellt. Auf dem Prüfstand in Geoffs Werkstatt leistete die Maschine gut 482 PS mit einem maximalen Drehmoment von 678 Nm. Zur Erinnerung: Es war das Jahr 1964, der Jaguar hatte sechziger Jahre-Bremsen und nur 1.200 Kilo, die zu bewegen waren. Man kann sich nur zu gut vorstellen, was für ein Spektakel dieser Vortrieb geboten haben muss.

Nach den allerersten Versuchen waren Geoff und Rob gleichermaßen begeistert und aber auch erstaunt, wie gut die unterschiedlichen Komponenten als Einheit agierten und berichteten, dass sich ihr Jaguar im Handling nicht anders als ein serienmäßiger E-Type anfühle. Wenig überraschend zeigte sich bald, dass der ursprüngliche Jaguar-Kühler nicht in der Lage war, einen fast doppelt so leistungsfähigen Motor adäquat zu kühlen. Ein neuer Radiator von Gallay wurde eingebaut und die Leichtbau-Aluminium-Haube erhielt markante Lufteinlässe im GTO-Stil, um diesem riesenhaften amerikanischen Triebwerk Luft zuzuführen. Unter einer zusätzlichen Auswölbung auf der Motorhaube wurde der Holley-Vergaser untergebracht. Neben diesem Power Bulge schnitten sie zusätzliche Einlässe in die Front, um die Bremsen zu kühlen. Damit war das Werk war vollbracht und der Egal war startklar. 

Die frühe Karriere des Egal glich mehr einer Feuertaufe, weil er beinahe jedes Wochenende bei Rennen startete. Sein erster Auftritt war das Mittsommertreffen des Nottingham Sports Car Club am Silverstone Cup-Kurs. Mit Rob am Steuer gewann der Egal das Sportwagenrennen wie auch das Libre-Rennwagen-Event. Es war ein vielversprechender Anfang, hatte aber auch seine Tücken. E-Types sind nicht für ihr promptes Bremsverhalten berühmt: Mit fast doppelt soviel Pferdestärken und mit Spitzengeschwindigkeiten nahe 241 Stundenkilometer auf der Geraden beschlich Rob ein – sagen wir – leicht mulmiges Gefühl. Nach einer umfassenden Inspektion des Fahrzeugs, erhielt der Egal Le Mans-taugliche Jaguar-Bremsen am Heck, die größere Scheiben, Bremssättel und dickere Beläge aufwiesen. Diese Maßnahmen schenkten dem Duo neugewonnenes Vertrauen in die Speed-Qualitäten ihres Egal. Durchaus nachvollziehbar entschied Rob dann allerdings, dass es seiner persönlichen Lebenszeit förderlich wäre, wenn er sich vom Piloten des aberwitzig kraftvollen Egal zum reinen Zuschauer wandelte.

Jetzt kommt Barrie „Whizzo“ Williams ins Spiel. Er war bei allen beliebt wegen seines extravaganten Fahrstils auf dem Asphalt und seinem ausgeprägten Sinn für Unfug abseits der Rennstrecke. Oder, wie Chris sagt: „Es war eine Hochzeit, die im Himmel geschlossen wurde.“ Nachdem er kurz zuvor der F3 den Rücken gekehrt hatte, war Barrie in der idealen Ausgangsposition, die Einladung, mit dem Egal im Sommer 1967 Rennen zu fahren, anzunehmen. Den Feinschliff seiner Fähigkeiten erhielt er im Rallyesport, ehe er zu den Rundstreckenrennen wechselte. Barrie fühlte sich allem Anschein nach erstaunlich wohl beim seitwärtsfahren – damit war er der maßgeschneiderte Fahrer für etwas, was letztlich ein Drift Car war, ehe diese Disziplin überhaupt existierte. Laut Barrie hat ihn Geoff eines Tages angerufen und gefragt, ob er gerne den Egal fahren möchte. Die Antwort war kurz und bündig: „Ich fahre alles!“

Geoff reichte Barrie die Schlüssel damit er im Lauf der nächsten Tage ein Gefühl für das Auto bekommen würde. Er fuhr nach Hause zu sich in Bromyard, auf dem Beifahrersitz sein großer Jagdhund Tom. Barrie war rasch klar, was für ein Monster der Egal war – „er spuckte Feuer und Flammen“ – und das passte genau. Nachdem sich Barrie mit den Eigenheiten des Autos vertraut gemacht hatte, meldete ihn Geoff auf Robs Empfehlung hin prompt für eine Sprint-Veranstaltung auf dem Flugfeld von Long Marston in der Nähe von Stratford-on-Avon an. 

An der Startlinie sagte Rob zu Barrie: „Du weißt, dies ist ein sehr starkes Auto. Ich gebe dir ein paar Tipps für den Start. Ich habe das selbst oft genug gemacht. Also, du drehst bis 2.000 und wenn das Licht wechselt, lässt du die Kupplung los und gibst Gas. Dann schalte sehr rasch durch die Gänge.“ Auf einem Startplatz neben Malcolm Gartland in seinem GT40, folgte Barrie exakt Robs Anweisungen. Und als das Licht auf grün wechselte, verschwand er in einer blauen Rauchwolke: Er schleuderte erst in Richtung des GT40, dann brach das Heck nach links aus – er brauchte fast die gesamte Länge der Geraden, um den Egal zu kontrollieren. Nach dem Rennen wurde Barrie zum Rennleiter zitiert, der ihm einen längeren Vortrag über angemessene Sprint-Starts hielt. Barrie kehrte zu Rob zurück, der gestand: „Dramatisch. Ja, es tut mir wirklich sehr leid. Ich habe einen Fehler gemacht, ich meinte 1.000 Umdrehungen.“ 

Nach diesem ersten Rodeo sollte Barrie eine ganze Serie von Erfolgen im Egal feiern. An einem Tag in Silverstone gewann er sogar drei Rennen: Formula Libre, Sports Cars und ein GT-Rennen. Aber schließlich debütierten immer mehr neue und fortschrittliche Rennwagen in der Szene und der Egal begann, seinen Wettbewerbsvorteil einzubüßen. Außerdem tauchten alte Probleme wieder auf. Bei einer Rückkehr nach Silverstone offenbarten sich erstmals die Defizite des Egal. Während die Topgeschwindigkeiten im Geradeauslauf unvermindert blieben, resümierte Barrie: „Sie konnten stoppen, wir nicht.“ Leider zeigte sich, dass die Borrani-Speichenräder einfach keine größeren Bremsen zuließen, dennoch wurden mit dem Egal weiter Rennen bestritten. 

Im Laufe der siebziger Jahre wanderte das Auto dann zusammen mit den Jaguar-Rennfahrern Bob Kerr und Tom McCallum nach Schottland. Mit dem Auto wurden weiter Rennen gefahren und es wurde weiter entwickelt und erhielt beispielsweise breite Leichtbauräder von JA Pearce und modifizierte Heckflügel. Ende der siebziger Jahre wurde der Egal von einem Sammler in den USA gekauft und verschwand aus der britischen Szene. Während seines amerikanischen Aufenthalts bekam der Egal bei Vantage Motorsport in Connecticut eine sehr hochwertige Restaurierung, die auf eine Fast Road-Spezifizierung ausgelegt war. Aus Gründen, die wir nicht nachvollziehen können, fand dieser Vorbesitzer, dass die 475 PS nicht ausreichten. Also wurde der Galaxie-Motor aufgebohrt und auf 8,5 Liter vergrößert und leistete so 650 PS mit einem Drehmoment von gut 820 Nm. Die breiten JA Pearce-Räder wichen noch breiteren Leichtmetallrädern, weil man hoffte, damit das tanzende Heck des Egal zu zähmen. Aber statt jetzt über zu wenig Traktion zu verfügen, besaß der Egal jetzt soviel Gripp, dass es für das Getriebe zu riskant wurde. Das Team bei CKL und der jetzige Besitzer des Autos sind entschlossen, den Egal wieder nach diesen US-Eingriffen in seinen ursprünglichen Zustand zu versetzen. Unter anderem haben sie einen identischen Holman and Moody-V8 entdeckt – wir dürfen uns also bald darauf freuen, dass der Egal wieder mit Gebrüll um eine englische Rennstrecke rast. Und natürlich wieder mit seinen ursprünglichen Borrani-Rädern bestückt. Ein Anblick über den sich Barrie bestimmt sehr gefreut hätte.

 

Fotos: Rob Cooper

Dieser gesponserte Beitrag wurde produziert und veröffentlicht als Teil einer bezahlten Partnerschaft mit CKL Developments. Classic Driver ist nicht verantwortlich für den oben enthaltenen Inhalt sowie Informationen.