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Rendezvous mit der rasenden Atomphysikerin Cici Muldoon und ihrem Ferrari 250 «Hot Rod»

Balletttänzerin, Wissenschaftlerin, Rennfahrerin, Weinanalystin – Cici Muldoon ist eine Frau mit verblüffend vielen Talenten. Wir trafen Sie und Lupo, ihren neuen Ferrari 250 GT PF «Hot Rod», um mehr zu erfahren.

Cici, es ist wunderbar, Dich wieder einmal zu treffen. Es mutet wie eine Ewigkeit an, seit wir uns das letzte Mal bei einem Auto-Event irgendwo auf der Welt gesehen haben. Nun sitzen wir hier zusammen mit Lupo, Deinem aufregenden neuen Ferrari 250 GT PF Coupé. Doch ehe wir auf ihn zu sprechen kommen, würden wir gerne wissen, was sonst noch alles in Deiner Garage steht...

Okay. Da wäre zunächst Froglet, ein 1955er Triumph TR3 mit ‚kleinem Maul‘. Als nächstes Hector, ein schwarz/roter MG PA Baujahr 1934. Und dann haben wir noch Viola, einen 1974 gebauten 246 GTS Dino in Viola Metallic. Natürlich nicht zu vergessen Lupo, den wir heute treffen: ein nur einmal 1954 gebautes 250 GT PF Coupé mit einem Rennmotor. Weiter zu nennen ist die Goldene Giraffe, der dreisitzige 004S Glickenhaus mit zentralem Fahrersitz. Und gerade haben ich den Kauf eines Ginetta G4 Baujahr 1964 vereinbart, zum Rennen fahren mit meinem Freund Simon.

Was für eine großartige Sammlung. Erzähl uns doch ein wenig mehr über Deinen automobilen Hintergrund, der ja sehr stark durch die Familiengeschichte geprägt zu sein scheint.

Ich komme aus einer Familie von Autosammlern, Enthusiasten und Hobbyrennfahrern. Meine besondere Begeisterung für Klassiker entwickelte sich jedoch erst in meinen späten Zwanzigern. Da begann ich zu meinen Unizeiten einen Club namens OUMF zu besuchen – das Kürzel steht für Oxford University Motor Sports Foundation. Ich bin an allen mechanischen Dingen interessiert, mein Studium schloss ich in Oxford mit einem wissenschaftlichen Doktorgrad (Ph.D) in experimenteller Atom- und Laser-Physik ab und führte Studien zu experimenteller Physik durch. Wenn ich ein Autorennen besuche, möchte ich immer verstehen, was alles mechanisch vor sich geht.

Und der andere Aspekt ist der des Jurors bei Concours, eine Rolle, in die ich ziemlich früh hineinwuchs, bei meinem ersten Pebble Beach war ich gerade drei Jahre alt! Das war mein Entrée in die Welt der klassischen Automobile. Jury-Mitglied zu sein ist zwar nicht meine Lieblingsbeschäftigung – lieber fahre ich selbst und schraube an den Autos – doch ich habe dadurch viel gelernt und ich mache es auch wirklich gerne. Schon als ich in meinen Zehnern und Zwanzigern war, ging ich einfach um die Felder, machte Fotos und Notizen und begann, über die Autos zu lesen und mich so fortzubilden. Irgendwann schlug jemand vor: ‚Warum versuchst Du es nicht als Jurorin?, weil es doch so ähnlich ist.‘ Eingeführt in diese Szene haben mich dann vor allem Adolfo Orsi und Christian Philippsen. 

Deine Eltern sammeln ebenfalls Autos. Hat das dazu geführt, dass Du schon sehr früh in Kontakt mit Autos kamst?

Schon mein Großvater besaß Autos, und mein Vater begann dann auch damit. Mein Patenonkel ist Giuseppe Risi, er war Ferrari-Händler und gründete 1997 das Ferrari- und Maserati-Rennteam Risi Competizione. Das Vereinigte Königreich ist ein Auto-Land, die Automobil-Historie ist hier überall greifbar, ebenso die Begeisterung. Am Ende kommt man mit Auto-Kumpels zusammen und plötzlich sind alle Deine Freunde Händler oder Rennfahrer!

Ehe wir zu der Frage kommen, was Du heute hauptberuflich machst, wollen wir kurz über Dein Ballett sprechen. Sollte das ein professioneller Karriere-Pfad werden?

Ja, ich war auf dem Weg zum Professional. Ich begann mit dem Tanzen schon kurz vor meinem dritten Geburtstag, also im gleichen Jahr wie mein erstes Pebble! Ich ging zum Pariser Opern Ballett und zum San Francisco Ballett, und ich war ziemlich gut. Dann kam der Tag der großen Entscheidung. Ich hätte an die New York City Ballett Schule gehen und dafür meine normale akademische Ausbildung aufgeben müssen. Das ist die Krux mit dem Tanzen – Du musst mit 16 einsteigen und mit 24 bist Du ein alter Hut. 

Dann intervenierte mein Vater ein und sagte: „Okay. Sie ist sehr gut im Akademischen, das Ballett wäre Verschwendung.“ Für mich war das damals sehr hart, ich konnte es nicht akzeptieren. Ich kam dann an die Harvard Feeder School, die Top-Schule in den USA, auf die zur gleichen Zeit mit mir übrigens Mark Zuckerberg ging! Doch ich hörte mit dem Tanzen nie auf. 

Was für eine Reise! Apropos Reisen: Was wäre für Dich der ultimative automobile Glücksort?

Ich liebe Genuss-Rallyes, also Touren ohne Zeitnahme. Am liebsten zusammen mit meiner Mutter als Beifahrerin, was sehr oft der Fall ist. Wobei sie uns auch schon mal gerne in die Irre führt, was dann sehr lustig sein kann. Zum Ort: vielleicht irgendwo in Norditalien. Ich habe mehrmals Touren von Monaco nach Venedig gemacht oder rund um Norditalien. Ich finde die ganze Gegend sehr aufregend und ganz besonders verehre ich die Villa d’Este. 

Doch weißt Du was? Das beginnt sich gerade zu verändern. Denn urplötzlich kommen Leute wie Jim Glickenhaus und sagen: ‚Komm auf die dunkle Seite, komm und guck Dir Rennen an.‘ Ich verbrachte darauf ein Wochenende beim WEC-Lauf in Portimão und da gab es fast nichts fürs leibliche Wohl. Nichts zum Sitzen, kein Alkohol, kein gutes Essen. Doch ganz ehrlich, ich hätte nicht glücklicher sein können als in dieser Box zu sitzen und alles über die Technik der Rennwagen aufzusaugen.

Okay, kommen wir jetzt zu Deiner eigenen Firma, dem britischen Start-up VeriVin. Es haut mich jedes Mal um, wenn Du versuchst, es mir zu erklären.

Die Idee hinter VeriVin ist sehr interessant. Es klingt sehr trocken, doch am besten lässt es sich so beschreiben: eine schnelle, sichere und nicht-invasive Analyse chemisch komplexer Flüssigkeiten in versiegelten Behältern. In praktischer Hinsicht können wir so die Bestandteile – in unserem Fall – einer Flasche Wein analysieren, ohne sie dazu öffnen zu müssen. Mir ist bewusst, das es eine Million Applikationen gibt, bei denen ein solcher Scan relevant ist. Einige haben wir auch schon studiert, wie Öl, Honig, alle Sorten von Spirituosen etc. 

Doch bis auf weiteres ist Wein unser Geschäftsfeld. Wir finden, dass die Weinindustrie sehr speziell ist. Es ist diese organische, handwerkliche Substanz, die ein wenig mehr Spielraum eröffnet als in anderen Branchen, und es gibt ein großes Problem mit gefälschten Weinen, der Qualitätskontrolle, der Herkunftsverfolgung sowie den Lager- und Transportbedingungen. Der Grund, warum dies alles relevant ist, liegt darin, dass gerade bei guten Weinen in Zeiten niedriger Zinsen ein riesiger Sekundärmarkt entstanden ist. Wo Wein heute eine Anlageklasse ist und als Anlageklasse gehandelt wird. Nicht zum Trinken, sondern buchstäblich als Geldanlage.

Zum Teil geht VeriVin auch auf meine Liebe zu Weinen zurück. Doch auch aus physikalischer Perspektive ist das ein faszinierendes Problem, denn wir reden hier von einer wässerigen Mischung aus 85 Prozent Wasser und je nach alkoholischem Gehalt des Weins 12 bis 14 Prozent Ethanol. Der Unterschied zwischen einem Roten aus dem unteren Supermarkt-Regal und einem Château Lafite liegt in nur einem bis zwei Prozent der ganzen Mixtur. Und die besteht aus über 1000 organischen Molekülen, die sich alle sehr ähneln. Das interessiert uns bei der Analyse. Den Fingerabdruck, den wir hinterlassen wollen und der im positiven Fall als Echtheits-Zertifikat gilt, kommt aus diesem einen Prozent.

Das ist eine wirklich beeindruckende Arbeit, die sich in so viele andere Bereiche weiterentwickeln kann. Doch erzähl uns doch zum Schluss bitte noch etwas zu Lupo, dem 250 GT PF, und wie es dazu kam.

Lupo hat eine sehr interessante Vorgeschichte. Im letzten Jahr war ich hinter einem 3/4.5 litre Bentley her, das sollte mein nächstes Auto werden. Freunde schauten sich überall um, und meine eigene Motivation speiste sich aus Besuchen bei vielen Benjafield Events, die ich sehr liebe. Dann rief mich plötzlich mein Vater an und sagte: ‚Weißt Du was? Ich habe ein Auto für Dich gefunden.‘ Und ich darauf: ‚Mega, Dad. Du hast einen Bentley entdeckt?‘ Darauf er: ‚Nein, einen Ferrari.‘ Darauf meine Reaktion: ‚Und Himmels willen!‘ Der Name kommt von Lupo Cattivo, was im Italienischen für den 'großen bösen Wolf‘ steht. Der Wagen ist mit diesem Motor und dem roten Interieur ein Wolfs im Schafspelz und erinnert an das Märchen vom Rotkäppchen!

Für mich ist jeder Ferrari mit einem V12-Colombo-Motor per se ein wichtiges Stück Ferrari Geschichte. Dieses Modell ist aber noch einmal etwas ganz Besonderes. Es wurde vom Schweizer Rennfahrer Willy Daetwyler, Europa-Bergmeister in der Saison 1957, bestellt. Und zwar direkt beim Werk als eine Art ‚Hot Rod‘, sprich mit einem Rennmotor und einer Rallye-Spezifikation. Wenn Du es genauer wissen willst: mit drei 40 DCL/6 Weber-Vergasern, Ansaugtrichtern, Scheibenbremsen, ‚scharfen‘ Nockenwellen und einem Sperrdifferential. Im Grunde ein SWB-Motor in einem PF Coupé.

Ich möchte ihn am liebsten überall fahren. Vielleicht trete ich damit bei der Rallye des Légendes an, mache das Richard Mille Event in Frankreich und fahre, wenn ich die Zeit dazu haben, mit ihm runter zur Villa d’Este.

Wir freuen uns, Dich und Lupo im weiteren Verlauf des Jahres bei einigen Events zu sehen. Vielen Dank für das Interview, Cici.

 

Fotos: Tom Shaxson

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