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Diese Autos stahlen die Show beim Pebble Beach Concours d'Elegance

Die Automobilwelt dreht sich vielleicht schneller als je zuvor – doch der Pebble Beach Concours d'Elegance trotzt den Wirren der Zeit wie ein Fels und feiert die Höhepunkte des Karosseriebaus und der Automobilkultur des 20. Jahrhunderts.

Im Sommer 2025 steht die Automobil-Industrie am Rande eines Nervenzusammenbruchs. Handelskriege, Zölle und ein nicht enden wollender Strom schriller Tiktok-Videos haben die Autobauer bereits in Aufruhr versetzt. Zugleich versuchen sie verzweifelt, das Rad neu zu erfinden, ohne von drohenden Verbrennerverboten (im guten alten Europa), der in den USA durch Trump aufgekündigten Roadmap zur Senkung der Flottenverbräuche und -emissionen sowie wankelmütigen Verbrauchergewohnheiten überrollt zu werden. Gleichzeitig wächst die Nachfrage nach noch maßgeschneiderteren, extrem schnellen und sündhaft teuren Hypercars – wilde Kreationen wie der Meyers Manx All-Terrain-Hyperbuggy LFG, Gordon Murrays McLaren F1 Restomod oder der nur einmal gebaute Bugatti Brouillard hatten alle am letzten Freitag ihre 15 Sekunden Instagram-Ruhm bei The Quail. Bei RM Sotheby's wurde unterdessen ein maßgeschneiderter Ferrari Daytona SP3 von 2025 für wohltätige Zwecke für $ 26 Millionen versteigert. Doch während sich die moderne Automobilwelt immer schneller dreht, gibt es eine Institution, die den Wirren der Zeit trotzt. Eine Weltkulturerbestätte für Automobilkultur, in der handgefertigte Art-déco-Kreationen von vor einem Jahrhundert noch immer als Goldstandard für Kultiviertheit und Geschmack gelten: Der Pebble Beach Concours d'Elegance, seit 1950 abgehalten auf dem Rasen des berühmtesten Golfplatzes Kaliforniens.

In diesem Jahr konkurrierten 229 Autos – 55 internationale Automobile aus 22 Ländern und 174 US-Preziosen aus 31 Bundesstaaten – um Klassensiege und den Hauptpreis, die „Best of Show“-Trophäe. Zur unchristlichen Zeit von 5:30 Uhr am Sonntagmorgen versammelten sich die eingefleischtesten Autoenthusiasten, Fotografen und Sammler im Halbdunkel, um zuzusehen, wie die unbezahlbaren Showcars auf den Rasen gefahren und für die Bewertung auf dem 18. Fairway des Pebble Beach Golfkurses positioniert wurden. Und was sich da entlang der Pazifikküste aufreihte, zählte zu den begehrtesten und legendärsten Sammlerautos des 20. Jahrhunderts. Stundenlang konnte man Ferrari 250 LM, Testarossa oder Tour de France, Aston Martin DB4GT Zagatos, Lamborghini Miuras und Mercedes-Benz 300 SL im Sonnenaufgang bewundern. Doch uns zieht es meist eher zu den weniger bekannten und überraschenden Kreationen der Automobilgeschichte. Und in diesem Jahr gab es in dieser Hinsicht viel zu entdecken. Das Auswahlkomitee von Pebble Beach hatte Sonderklassen eingerichtet, um nicht nur eine, sondern gleich drei Hundertjahrfeiern zu würdigen – jene von Chrysler, Invicta und Moretti.

Chrysler wurde 1925 vom Eisenbahnmechaniker Walter P. Chrysler gegründet. Die Marke erwarb sich schnell einen Ruf für technische Innovationen und die Zusammenarbeit mit den besten Karosseriebauern der Vorkriegszeit. In den 1930er-Jahren entstanden stromlinienförmige Meisterwerke wie der Airflow, gefolgt von den charmanten Town & Country „Woodies“ der 1940er – oft mit einem hölzernen Kanu auf dem Dach, wie beim diesjährigen Concours zu sehen – und den Modellen mit Heckflossen der 1950er. Ein Höhepunkt der Jubiläumsausstellung in Pebble Beach war der seltene Imperial Parade Phaeton, einer von nur drei gebauten, an dem stolz Sternenbanner wehten. Den ersten Preis in der Chrysler-Jahrhundertklasse strich jedoch ein Chrysler Imperial CL LeBaron Phaeton von 1933 ein, während ein Chrysler Town & Country Station Wagon von 1942 den Sieg in seiner Kategorie davontrug.

Invicta wurde von Noel Macklin und als Finanzier Oliver Lyle im englischen Cobham in Surrey gegründet und war nur etwas mehr als ein Jahrzehnt im Geschäft, nämlich von 1925 bis 1935. Ihre frühen Modelle erwarben sich den Ruf, mit ihren 2,5-Liter-Meadows-Motoren leicht und wendig zu sein, und Macklins Schwägerin Violette Cordery sorgte für wertvolle PR, indem sie Sprints in Brooklands gewann und 1926 als Mitglied mehrköpfiger Teams in Monza und Montlhéry Langstreckenrekorde aufstellte. Von Invictas beeindruckendster Kreation, dem S-Type von 1930 mit „niedrigem“ Chassis und größerem 4,5-Liter-Meadows-Sechszylinder, entstanden nur 77 Einheiten, ehe die Weltwirtschaftskrise das Ende von Invicta einläutete. Den Klassensieg verlieh die Jury einem Invicta 4½ Litre S Type Corsica Drophead Coupé von 1933 aus Bahrain. 

Die Turiner Marke Moretti begann 1925 mit Motorrädern und Kleinstwagen, bevor sie nach dem Zweiten Weltkrieg auf Lastwagen und konventionelle Autos umstieg. Anders als viele andere „etceterini“ entwickelte Moretti fast alle Komponenten selbst, vom Motor bis zum Getriebe. Spätere Kooperationen mit Fiat führten bis 1989 zur Produktion von Sportwagen, doch es waren besonders der zweifarbige 750 Gran Sport und das elegante, komplett schwarze 1200 Gran Sport Coupé, die beim Pebble Beach Concours Aufmerksamkeit auf sich zogen. Am Ende ging der Klassensieg an den Londoner Ariel Shraga mit seiner Moretti 750 Gran Sport Berlinetta von 1954.

Ein weiteres Mitglied aus der amerikanischen Automobil-Hall of Fame, die Shelby Cobra 427, feiert dieses Jahr ihren 60. Geburtstag. Der 427 Kubikzoll (7,0 Liter) große Ford-Motor war zweifellos einer der gefürchtetsten Konkurrenten seiner Zeit und verhalf Carroll Shelbys Roadstern von Anfang an zur Dominanz in den Serien des SCCA. Das Komitee von Pebble Beach begrüßte neben der ersten und letzten Serien-Cobra auch die vier Varianten dieses legendären US-Rennwagens: „Comp“ (Wettbewerb), S/C (Semi-Wettbewerb), Street und Narrow Hip. Das Siegerauto war ein Shelby Cobra 427 Competition Roadster von 1966, den Peter Klutt aus Halton Hills, Kanada, nach Kalifornien brachte.

Neben den drei 100-Jahr-Jubiläen erwies Pebble Beach in diesem Jahr Virgil Exner, einem der visionärsten Autodesigner des 20. Jahrhunderts, seine Referenz. Der 1909 in Ann Arbor geborene Exner sorgte für eine grundlegende Umgestaltung des amerikanischen Automobildesigns in der Nachkriegszeit und stieg schnell auf. Schon mit 26 war er Chefstylist bei Pontiac, mit 29 in ähnlicher Position bei Studebaker – und verlieh jedem Modell, an dem er arbeitete, Flair und Innovation. Seine Glanzzeit hatte er jedoch bei Chrysler, wo er aus der eher konservativen Marke einen Design-Vorreiter machte. Die Zusammenarbeit mit Ghia brachte einige der beeindruckendsten Entwürfe der Ära hervor, vom italo-amerikanischen Dual-Ghia bis zum seltsam-wunderbaren Bugatti Roadster Typ 101. In Pebble Beach umfasste die Ausstellung einen Chrysler Styling Special von 1952 und ein Dual Motors Dual-Ghia Cabriolet von 1957, siegreich in den beiden Exner-Klassen. An einen Chrysler Falcon von 1955 ging die „Spirit of Virgil Exner“-Trophy.

In Pebble Beach dreht sich traditionell alles um Karosserie-Eleganz und ikonisches Design – doch zum 75. Jubiläum der Formel 1 musste selbst der anspruchsvollste Autoclub der Welt einige Unruhestifter auf seinem manikürten Golfrasen dulden: Drei Klassen mythischer Monoposti, die sich an der Pazifikküste aufstellten, nahmen die Besucher mit auf eine einmalige Reise durch die Rennsportgeschichte.

Der Ferrari 640 von 1989, genannt von Simon Furlonger und Egon Zweimüller, zählte eindeutig zu den lautesten Autos, die jemals in Pebble Beach ihren Motor anließen. Er gewann die „Chairman’s Trophy“, während der „Phill Hill Cup“ an einen March 701 von 1970 ging, von Tom Hartley Jr. nach Kalifornien gebracht. Formel-1-Klassensiege errangen ein Lotus 49 von 1967 und ein Ex-Niki-Lauda Ferrari 312 T2 von 1976.

Unterdessen wurde das 50-jährige Jubiläum der BMW Art Cars mit einer Ausstellung der berühmtesten rollenden Leinwände gefeiert, darunter der unschätzbar wertvolle BMW M1 von Andy Warhol. Daneben erinnerte eine Flotte schwer gezeichneter Land Rover an die abenteuerlichsten Überland-Abenteuer der Marke aus den letzten 75 Jahren.

Um den Titel „Best of Show“ konkurrierten mehrere hochkarätige Konkurrenten. Darunter der Maybach SW38 Spohn Sport Zweisitzer von 1939, präsentiert von Dana und Patti Mecum aus Geneva Lake, Wisconsin; das Invicta 4½ litre S Type Corsica Drophead Coupé von 1933, vorgestellt von einem gewissen SBH aus Riffa, Bahrain und der Maserati 200SI Fantuzzi Open Sports Racer von 1956, präsentiert vom weidlich bekannten Phillip Sarofim aus Beverly Hills, Kalifornien. Das Classic Driver-Team war derweil besonders angetan vom Siata 208 CS Balbo Coupé von 1953 aus der Sammlung von Jonathan und Wendy Segal und von der Hispano-Suiza H6C Hooper Saloon Limousine von 1924. Sie war damals für den „Bentley Boy“ Glen Kidston gebaut worden und wurde nun von seinem Neffen Simon Kidston nach Pebble Beach gebracht.

Doch letzten Endes ahnten wir schon, dass es dieses Jahr nur einen Gewinner des Best of Show-Preises beim Pebble Beach Concours d'Elegance 2025 geben konnte, seit wir ihn am Freitag zum ersten Mal bei der Pebble Beach Tour d'Elegance sahen: der aerodynamisch inspirierte Hispano-Suiza H6C Nieuport-Astra Torpedo von 1924, besser bekannt als „Tulipwood Torpedo“. Inspiriert vom Flugzeugdesign und mit einer Karosserie aus Mahagonistreifen, die jeweils einzeln in Form geschnitzt und mit 8.500 Nieten an den Innenrippen befestigt wurden, wurde dieses Kunstwerk vom französischen Aperitif-Spross, Weltkrieg-1-Fliegerass, Olympioniken (St. Moritz, 1928) und Erfinder André Dubonnet in Auftrag gegeben und 1924 bei der Targa Florio und der Coppa Florio eingesetzt. 2022 war das Unikat bereits der Star der Monterey-Auktion von RM Sotheby's gewesen. Es erzielte dort $ 9,245 Millionen – und sicherte sich damit den Platz als einer der bedeutendsten und spektakulärsten Hispano-Suiza aller Zeiten.

Besitzer des diesjährigen Gesamtsiegers sind Penny und Lee Anderson Sr. aus Naples, Florida. Laut Lee Anderson sei es das viele Holz gewesen, das ihn zuerst an dem Auto angezogen habe. „Ich mag Holz! Ich sammle antike Holzboote, habe vor 40 Jahren damit angefangen, bevor das in Mode kam. Ich habe lackiertes Holz schon immer gemocht, und als ich das hier sah, dachte ich: Meine Güte! Das ist genau mein Ding. Das gefällt mir wirklich.“ In Pebble Beach zu gewinnen, sei wahrscheinlich die höchste Auszeichnung, die man in der weltweiten Kollektorszene bekommen könne, so Lee weiter. „Wir sind sehr glücklich, dass wir das nun schon zweimal geschafft haben.“ In der Tat hatten die Andersons beim Pebble Beach Concours von 2022 mit einem Duesenberg J von 1932 mit Figoni-Karosserie schon einmal den Hauptpreis mit nach Hause genommen.

Unterdessen war Fritz Burkard, der letztjährige „Best of Show“-Gewinner, nach einem über 3000 Meilen langen Roadtrip von Küste zu Küste mit seinem Bugatti Type 57 Atalante Rolltop Coupé von 1937 von Newport, Rhode Island nach Pebble Beach zurückgekehrt – und bewies damit einmal mehr, dass es kein schöneres Auto gibt als eines, das mit Leidenschaft auf der Straße gefahren wird.

Fotos: Rémi Dargegen für Classic Driver © 2025

Aus dem Englischen von Thomas Imhof