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Magazin

Porsche 914/6 GT

Porsche Light

Text & Fotos: Mathias Paulokat

Von wegen Volks-Porsche: der Porsche 914/6 GT mit 2,0-Liter Boxermotor ist ein Porsche für Kenner. Die seltenen GT-Modelle stellen die besonders sportliche Variante des kompakten Targa-Modells dar. Classic Driver Händler Jörg Bratke hat ein komplett neu aufgebautes Fahrzeug für das Meilenwerk, Forum für Fahrkultur, im Rallye- und Renneinsatz.

Es ist noch gar nicht so lange her, da schmunzelten manche Zeitgenossen abfällig über den Sportwagen mit der Kennung 914. „Das ist doch kein echter Porsche!“ lautete das Urteil über den kleinen Mittelmotor-Sportwagen mit Klappscheinwerfern in der flachen Front und luftigem Targadach über dem tief liegenden Cockpit, welches im hinteren Kofferraum verstaut werden konnte. In der Tat unterschied sich der 914 von seinem großen Bruder, dem klassischen Porsche 911 Targa in zahlreichen Punkten. Das aber ist heute längst kein Grund mehr, den VW-Porsche zu verschmähen.

Das Gegenteil ist der Fall. Gute Exemplare – vor allem solche, mit dem stärkeren Sechszylinder-Boxermotor – sind gesucht. Es handelt sich um junge Klassiker mit Zeitgeist-Kult. Und originale Fahrzeuge in gutem Zustand können in punkto Fahrzeugwert mit klassischen 911er locker mithalten. „Der 914/6 GT spielt allerdings noch eine Liga höher“, erklärt Jörg Bratke von Bergen, der als Classic Driver Händler bei der Rallye Hamburg-Berlin Klassik dem Meilenwerk-Rennteam angehört. „Der GT stellt die renntaugliche Version des 914 dar. Unser Auto aus dem Jahr 1972 ist ein originalgetreuer Aufbau des einstigen Max Moritz Rennwagens. Entsprechende FIA-Papiere gemäß Anhang K begleiten das Fahrzeug.“

Die Entstehung des 914

Porsche und Volkswagen, das ist keine neue Liaison. Was mit dem Ur-Käfer begann, nahm im Laufe der Geschichte immer wieder neue Formen an. So wollte Volkswagen Mitte der 1960er Jahre den zwischenzeitlich veralteten Volkswagen Karmann Ghia durch ein modernes Fahrzeug ersetzen. Es sollte ausreichend sportlich und vor allem massentauglich sein. Die seinerzeit engen Bande zwischen VW und Porsche führten zu einer Kooperation. Denn Porsche besaß zu dem Zeitpunkt im Segment für das breite Publikum kein überzeugendes Fahrzeug. Die Epoche der lange gebauten 356er Modelle war bereits vorüber. Und der Porsche 912, eine Vierzylinder-Sparvariante des 911, konnte sich aufgrund von Kraftermangelung nicht am Markt durchsetzen.

Die Idee: das neue und gemeinsam konstruierte Fahrzeug sollte sowohl bei Volkswagen als auch bei Porsche erhältlich sein, was im Gegenzug die Entwicklungskosten für beide Parteien reduzieren sollte. Die Karosserie aus Stahlblech sollte von Karmann kommen. Allerdings brachte ein Führungswechsel bei Volkswagen das per Handschlag vereinbarte Agreement zwischen Ferry Porsche (Porsche) und Heinrich Nordhoff (Volkswagen) ins Wanken. Mit dem unglücklichen Ergebnis, dass eine eigenständige „VW-Porsche Vertriebs GmbH“, kurz „VG“, die Geschicke der Vermarktung übernahm. Und die startete nicht gerade erfolgreich. Mangelndes Image, anfängliche Verarbeitungsschwächen und Korrosionsneigung degradierten das Fahrzeug zum „VoPo“ – zum Volks-Porsche. Immerhin: Von dem VW-Porsche entstanden von Herbst 1969 bis 1976 knapp 120.000 Einheiten.

Die meisten Fahrzeuge des Typs 914 produzierte Karmann in Osnabrück als VW-Porsche mit der genauen Bezeichnung 914/4. Diese Fahrzeuge hatten den Vierzylinder-Boxermotor des VW 411 E, der aus 1,7 Liter Hubraum 80 PS leistete. Ab 1973 kam ein auf 2,0 Liter Hubraum vergrößerter Vierzylinder-Motor zum Einsatz. Das Modell Porsche 914 (Chiffre: 914/6) wiederum wies den 110 PS starken Motor aus dem Porsche 911 T mit 2,0 Liter Hubraum und sechs Zylindern auf. Dieses Modell wurde bei Porsche in Stuttgart hergestellt. Hier entstanden auch rund 30 Werks-Porsche 914/6 GT Fahrzeuge. Hinzu kommen noch rund 400 offizielle Porsche GT-Umrüstkits.

Die GT-Variante

„Die originale GT-Variante des Porsche 914/6 weist bereits ab Werk Kotflügelverbreiterungen und Karosserieverstärkungen auf. Zudem wurde die Kühlleistung des Boxers mit einem Front-Ölkühler erhöht“, erklärt Jörg Bratke von Bergen. Beim Motor handelte es sich im Original um den 2,0-Liter Boxer mit Doppelzündung. „Die Autos wurden recht erfolgreich im Rennsport eingesetzt – vor allen Dingen bei Rundstreckenrennen.“ Bekannt ist hier vor allem das Max Moritz Rennauto aus dem Jahr 1970, Fahrzeug Nummer 19 der originalen GT-Modelle.

Der Bratke/Meilenwerk 914/6 GT in Condagrün ist rechtzeitig für den ersten Einsatz auf der Hamburg-Berlin-Klassik als eines von zwei Meilenwerk Teilnehmerfahrzeugen fertig geworden. Im Motor arbeiten jetzt Pleuel aus Titan, sowie Ventile und eine schärfere Nockenwelle aus dem Porsche 914. So hochgerüstet leistet der Boxer rund 180 PS. Ein Doppelrohrauspuff sorgt zudem für mehr Durchsatz. In der Fahrzeugfront sitzt ein Renntank. Die Klappscheinfwerfer sind arretiert, der ursprüngliche Hebemechanismus ist aus Gewichtsgründen entfernt. Die Hauben aus Stahlblech sind aus denselben Gründen solchen aus GfK mit einer Verstärkung aus Balsaholz gewichen. Innen ist der für den Renneinsatz zwingend erforderliche Käfig montiert, der nun auch das Dach fixiert. Zwei Schalensitze mit Sechspunkt-Gurten klammern Piloten und Navigator an das Fahrzeug fest. Armaturenbrett und Seitenverkleidungen sind ebenfalls gewichtsoptimiert. Das Lenkrad ist tief geschüsselt und für einen besseren Griff dick aufgepolstert. „Insgesamt bringt das Auto nun etwa 900 Kilogramm auf die Waage“, sagt Jörg Bratke von Bergen.

Der Fahreindruck

Entsprechend agil läßt sich der 914/6 GT bewegen. Der Motor dreht problemlos bis 7.800 Touren. Ab rund 4.000 Touren wird es dabei laut. Doch der Boxer braucht hohe Drehzahlen, um vernehmbar anzuschieben und Tempo aufzunehmen. Über ein verkürztes 915er Getriebe und eine verstärkte Rennkupplung legt Bratke die Gänge ein. Schnell machen sich die Tugenden des 914 bemerkbar: ein tiefer Schwerpunkt und das Mittelmotorkonzept sorgen für ein auffallend ausgewogenes und gutmütiges Fahrverhalten.

Hierzu trägt auch das straffe Bilstein-Fahrwerk mit Mini-Lite Felgen bei. Der grellgrüne Meilenwerk-Renner geht mit hohem Tempo durch Kurven, ohne dabei hektisch oder nervös zu wirken. Mit Bremsen des 911 S Modells hält Jörg Bratke von Bergen seinen Porsche 914/6 GT im Zaum. Und er ist zufrieden: „Der Wagen ist das ideale Sportgerät für Einsätze auf der Rennstrecke“, so lautet sein Urteil. Dank Straßenzulassung, einem Kofferraum in der Front und einem weiteren Stauraum im Heck beweist der GT sogar für den Alltag seine nützlichen Seiten. Spätestens nach einer ausgiebigen Testfahrt ist klar: dies ist ein echter Porsche. Bei der Eifel Klassik soll das Fahrzeug seinen nächsten Einsatz erhalten. Der Porsche kann aber auch im Classic Driver Automarkt erworben werden. Die Kaufpreisvorstellung liegt bei knapp 90.000 Euro.