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Die Grandes Heures Automobiles ließen Monthlérys Oval erzittern

Wieder einmal schwelgte das Autodrom von Linas-Montlhéry bei den Grandes Heures Automobiles in Erinnerungen an große Zeiten. Wenn historische Autos und Motorräder aller Klassen durch die altehrwürdige Steilwand donnern, erwacht Frankreichs einzig wahrer Geschwindigkeitstempel zum Leben...

Das Autodrome de Linas-Montlhéry befindet sich aktuell in einer Art Übergangsphase. Während die berühmte Steilkurve weiter würdig vor sich hin rottet, gibt es neue Bautätigkeiten im Infield der Strecke. Zu seinen Glanzzeiten wurde der 1924 eröffnete und ursprünglich 12,5 Kilometer lange Kurs südlich von Paris Zeuge großer internationaler Events: Neben den Grand Prix-Rennen der Zwischenkriegszeit wurden hier zahlreiche Geschwindigkeitsweltrekorde aufgestellt, dazu kamen bis Anfang der 1970er-Jahre die 1000-km-Rennen von Paris. Müßig zu betonen, dass die Strecke all jenen Piloten, die mutig genug waren, hier anzutreten, größten Respekt abverlangte.

Die zum nunmehr vierten Mal ausgetragenen „Les Grandes Heures Automobiles“ wollen an diese Zeiten erinnern, die 1971 mit einem letzten 1000-km-Rennen von Paris (Sieger Bell/van Lennep auf Porsche 917) ihr Ende fanden. Dazu fand sich auch in diesem Jahr wieder eine spektakuläre Zahl von Rennwagen und Motorrädern ein, die in der Mehrheit in der Vergangenheit auch schon in Monthléry aktiv gewesen waren. Die Palette reichte von Vorkriegs-Rekordwagen und Sportwagen aus der Mitte des vergangenen Jahrhunderts bis zu flammenspuckenden Gruppe B-Rallyeautos und Gruppe C-Legenden aus den 90ern. Die Bandbreite ist noch größer als bei anderen historischen Events und bietet so Zuschauern aller Altersgruppen einen großartigen Querschnitt durch die Geschichte des Motorsports. 

Auch wenn es eher Demofahrten sein sollen, hält das viele Starter nicht davon ab, auf der holprigen Steilkurve kräftig Stoff zu geben und so die unten im Infield stehenden Zuschauer mit einem beständig anschwellenden Donner aus Vier- und Zweitakt-Motoren zu beschallen. Die Autos wurden in zahlreiche Unterkategorien unterteilt, jede deutlich anders zusammengesetzt als die nächste. 

Ein Beispiel war ein Starterfeld mit amerikanischen Muscle Cars, darunter ein Plymouth Barracuda und eine Ex-NART-Corvette, in das sich ein schnalzender Audi 200 Quattro und mehrere Peugeot 405 Mi16 mischten. Eine andere Klasse war für Einsitzer reserviert und sah unter anderem zwei bemerkenswerte „Haifischschnauzen“-Ferrari 156 Nachbauten - der eine mit 65- und der andere mit 120 Grad-V6. Gesteuert wurden sie von Arturo „Little Art“ Merzario und Jason Stuart.

Während gleichzeitig die Rennsport Reunion IV in Kalifornien über die Bühne ging, hielten die Grandes Heures Automobiles ihre eigene 70-Jahre-Porsche-Party ab. Ein Feld von „Vintage Racing Porsches“ sah eine Auswahl an ansehnlichen 2,0-Liter-911 sowie stärkeren 2.8 und 3.0 RSR. Das fraglos eindrucksvollste Starterfeld bildeten jedoch die Prototypen und reinrassigen Rennwagen: Mit dem französischen Rondeau Inaltera, einem Venturi 500 LM in Jacadi-Farben, einer Alpine M63 B, einem verdammt schnellen Porsche 910 und einem Abarth-Trio (1000 SP von 1966, 2ooo SP von 1967 und 3000 SP von 1968). Letzterer stammte aus der Château de Savigny-lès-Beaune Sammlung und war zumindest für uns zusammen mit den beiden anderen Abarth das Highlight des Wochenendes.

Auch die Rallyefraktion war gut vertreten, mit einem Lancia Stratos, Renault 5 Turbos, einem Peugeot 205 T16 und einer im Vergleich zierlichen Alpine A110 1800, pilotiert von Helden wie Jean-Claude Andruet und François Chatriot. Diese Boliden mögen damals nicht in Monthléry gefahren sein, fühlten sich aber doch hier zuhause, speziell während der besonders aufregenden Nachtsitzungen. Als Porsche 911 und Gruppe B Lancia mit voll aufgeblendeten Scheinwerfern teilweise zu dritt nebeneinander durch die Steilkurven düsten, erwachte diese so tief in der Geschichte verwurzelte Strecke noch einmal zu vollem Leben. 

Wer schon mal nach einem Auto Ausschau für Les Grandes Heures Automobiles von 2019 Ausschau halten wollte, konnte sich bei der offiziellen Auktion von Aguttes bedienen. Ein Teil des Katalogs, der alles von heißen gallischen Schräghecklimousinen vom Kaliber Peugeot 205 GTI bis zu exotischen Supersportwagen der 90er-Jahre enthielt, wurde auf der Strecke präsentiert. Wir hatten das Glück, in einem Alpina E21 323-6 mitzufahren, ein spezielles Erlebnis. Unser Favorit jedoch war ein zum Gruppe 4-Rallyewagen umgebauter Porsche 924 Turbo GTS – sein ungefilterter Charme und spartanischer Charakter verströmte jene Magie, die nur alte Rennwagen aufbringen können. 

Während Monthlérys mittlerweile archaisch anmutende Infrastruktur echte Autorennen für die Zukunft weiterhin ausschließt, machen die überall spürbare Geschichte und die vielen ästhetischen Rückverweise an die Vergangenheit – wie der wunderschön restaurierte Start/Ziel-Turm -  den Ort zu einem idealen Platz, um sich zu treffen und die alten Zeiten zu feiern. Die Präsenz eines bestimmten Fahrzeugs stimmte in diesem Zusammenhang besonders sentimental: Der goldene Jaguar XK120 FHC, der 1952 in Monthléry über sieben Tge und sieben Nächte einen Schnitt von über 100 Meilen pro Stunde (über 160 km/h) erreichte. Was für ein Platz und was für ein Event! 

Fotos: Mathieu Bonnevie für Classic Driver © 2018 

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