Bernhard, vielen Dank, dass Sie sich heute Zeit für dieses Interview nehmen. Zunächst würden wir gerne etwas mehr über die Ursprünge von Movendi wissen.
Movendi wurde 1999 in Köln gegründet. Im Jahr 2006 ergab sich dann für mich die Möglichkeit, das etablierte Unternehmen zu übernehmen und damit meinen Traum von der Selbstständigkeit zu verwirklichen. Zu diesem Zeitpunkt hatte ich bereits mehr als zehn Jahre Erfahrung im Luxussegment gesammelt, unter anderem bei Auto Becker in Düsseldorf. Der Standort im ehemaligen Meilenwerk – heute Classic Remise – in Düsseldorf war für uns der perfekte Ausgangspunkt, um ein Portfolio von über 50 Fahrzeugen dauerhaft anzubieten.
Auf welche Fahrzeugklassen haben Sie sich spezialisiert?
In erster Linie konzentrieren wir uns auf historische Fahrzeuge, egal aus welcher Epoche, die eine nachvollziehbare Provenienz haben und möglichst unrestauriert sind. Die Authentizität und Originalität dieser einzigartigen Klassiker hat sowohl für unsere Kunden als auch für mich oberste Priorität. In unserem Portfolio finden sich immer wieder große Raritäten europäischer Hersteller, die nur selten auf dem Markt angeboten werden, wie zum Beispiel der Maserati A6G, über den Classic Driver vor kurzem berichtet hat. Ein Schnauferl, das von London nach Brighton fährt, fasziniert uns genauso wie ein Le-Mans-Rennwagen oder andere Ikonen der Automobilgeschichte.
Sie haben ein einzigartiges Gebäude als Ausstellungsfläche. Können Sie uns mehr über den Hauptsitz von Movendi erzählen?
Der denkmalgeschützte, liebevoll restaurierte Ringlokschuppen aus dem Jahr 1932 bietet eine spektakuläre Kombination aus historischen Fundamenten und moderner Architektur. Er ist das perfekte Setting für unsere Fahrzeuge und dank einer einzigartigen Deckenkonstruktion kommt die natürliche Schönheit dieser Fahrzeuge bei Tageslicht voll zur Geltung. Weitere Anbieter rund um das Thema Automobil sowie Gastronomie und Events runden das Angebotsspektrum ab. Wir freuen uns auch sehr, dass sich die Classic Remise zu einer der wichtigsten Sehenswürdigkeiten in Düsseldorf entwickelt hat und damit auch viele internationale Besucher anzieht.
Welches sind die beeindruckendsten Autos, die Sie seit Ihrer Gründung 1999 verkauft haben?
Viele einzigartige und besondere Fahrzeuge sind seit der Gründung von Movendi durch unsere Hände gegangen. Da jedes Auto seinen individuellen Charme hat und der Wert eines Fahrzeugs nicht unbedingt seine Exklusivität oder Besonderheit ausdrückt, kann ich kein einziges herausgreifen. Sicherlich sind zum Beispiel der älteste Iso der Welt sowie ein Mercedes 770K und ein nur einmal gebauter Porsche Glöckler erwähnenswert. Zu den wertvolleren Autos gehören ein Aston Martin DB4 GT oder die „Big Five“ von Ferrari, aber jedes einzelne Auto hat seinen ganz eigenen Charme, die Emotionen, die es bei einem Sammler auslöst, sind wichtiger als sein Marktwert.
Was sind Ihre drei Lieblingsautos, die Sie derzeit im Bestand haben, und warum?
Unter den Exponaten, die mich aktuell am meisten begeistern, ist ein Porsche 962 C des Teams Obermaier, der dreimal in Le Mans gestartet ist und 1987 mit dem Fahrertrio Jürgen Lässig/ Pierre Yver/Bernard de Dryver sogar den zweiten Platz im Gesamtklassement belegte. Ein glücklicherweise noch authentisches und unrestauriertes Originalfahrzeug in den Farben des Bewerbers Primagaz Competition. Außerdem haben wir derzeit zwei BMW 507 Roadster der ersten und zweiten Serie sowie deren direkten Konkurrenten, einen Mercedes-Benz 300 SL Roadster. Ein weiteres Highlight ist ein originaler Ferrari 250 GT California Spider.
Was hat sich in der Szene der Sammlerfahrzeuge in den letzten zwei Jahrzehnten am meisten verändert?
Vor etwa zehn bis 20 Jahren haben wir viele Klassiker an echte Liebhaber verkauft, die sich vielleicht einen Kindheitstraum erfüllen oder ihre Sammlung vervollständigen wollten. Petrol heads, die ein Auto für die Mille Miglia, Le Mans Classic, Goodwood oder die Classic Days, die ja quasi vor unserer Haustür stattfinden, suchten.
Damals wurde eine Kaufentscheidung getroffen, um zum Beispiel eine Tour durch die Alpen zu machen. Zugleich war die Nachfrage nach Vorkriegsklassikern und Fahrzeugen aus den 50er- und 60er Jahren sehr hoch.
In den letzten zehn Jahren kamen mehr und mehr Spekulanten hinzu und beeinflussten den Markt. Die Preise stiegen rapide an. Dadurch wurden die Marke, die Seltenheit des Modells, das letzte Auktionsergebnis oder das Vorhandensein eines Classiche-Zertifikats zu entscheidenden Faktoren für die Kaufentscheidung.
Ab etwa 2017 hat sich der Markt etwas beruhigt, was die Enthusiasten als Käufer zurückgebracht hat. Für diese ist neben dem Zustand des Exterieurs sehr wichtig, ob die Technik funktioniert oder nicht. Sie wollen ein Fahrzeug kaufen und es nutzen, anstatt es wie ein Ausstellungsstück zu behandeln, das nur zum Anschauen da ist. Die jüngste Generation von Käufern bringt neue Veränderungen auf dem Markt mit sich. Wir haben festgestellt, dass das Interesse an moderneren Fahrzeugen stetig zunimmt. Autos, die zur Zeit der Gründung von Movendi neu waren, sind jetzt zu begehrten modernen Klassikern geworden.
Von welchen Oldtimern erwarten Sie, dass sie in den nächsten Jahren noch nachgefragter werden?
Dazu gibt es eine Leitlinie, die schon für heutige Sammlerfahrzeuge gilt: Es sollte ein Fahrzeug eines „lebenden", also noch produzierenden Herstellers sein, vorzugsweise ein Sportwagen oder ein Cabrio, das in kleinen Stückzahlen gebaut wird und vielleicht eine einzigartige Farbkombination und auf jeden Fall ein unvergleichliches Design aufweist. Hier denke ich zum Beispiel an einen manuell geschalteten Aston Martin Vantage V12 oder als günstigere Alternative an einen Porsche Boxster der ersten Generation, möglichst nicht in den gängigen Farben wie Silber oder Schwarz. Persönlich würde ich auch immer ein Schaltgetriebe bevorzugen.
Glauben Sie, dass irgend eines der heute auf dem Markt befindlichen Autos das Potenzial hat, irgendwann zu einem Klassiker zu werden?
Zweisitzige Sportwagen mit einem leistungsstarken Motor und einem außergewöhnlichen Design werden immer das Potenzial haben. Die Kurven eines Porsche 911 GT3 Touring zum Beispiel, gepaart mit der spannenden Kombination aus Saugmotor und Schaltgetriebe, sehe ich als potenziellen Klassiker, denn diese reizvolle Spezies wird immer seltener. Ich möchte jedoch, dass sie nicht nur als Skulpturen gesehen werden, sondern ihrem eigentlichen Zweck frönen dürfen – dem Fahren auf der Straße.
Gibt es ein Auto, von dem Sie sich wünschen, Sie hätten es nicht verkauft und stattdessen für sich selbst behalten?
Ich gehöre nicht zu den typischen Jägern und Sammlern. Im Laufe der Jahre gab es viele Autos, bei denen mir die Entscheidung, sie zu verkaufen, schwer fiel. Aber ich wusste, dass diese wertvollen Objekte in guten Händen sein und von ihren neuen Besitzern geschätzt werden würden. Die Erkenntnis und die Zuversicht, dass noch viele weitere wunderbare und einzigartige Fahrzeuge ihren Weg zu mir finden werden, reizt mich mehr als der dauerhafte Besitz.
Welche Events werden Sie 2023 besuchen?
Die erste Oldtimermesse in diesem Jahr wird die Retromobile in Paris sein, an der wir zum achten Mal teilnehmen. Wir werden dort einige wirklich außergewöhnliche Modelle ausstellen. Danach folgt die Techno Classica in Essen, ebenfalls eine bewährte Veranstaltung, die fast vor unserer Haustür liegt. Unser Highlight in diesem Jahr wird sicherlich das 100-jährige Jubiläum der 24 Stunden von Le Mans sein. Wie im letzten Jahr werden wir dort ein thematisch passendes Angebot präsentieren. Außerdem planen wir derzeit die Mille Miglia als Teilnehmer und Pebble Beach als Besucher.
Abschließend: Was steht 2023 für Movendi an?
Ich würde gerne unser Team erweitern, um mehr Zeit für unsere Kunden zu haben. Viele Sammlungen unserer Kunden kenne ich nur von Fotos, und ich würde gerne endlich die vielen Einladungen annehmen, sie zu besuchen. Einige unserer Kunden wollen ihre Kollektionen ausdünnen oder gezielter und hochwertiger werden. Der Gedanke, diese Herausforderung zu meistern, reizt mich sehr.
Fotos von Remi Dargegen
