Direkt zum Inhalt

Magazin

Ein Bayer in England: BMWs Neue Klasse beim Goodwood Revival

Mit der „Neuen Klasse“ fand BMW 1961 seine Mitte – und füllte die Lücke zwischen Isetta und 501. Zum 50. Geburtstag haben wir das Erfolgsmodell zum Goodwood Revival begleitet.

Im Spiegel hieß es 1965, bis Ende der 1950er-Jahre seien bei BMW nur Autos für „Generaldirektoren und Tagelöhner“ vom Band gerollt. Tatsächlich gab es zwischen dem Kabinenroller Isetta sowie dem kleinen BMW 700 und dem „Barockengel“ der Oberklasse kein passendes Modell für die wieder erwachende Nachkriegs-Mittelschicht. Auf der IAA 1961 zeigte BMW jedoch die „Neue Klasse“ – die Limousine schloss die Lücke und wurde bis 1972 in zahlreichen Karosserie- und Motorvarianten gebaut. Ab 1965 bot BMW auch eine Clubsport-Version an: Der 1800 TI/SA – „SA“ steht für Sonderausführung – unterschied sich vom bereits flotten Familienwagen 1800 TI durch zwei Doppelvergaser und eine höhere Verdichtung, was dem Tourenwagen eine Leistung von 130 PS garantierte. Wer sich für den TI/SA entschied, konnte rennsportliche Optionen wie ein Fünfgang-Getriebe, Schalensitze, einen größeren Tank, einstellbare Stoßdämpfer sowie verschiedene Hinterachsübersetzungen ordern. Der TI/SA war ein Erfolg auf der Rennstrecke, wurde jedoch nur 200 Mal gebaut.

Ein Bayer in England: BMWs Neue Klasse beim Goodwood Revival

Ein Bayer in England: BMWs Neue Klasse beim Goodwood Revival Ein Bayer in England: BMWs Neue Klasse beim Goodwood Revival

Einer dieser seltenen Tourenwagen stand in diesem Jahr auch beim Goodwood Revival im Starterfeld – mit Vierfach-Tourenwagen-Weltmeister Andy Priaulx und BMW-Vorstandsmitglied Herbert Diess prominent besetzt. Zu seinen Sturm- und Drang-Zeiten war der TI/SA aus der Sammlung von BMW Classic zwischen 1965 und 1966 bei Rundstrecken- und Bergrennen im Einsatz, 1992 gewann Dieter Quester an seinem Steuer die Europameisterschaft für historische Tourenwagen. Nun also die St. Mary’s Trophy in Goodwood. Die Klassik-Abteilung von BMW hat die „Neue Klasse“ aber nicht nur auf die Strecke geschickt – zum 50. Jubiläum der Baureihe stehen uns Journalisten für die Anreise zum Revival auch einige beispielhafte Exemplare der Baureihe bereit. Ein sportlicher BMW 1800 TI, ein BMW 2000 als eines der erfolgreichsten Modelle der Klasse, ein BMW 2000 Tii mit Vierzylinder-Einspritzmotor und 130 PS, ein eher italienisch dimensionierter, von Frua gezeichneter BMW 1600 GT aus Basis des Glas GT Coupé – und ein BMW 1800 TI/SA, der auf den wunderbaren Berg-und-Tal-Landstraßen zwischen Ascot und Goodwood erahnen lässt, welche Freude man an diesem Steuer erst auf einer Rennstrecke haben kann.

Ein Bayer in England: BMWs Neue Klasse beim Goodwood Revival

Ein Bayer in England: BMWs Neue Klasse beim Goodwood Revival Ein Bayer in England: BMWs Neue Klasse beim Goodwood Revival

Bei der St. Mary’s Trophy am Samstag landet dann auch ein BMW 1800 TI/SA direkt hinter dem gewaltigen Ford Galaxie von Paul Radisch auf dem zweiten Platz, am Sonntag konnte er sogar den ersten Platz erkämpfen – allerdings nicht mit Andy Priaulx, sondern Jackie Oliver und Richard Shaw am Steuer. Priaulx landete am Samstag nach einen spannenden Duell mit Rennfahrerlegende Richard Attwood im Lotus Cortina auf dem siebten Platz, sein Teamkollege Herbert Diess musste sich am Sonntag mit Rang 17 zufrieden geben. Doch auch wenn das Werksteam sich in diesem Jahr nicht aufs Podest kämpfen konnte, zeigte sich doch die Qualität des TI/SA als streitbarer und siegreicher Tourenwagen, dessen Erbe bis heute nachwirkt: Sogar der neue BMW M5, der gerade auf die Straße kommt, geht auf die sportlichen Sonderausführungen der Neuen Klasse zurück.

Text: Jan Baedeker
Fotos: Jan Baedeker/ BMW