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BMW X1: Unbekannte Größe

Länger, breiter, höher ist out. Die Insignien der Macht auf dem Gebiet der automobilen Fortbewegung haben sich binnen Jahresfrist ins Gegenteil verkehrt. Seit Dienstwagen nicht mehr als Beigabe zum Arbeitsvertrag gereicht werden und Parkplätze am Arbeitsplatz zur reinen Chefsache geworden sind, heißt es umdenken. Mit dem X1 bietet BMW eine adäquate Alternative zu den etablierten SUVs, die den Wechsel nicht nur für Absteiger interessant macht.

Die Könige sind tot, es leben die Könige. So oder so ähnlich könnte man das Geschehen in der Automobilindustrie derzeit beschreiben. Die eben noch gefeierten Stars der Sparte Luxus-SUV wurden über Nacht weltweit zu Ladenhütern. Zu groß, zu teuer, zu hoher Verbrauch und nicht zuletzt das zunehmende Gefühl der Kunden, mit dem riesigen Auto in der Gesellschaft von heute ein Relikt aus vergangener Zeit zu sein. Doch gottlob gibt es ja die Marktforschung, und die hat dieses Szenario bereits vor Jahren vorausgeahnt und den Produktionsmanagern den Bau von Sub-SUVs empfohlen. Kleiner, sparsamer aber immer noch mit der von den Kunden geschätzten erhabenen Sitzposition ausgerüstet, verkaufen sich Modelle wie Mercedes GLK, Audi Q5 oder BMW X3 wie geschnitten Brot.

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Mit dem neuen BMW X1 setzt BMW nochmals eine Stufe tiefer an. Die Münchner ließen einfach das weg, was die meisten Kunden ehedem nicht benötigen: die Geländetauglichkeit. So kann der X1 zwar auf den bekannten xDrive Allradantrieb des PKW-Programms zurückgreifen, für Ausflüge in die Botanik jenseits der heimischen Rasenkante oder des örtlichen Bauhofes reichen jedoch weder die 194 mm Bodenfreiheit, noch die wenig profilierten Straßenreifen. Zudem muss der X1 ohne Schutzbeplankung an der Unterseite auskommen. Auch auf aufwändige Differentialsperren verzichtet BMW und belässt es mit einer für die meisten Anwendungen völlig ausreichenden Lösung via Bremseneingriff. Eine ausgeklügelte Elektronik bremst dabei das Rad mit dem größten Schlupf ab und leitet die Kraft des Motors auf die Antriebsräder mit der größten Haftung.

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Angesichts dieser Nähe zu den herkömmlichen Allradlimousinen ist es nur konsequent, dass sich der X1 bei Bedarf auch als reiner Hecktriebler ordern lässt, was den Einstandspreis um stattliche 2.000 Euro reduziert. Kombinierbar ist diese sDrive getaufte Antriebsart jedoch nur mit den beiden 2,0 Liter Einstiegsdieselmotoren mit 143 beziehungsweise 177 PS. Die 204 PS starke Topversion ist dagegen ausschließlich mit dem Allradantrieb lieferbar, ebenso wie der einzige derzeit erhältliche Benziner, der 258 PS starke BMW X1 xDrive28i. Allen Motoren gemeinsam ist die serienmäßige Ausrüstung mit dem BMW eigenen EfficientDynamics Paket zur Senkung des Kraftstoffkonsums. Dank Bremsenergie-Rückgewinnung, Auto Start-Stopp-Funktion und Schaltpunktanzeige sowie bedarfsgerecht gesteuerten Nebenaggregaten wie die elektrische Kraftstoffpumpe und der abkoppelbare Klimakompressor erreichen alle X1 Modelle die Euro 5 Norm und können sich auch bei Stammtischdiskussionen mit einem CO²-Wert von unter 140 Gramm durchaus sehen lassen.

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Auch in Sachen Fahrwerk vertraut BMW auf Bewährtes und greift bei vielen Komponenten ins Regal. Dass das kein Nachteil sein muss, beweisen die ersten Ausfahrten mit dem X1. Das Auto federt komfortabel, bietet aber trotzdem genügend Sportlichkeit, um die Freude am Fahren nicht zu kurz kommen zu lassen. Auch bei zu schnell angegangenen Kurven bleibt der X1 stets gut beherrschbar, bis er dann von einem effizient regelnden ESP wieder eingefangen wird. Die präzise und leichtgängige Servolenkung und das spontane Ansprechen der Motor-Getriebe-Einheit mit einer Sechsgang-Automatik auf die Befehle des Fahrers vervollständigen das Bild, in einem sorgsam abgestimmten Fahrzeug zu sitzen.

Das trifft auch für den Rest des X1 zu. Die zu Beginn der Produktion der 1er-Baureihe zu bemängelnde Haptik und Passung diverser Kunststoffteile im Innenraum ist einem hochwertigen Ambiente gewichen. Mit einem neuen Armaturenbrett, das die alte BMW-Tradition der fahrerorientierten Auslegung wieder aufgreift, werden auch Nostalgiker zufrieden gestellt. Die Bedienung des X1 ist ebenso übersichtlich wie selbsterklärend. Das trifft auch für das mit einer neuen iDrive-Logik versehene optionale Navigationssystem zu.

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Daneben ist der X1 bereits in seiner Grundversion mit einem MP3-fähigen Radio mit Aux-Eingang in der Mittelkonsole ausgerüstet. Gegen Aufpreis lässt sich der BMW X1 mit einer optimal funktionierenden iPod-Schnittstelle oder einer wirkungsvoll operierenden Klimaautomatik mit Zwei-Zonen-Regelung ausstatten. Dank großer Heckklappe lässt sich der variable und bis zu 1.350 Liter große Kofferraum gut beladen. Wem das nicht genug ist, der kann mit einer maximalen Anhängelast von immerhin 2.000 kg auch größere Transporte meistern. Die Funktionalität des X1 wird zudem durch großzügige Ablagen für Getränkeflaschen in allen vier Türen ergänzt. Und was kostet der Spaß? Mit einem Einstiegspreis von rund 30.000 Euro erhält man den Eintritt in die X1-Welt in Form eines handgeschalteten X1 sDrive18d. Der verfügt dann zwar über eine ansehnliche Grundausstattung, jedoch für alles, was das Leben auch im Basis-SUV angenehm macht, verlangt BMW teilweise üppige Aufpreise. Nur wenige Extras wie eine Lederpolsterung oder das große Panoramadach treiben den Preis ohne Probleme in Richtung 40.000 Euro. Kommt dann ein stärkerer Motor oder der Allradantrieb hinzu, ist auch diese Schallmauer schnell durchbrochen.

Am Ende bleibt jedoch trotz des hohen Preisniveaus die Erkenntnis, dass BMW mit dem Konzept des X1 auf dem richtigen Weg ist. Das Auto der Zukunft wird sich in zunehmendem Maße an seiner Sozialverträglichkeit messen lassen müssen, anstatt wie in der Vergangenheit lediglich Größe und PS zum Maß aller Dinge zu machen.

Text: Sven Jürisch
Fotos: Sven Jürisch / Michael Gebhardt



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