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Lotus Evora: Europa-Connection

Mit einem Lotus quer durch Europa fahren? „Geht nicht – zu eng, zu wenig komfortabel!“ So lautet zumeist einhellig das abschlägige Urteil der Sportwagenwelt zur Tauglichkeit von Lotus-Zweisitzern als Reisewagen. Wir wollten es genauer wissen und sind mit dem aktuellen Flaggschiff der Flotte, dem 2+2 Sitzer Lotus Evora mit 280 PS starkem V6-Motor, quer durch Kontinentaleuropa gefahren. Am Ende unserer Reise sind wir überzeugt: Erratum! Irrtum, es geht – und wie. 2.500 Kilometer im Lotus Evora - quod erat demonstrandum!

Lotus gibt mächtig Gas. Gleich fünf neue Modelle präsentierte Lotus-Chef Danny Bahar auf dem Pariser Autosalon 2010. Hinter diesem Neuheitenfeuerwerk steckt das Ansinnen, die britische Marke aus der Nische zu holen. Nicht mehr nur leicht und schnell, eng und unkomfortabel sollen die Attribute sein, die Lotus kennzeichnen. Zukünftig soll ein Lotus auch luxuriös, elegant und langstreckentauglich sein. Damit definiert sich Lotus neu.

Der Lotus Evora ist in dieser Evolution ein Wegbegründer. Der 2+2-Sitzer feierte im Sommer 2008 auf der London Motor Show seine Premiere. Seit dem Frühjahr 2009 ergänzt der 1.342 kg schwere Brite mit einem 280 PS starken 3,5 Liter V6-Toyota-Mittelmotor das Modellprogramm aus Elise, Exige und Europa. In Paris wurden zudem neue Varianten des Evora angekündigt: der 350 PS starke Evora S und der Evora IPS mit schnell schaltendem Autmatikgetriebe.

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Wir nehmen unseren Evora in Zumikon nahe Zürich in der Pfenninger Garage auf. Der gut sortierte Lotus-Stützpunkt ist nicht nur aufgrund seiner Fahrzeugauswahl weit über die Stadt- und Landesgrenzen hinaus bekannt. Wir stoßen hier auf eine Sammlung klassischer Lotus-Fahrzeuge, die in ihrer Vielfalt auch ein Lotus-Museum schmücken könnte. Der glutrote Evora, Farbcode: Ardent Red, parkt neben einem klassischen Esprit abfahrfertig in der Tiefgarage. Wir holen ihn ans Licht und sehen uns gleich mit der spannenden Frage konfrontiert: Passt hier Reisegepäck für zwei Wochen Trans-Europa-Fahrt hinein? Mit anderen Worten: ein paar Board-Trolleys, Kamera-Taschen und zwei Weekender. Nach ein paar intensiven Stauübungen, die an Tetris erinnern, steht fest: Ja, es passt! Der Lotus Evora nimmt erstaunlich viele Gepäckstücke auf, sowohl auf den beiden Notsitzen in der zweiten Reihe, als auch im über die gesamte Fahrzeugbreite reichenden Kofferraum. Für die Gepäckgröße gilt dabei allerdings: Maximal Cabin-Trolley Größe wählen – denn alles andere gilt hier als nicht transportfähiges Sperrgut.

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Dafür ist die eigene Sitzposition blitzschnell eingenommen. Die schlanken Schalensitze passen auf Anhieb. Das Cockpit wirkt hochwertig und präsentiert sich fahrerorientiert. Die Rundumsicht ist erwartungsgemäß beschränkt, die beiden Rückspiegel und Rückfahrkamera ersetzen jedoch einen Einweiser. Den braucht es auch nicht im Vorwärtsbetrieb. Schon nach den ersten Kilometer über schweizer Landstraßen ist klar, dass der Lotus hervorragend auf dem Asphalt liegt. Er lenkt sich wunderbar agil und direkt ein und dreht famos seidig nach oben raus.

Trotz 280 PS und 342 Nm vermissen wir beim Basis-Aggregat im unteren Drehzahlbereich jedoch den letzten Punch. Dennoch beschleunigt der Evora in nur 5,1 Sekunden aus dem Stand auf 100 km/h. Beachtlich! Grund hierfür ist auch das schnell schaltende und gut abgestimmte manuelle Sechsgang-Sportschaltgetriebe des Evora. Die Höchstgeschwindigkeit des nur 1,22 Meter flachen Sportwagens liegt laut Lotus bei 261 km/h. Wir haben die Insel der Eidgenossen mittlerweile hinter uns gelassen. Auf italienischen Autobahnen springt der rote Lotus von einer Mautstelle zur nächsten. Mehr als 130 km/h im Schnitt sind nicht drin. Bei Genua gelingt endlich der Durchstich ans Mittelmeer. Es geht entlang an der Riviera di Ponente nach Südwesten. Durch Savona, Imperia nach San Remo. Beim ehrwürdigen Grand Hotel des Anglais machen wir Station.

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Am nächsten Morgen locken uns wärmende Sonnenstrahlen in die Seealpen. Hier im Hinterland zwischen Italien, Frankreich und Monaco bietet sich ein einmaliges Streckenprofil, um Motorleistung und Fahrwerk eines jeden Fahrzeugs in scharfer Gangart zu prüfen. Der Lotus Evora zeigt sich davon unbeeindruckt. Sein Motor dreht wieder und immer wieder in Drehzahlgefilde von 6.000 Touren. Ab 4.000 Motor-Umdrehungen spielt er auch akustisch in einer angemessenen Liga: Das zentral angeordnete Doppelendrohr spielt ein forsches Blechbläserduett. Das Fahrwerk leugnet die sportliche Abstammung nicht. Der Evora gebiert sich weitgehend neutral, in Kurven lässt sich das Heck mit dem Gaspedal gut unter Kontrolle halten. Stunden später: Den Cooldown von Motor und Bremsen absolviert der Evora brav an der Küstenstraße. Und ist dabei ein beliebtet Hingucker. Wir schmunzeln: „Piccoli Ferrari“ hören wir öfter beim Ampelstopp. Ein Irrtum.

Über Menton, Monte-Carlo und Villefranche-sur-Mer gelangen wir gegen Abend nach Nizza. Etwas weiter südlich, bei Cagnes-sur-Mer, liegt auf Lavendelhügeln der idyllische Künstlerort Saint Paul de Vence. Unsere Station für die kommenden Tage. Von hier aus erkunden wird mit dem Lotus Evora die französische Riviera. Nizza, Grasse, Cannes – der Brite scheint sich auf die spontanen Ausflüge zu freuen, ist immer zur Stelle und meistert auch das Kapitel Alltagstauglichkeit ohne Aussetzer. Erfreulich ist hierbei der vergleichsweise moderate Spritverbrauch, den wir nach der gesamten Tour bei rund zehn Liter Super pro 100 Kilometer protokollieren.

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Bei der Rückreise darf der Evora noch einmal seine Langstreckentauglichkeit unter Beweis stellen. Wir zielen geradewegs auf Brescia in Norditalien zu. Nach einem Besuch des empfehlenswerten Mille Miglia Museums und einer obligatorischen Tour um den Gardasee, lassen wir die Reise in Graubünden ausklingen. Im Hotel Paradies, einem überaus empfehlenswerten 5-Sterne Hideaway in Ftan im Engadin, erwarten Gäste in 1.650 Meter über N.N. gleich mehrere Hochgenüsse: atemberaubende, unberührte Natur und die Anfang Oktober 2010 mit 18 Gault Millau Punkten ausgezeichnete Küche von Martin Göschel. Da lässt sich ganz entspannt über die dauerhafte Anschaffung eines Lotus Evora sinnieren.

Unser Fazit: Ein echter Sportwagen ist der Evora allemal, alltagstauglich dazu und als ausreichend komfortabler „Mini-GT“ auch für Fernreisen tauglich. Das Fahrzeug ist in Deutschland in der 2+2-Ausführung ab 63.500 Euro erhältlich. Die 2+0-Ausführung kostet mindestens 59.900 Euro. Begleitet wird der Evora jeweils von einer 3-Jahres-Garantie oder alternativ 100.000 Kilometer. Auf das leichte Chassis gibt es insgesamt acht Jahre Garantie. Damit wird das Lotus-Kaufkalkül plötzlich zur Bauch- und Kopfentscheidung – wer hätte das gedacht?

Text & Fotos: Mathias Paulokat

Interessante Links zum Artikel

Fünf neue Lotus-Modelle
Pariser Autosalon 2010
Lotus Evora
Lotus Elise
Lotus Europa
Evora S und den Evora IPS
Mille Miglia Museum

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