Heute noch als Exoten bestaunt, wird ihr Antriebskonzept in wenigen Jahren die Normalität auf unseren Straßen sein.
An einer restaurierten Art-Deco-Tankstelle aus den frühen 50er Jahren im Hamburger Stadtteil Rothenburgsort treten beide den Beweis an, dass Elektromobilität bereits heute nicht mehr nur eine Vision von den Automessen und Hochglanzseiten der Herstellerbroschüren ist, sondern eine praxisnahe Alternative im Autoalltag 2012.
Tesla Roadster – weltweit erster Elektro-Klassiker



Der Tesla übernimmt bei unserem Treffen dabei die Rolle des Grand Seniors. Seit vier Jahren auf dem Markt, übertraf er bei seinem Debüt alle Erwartungen. Der zweisitzige Roadster verfügt über eine stattliche Leistung von 185 Kilowatt und beschleunigt explosionsartig aus nahezu jeder beliebigen Geschwindigkeit heraus. Dazu ein von Lotus anerzogenes präzises Fahrverhalten, und fertig ist der Vorzeigesportler in E-Version, lange bevor die Großserienhersteller Vergleichbares auf Band gelegt haben. Doch nun, nach 2.500 Exemplaren ist es Zeit zu gehen für den rund 130.000 Euro teuren Roadster. Die Kooperation mit Lotus ist ausgelaufen, und Tesla hat neue Pläne. Die Limousine Tesla Model S steht auf der Startrampe, ein SUV dreht bereits im Prototypenstadium seine Runden und auch ein exklusiver Kleinwagen ist in Planung. Dazu passen die selbstbewussten Auftritte der Marke, etwa in Flagship-Stores in München oder, wie jüngst eröffnet, in der Hamburger Hafencity. Keine Frage: Tesla begegnet dem Thema Elektromobilität auf höchstem Niveau. Eine Strategie, die der Verbreitung der neuen Antriebstechnik sicher gut tut, braucht es doch derzeit noch die Finanzkraft der Kunden, um die Projekte ausreichend zu unterstützen.
Renault Twizy – Mobilität zum kleinen Preis



Angesicht dieser Entwicklung kann der Renault Twizy nur durch seine kreisrunden Kulleraugen erstaunt dreinschauen. Für einen Tesla Roadster erhielte man etwa 19 Twizy in der leistungsstarken 13-Kilowatt-Version. Die hat dabei auch nicht viel weniger Platz als der Tesla und mindestens den gleichen Showeffekt. Renault tritt mit dem Elektromobil in der untersten Klasse an und will sich keinesfalls als Wettbewerber zu kommenden Kleinwagen mit E-Antrieb verstanden wissen. Der Twizy soll Spaß machen und die Lust am elektrischen Fahren vermitteln. Wahlweise mit oder ohne halbhohe Türen dürfte der „Elektroscooter“ (zulassungstechnisch ist er ein Quad) bereits in diesem Sommer das angesagteste Spielzeug an den Stränden von Nizza oder St. Tropez sein. Ganz anders als der Tesla lebt der Twizy dabei von seiner Unkompliziertheit. Statt High-Tech gibt es genau drei Schalter und zwei Pedale. Ein multifunktionaler Tacho besorgt den Rest. Das Ganze übrigens völlig wetterfest und wartungsfrei. Wenn es schauert, läuft das Wasser durch die Löcher in den Sitzen und dem Boden einfach wieder ab. So gerüstet kann der Twizy nahezu jede feucht-fröhliche Strandparty überleben. Sein größter Nachteil hingegen fällt vermutlich nur wenigen Besitzern auf, denn bei Regen wird die Twizy-Besatzung gnadenlos von allen Seiten geduscht. Ein willkommener Spaß bei 30 Grad, eher unangenehm im norddeutschen Schmuddelsommer 2012.



Tesla und Twizy – die ideale Besetzung des Fuhrparks 2.0? Die Tankstelle bald wirklich nur noch ein Treffpunkt zum Kaffee fassen und Bockwurst essen? Wohl kaum, denn noch sind die Konzepte der Elektrofahrzeuge nicht wirklich ausgereift. Der Tesla bietet zwar Fahrspaß, ist jedoch trotz seiner hohen Reichweite ein eher unpraktischer und teurer Sportwagenersatz. Der Twizy hingegen hilft zumindest im sonnigen Alltag in Südeuropa die kurzen Wege zum Strand und zum Kiosk ökonomischer zu gestalten. Als vollständiger Autoersatz taugt er aufgrund seiner Konstruktion jedoch auch nicht. Doch manchmal muss ja auch nicht alles einen Bier ernsten Sinn haben, sondern darf einfach nur Spaß machen. Genauso wie unsere Museumstankstelle ohne Zapfsäulen. Sie dient mittlerweile als TÜV Station und Treffpunkt der Hamburger-Klassiker-Szene. Danke Tanke!
Fotos: Jan Richter