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Jaguar C-X75: Design Talk mit Ian Callum

Fast forward! Die Traditionsmarke Jaguar gibt mächtig Gas und präsentierte mit dem neuen Jaguar C-X75 einen der Höhepunkte des Pariser Autosalons 2010. Technik und Design der Studie einer neuen Generation von Supersportwagen begeistern. Jaguar Design Director Ian Callum sieht in dem Konzeptfahrzeug eine Hommage an den legendären Jaguar Rennwagen XJ13 von 1966. Wir indes vermuten den Wegbegründer für ein neues und kompaktes Jaguar Sportcoupé. Classic Driver sprach mit Ian Callum am Rande der LA Auto Show über sein neues „Baby“ C-X75.

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Mit dem aktuellen Modellportfolio ist Jaguar pünktlich zum 75. Markengeburtstag in der Gegenwart angekommen. Wer einen XF, XK oder auch aktuellen Jaguar XJ studiert, stellt fest: Retro war gestern. Die Zukunft der Marke begründet sich mit eben diesen markanten Typen. Jaguar Design Director Ian Callum zeichnet für die neuen Linien und Formen verantwortlich. Mit seinen mutigen Entwürfen eckt er an. Doch spätestens mit der neuen Generation der großen XJ-Limousine erscheint seine Philosophie in sich schlüssig und das Design der drei Fahrzeugreihen konsequent aus einem Guss.

Jaguar C-X75: Design Talk mit Ian Callum Jaguar C-X75: Design Talk mit Ian Callum

Aus diesem Blickwinkel gewährt das neue Konzeptfahrzeug Jaguar C-X75 mit elektrischem Radnaben-Antrieb und zwei Mikro-Gasturbinen als Reichweitenverlängerer spannende Ausblicke auf die zukünftige Modellpalette. Classic Driver sprach mit Ian Callum am Rande einer exklusiven C-X75 Design-Präsentation in der Privatgarage des Talkmasters und Automobilsammlers Jay Leno in Beverly Hills, Kalifornien. „Der C-X75 zeigt all das, was einen Jaguar ausmacht. Er ist unsere Referenz an 75 Jahre Jaguar Design“, so Callum.

„Der C-X75 ist ein Design-Statement, ein Statement an die Zukunft unserer Marke und auch ein Beleg mechanischer Anmut“, sagt Ian Callum. „Gleichzeitig ist er jedoch auch eine Hommage an den legendären Jaguar XJ13 von 1966.“ Tatsächlich fallen beim Vergleich der beiden Mittelmotorsportwagen verblüffende Ähnlichkeiten auf. „Beide Fahrzeuge zeigen ähnliche Grundproportionen, die sich in 1/3 Vorderwagen und 2/3 Heck äußern“, so Callum. Dadurch entstünde ein visueller Vorwärtsdrang bereits im Stand der beiden Supersportwagen. Tatsächlich ist der XJ13 für Callum eine absolute automobile Ikone, was vor allen Dingen an dem überzeugenden Heckdesign liegt. Der Blick durch eine Glashaube auf den Zwölfzylinder ist dabei nur ein Element, welches Ian Callum beim C-X75 direkt aufgegriffen und neu interpretiert hat.

Jaguar C-X75: Design Talk mit Ian Callum Jaguar C-X75: Design Talk mit Ian Callum

Die hohe Abrisskante am Fahrzeugheck und die Anordnung der schmalen Heckleuchten geben ebenfalls eine Reminiszenz an das historische Vorbild. Jedoch gelang Callum die Übersetzung dieser Elemente in die Gegenwart äußerst diskret. Beim C-X75 erscheinen sie wie subtile Design-Zitate, die er scheinbar spielerisch verwendet und zu einem neuen Ergebnis verdichtet. Die plumpe Retro-Masche ist Callum offenkundig fremd. „Man muss mutig nach vorne gehen, um in die Zukunft zu gelangen“, kommentiert er das Ergebnis. Jaguar war schließlich im Ursprung schon immer eine Marke, die ihrer Zeit voraus gewesen ist – auch wenn diese Tugend für einige Zeit verschollen schien.

Ein weiteres wichtiges Element des C-X75 sind die verschiedenen Lufteinlässe für die beiden Mikro-Gasturbinen im Heck des Fahrzeugs. In der technischen Vision dienen diese Kraftaggregate als Reichweitenverlängerer für die vier elektrischen Radnabenmotoren. Für den effektiven Betrieb der Turbinen sind allerdings bis zu 35.000 Liter Luftzufuhr pro Minute erforderlich. Entsprechend voluminös müssen die Öffnungen für die Frischluft ausfallen. Eine Herausforderung an das Design; jedoch kein Manko des C-X75. Denn die Lufteinlässe in der Front, vor den Hinterrädern und am Ende der Seitenscheiben wirken geradezu perfekt in die Karosserie integriert. Der große Frontgrill im Bug des Wagens ist dabei eines der Elemente, welches wir laut Callum „in der Zukunft auch woanders sehen könnten“. In der Tat würde dieser Bug einem kompakten Sportwagen unterhalb der XK-Baureihe gut zu Gesicht stehen.

Jaguar C-X75: Design Talk mit Ian Callum Jaguar C-X75: Design Talk mit Ian Callum

Dabei sollten möglichst auch die kraftvollen und puren Linien erhalten bleiben, die Callum über die Kotflügel des C-X75 von den Scheinwerfern bis zum Wagenheck spannt. Wer vor dem Fahrzeug steht, erkennt: Sie verlaufen in exakt einer Flucht und verlieren sich nur kurzzeitig auf Höhe der Wagentür in einer ruhig und neutral wirkenden Fläche. Mit diesem Kniff gelingt es Callum, die Aufmerksamkeit auf die Radhäuser zu lenken. Mehr denn je wirken die Räder des C-X75 so, als seien sie an die Eckpunkte des Fahrzeugs gestellt. Das wiederum bewirkt in Kombination mit der flachen Dachlinie ein extrem geducktes, sportliches und gleichzeitig kompaktes Erscheinungsbild. „So viel Spielraum beim Design gewährt nur ein Konzeptfahrzeug“ gibt Callum unumwunden zu, für die Serie gelten andere Anforderungen.

Und doch wirkt der neue Jaguar C-X75 in der realen Betrachtung äußerst durchdacht und scheinbar nah an einem möglichen Serienfahrzeug. Wir sehen in ihm den Paten für eine neue Generation kompakter Sportcoupés, welche für Jaguar eine attraktive Marktnische erschließen könnte, in der sich derzeit Mercedes-SLK, Audi TT und Porsche Cayman erfolgreich eingenistet haben. Dafür allerdings muss dieser Jaguar noch ein wenig schrumpfen. Die Studie hat beinahe die Abmessungen des Supersportwagen Porsche Carrera GT. Erstaunlich dabei: Man sieht dem Jag die Größe nicht an. Auch das ist ein Aspekt, der eindeutig für das Design des jüngsten Wurfs von Ian Callum spricht.

Text: Mathias Paulokat
Fotos: Jaguar