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Begleiten Sie uns auf einem Gang in den Tresorraum des Petersen Auto Museums

Der Petersen „Vault“ beherbergt eine sorgfältig kuratierte und über 250 Wagen starke Sammlung der seltsamsten und seltensten Fahrzeuge aus über 120 Jahren. Ein Ort, an dem Obskurität gefeiert wird. Wir haben einen Blick hinter den Vorhang geworfen, und hier sehen Sie, was wir entdeckt haben.

Italien hat das MAUTO in Turin, Frankreich die Schlumpf Sammlung, die Niederlande das Louwman Museum und Kalifornien das vielleicht größte Automuseum von allen, das Petersen Auto Museum. Alle feiern sie Höhepunkte der Motorisierung, mit der Ausstellung einiger der weltweit seltensten und wichtigsten Modelle seit den Kindertagen des Verbrennungsmotors.

Das autoverrückte Ehepaar Robert E. und Margie Petersen hat sich in seiner Rolle als Kurator vorgenommen, das Regelwerk für Automobilausstellungen neu zu schreiben und alle Facetten der Autokultur in einem Raum zu vereinen, an dem sich die Welt erfreuen kann. Robert E. Petersens ungewöhnlicher Weg zum Erfolg begann im Alter von nur 18 Jahren, während des Zweiten Weltkriegs. Da er zu jung war, um in Übersee in den Kampf zu ziehen, wurde er stattdessen Publizist für das Militär. Mit einer Kamera in der Hand erlernte er sein Handwerk, indem er zu Aufklärungszwecken bestimmte Gebiete fotografierte.

 

Petersen verfeinerte seine Fähigkeiten in den Bereichen Werbung und Fotografie und gründete nach dem Krieg die Hollywood Publicity Associates – als viele Soldaten mit Geld im Portemonnaie nach Hause zurückkehrten und der Drang nach Geschwindigkeit immer größer wurde. Was folgte, war eine lebenslange Karriere als Zeitschriftenverleger, beginnend 1948 mit dem Magazin „Hot Rod“, das den damals explodierenden Markt für umgebaute Autos bediente. Wenn Sie sich auch nur ein bisschen für die Automobilbranche interessieren, haben Sie wahrscheinlich schon einmal die Seiten einer der Magazine von Petersen Publishing durchgeblättert, von Motor Trend bis Car Craft. Diese Bewunderung für alles, was mit Automobilen zu tun hat, veranlasste Petersen dazu, seine eigene Sammlung von Fahrzeugen und Artefakten zusammenzustellen, die später das Petersen Auto Museum bilden sollten. Der Rest ist, wie man so schön sagt, Geschichte. 

Nun ist Größe nicht alles, wenn es um Automuseen geht. Aber das Petersen Auto Museum bietet ein perfektes Gleichgewicht zwischen Qualität und Quantität. In über 25 separaten Galerien werden Autos der Hollywood-Elite neben vergessenen Prototypen und einzigartigen Sondereditionen ausgestellt.

Zu Beginn dieses Jahres haben unsere Freunde vom Petersen Museum die Tür des Tresorraumes („The Vault“) für uns geöffnet, damit wir einen Blick auf einige der ungewöhnlichsten, überraschendsten und einfach herrlichsten Autos werfen konnten – wie Kinder in einem Süßwarenladen!

 

1925 Rolls-Royce Phantom I “Round Door”

Den Anfang dieser Reise in das geheime Gewölbe des Museums macht ein Rolls-Royce, wie wir ihn noch nie zuvor gesehen haben. Er begann sein Autoleben 1925 als reguläres Cabriolet mit Hooper Karosserie, wechselte mehrfach den Besitzer, bevor er beim Karosseriebauer Jonckheere in Roeselare (Belgien) landete, wo er im Jahr 1934 eine völlig neue, ja absolut einzigartige Optik erhielt. Die modisch aerodynamische Karosserie wurde beibehalten, aber stark verbessert und mit zwei Schiebedächern versehen, die – zweifellos von französischen Designs jener Zeit inspiriert – in ein langgestrecktes, geschwungenes Heck übergingen.

Natürlich sind die kreisrunden Türen dieses schnittigen Fastbacks nicht zu übersehen – ein Designfeatures, das bis dahin noch nie an einem Fahrzeug zu sehen gewesen war. Viele Karosseriebauer experimentierten mit ovalen Türen, aber die Idee, perfekt abgerundete Türen an einer so hohen und muskulösen Karosserieform anzubringen, schien unmöglich. Doch das Endergebnis funktioniert perfekt, dank Jonckheeres Entschlossenheit und vielleicht auch Mut.

Dieses 6,10 Meter (!) lange Coupé mit seiner markanten Heckfinne zeigte der Welt, wie extrem der Karosseriebau in den 1930er Jahren sein konnte. Dieser Rolls, der in den darauffolgenden Jahren mehrere Concours d'Elegance-Preise gewann, wechselte dutzende Male den Besitzer und schuf schließlich den Mythos, einst dem Herzog von Windsor gehört zu haben, was dann zur perfekten Schlagzeile des „Royal Rolls“ führte. Nachdem er zunächst Anfang der 50er-Jahre in heruntergekommenem Zustand in New Jersey aufgetaucht und nach Jahren an der US-Ostküste an einen privaten Sammler in Japan verkauft worden war, erwarb ihn das Petersen Auto Museum 2001 mit dem Ziel einer kompletten Restaurierung. Und jetzt hat dieses fantastische Stück Geschichte seinen Platz neben anderen wahren Vertretern der automobilen Königsklasse gefunden!

 

The American Express 24-Karat DeLorean 

Wenn Sie jemanden fragen, welche Farbe er am Ende des Regenbogens finden möchte, wird er höchstwahrscheinlich Gold sagen. Die Farbe des Ruhmes, des Reichtums, der Extravaganz und – und für einige wenige – eines sehr seltenen DeLorean DMC-12.

Diese blendende Kreation war Teil einer Marketingkampagne von American Express, die beschlossen, in ihrem Weihnachtskatalog für 1981 eine limitierte Auflage von 100 galvanisch in 24 Karat Gold beschichteten DMC zum Stückpreis von $ 85.000 zu bewerben. Es überrascht nicht, dass die Nachfrage nicht sehr groß war; am Ende wurden nur zwei Goldstücke verkauft. Es muss sehr schwierig gewesen sein, diese wahrscheinlich exzessiv kostspielige Marketingkampagne der Finanzabteilung zu erklären....

Nachdem das Modell mit Chassisnummer VIN 4301 (Automatikgetriebe, schwarze Innenraumausstattung) über 20 Jahre lang in der Lobby einer Bank in Synder, Texas, gestanden hatte, fand es – mit dem Vernehmen nach nur knapp 15 Kilometern auf der Uhr – in den frühen 2000ern den Weg ins Petersen Museum. Das andere, VIN 4300 mit Handschaltung und braunem Interieur, steht im National Motor Museum in Reno. Bei einem so auffälligen Sportwagen wie dem DeLorean hat es etwas seltsam Beruhigendes, wenn die rauen und unlackierten Edelstahlbleche mit einem etwas weicheren Material überzogen sind!

 

1947 Ferrari 125 S

Dieser Ferrari 125 von 1947 wurde ebenfalls nur zweimal gebaut. Aber wir haben das Gefühl, dass er sich in größerer Zahl verkauft hätten, wenn er auf den Titelseiten des Amex-Weihnachtskatalogs abgebildet gewesen wäre.

Aber ernsthaft: Es ist das tänzelnde Pferd, mit dem alles begann, das erste Auto, das den Namen Ferrari trug und für das Enzo selbst sein Hab und Gut verkaufte, um es zu finanzieren, und das seine Entschlossenheit und Leidenschaft für die Marke, die er erschaffen wollte, unter Beweis stellte. Es war auch das erste Auto, das von dem heute legendären, von Gioacchino Colombo entworfenen V12-Motor angetrieben wurde. Beim ersten Start 1947 in Piacenza reichte es mit Franco Cortese am Steuer noch nicht zum Sieg; der dann aber nur zwei Wochen später, erneut mit Cortese am Volant, beim GP von Rom auf dem Terme di Caracalla Circuit gelang. Von 14 Rennen, an denen ein 125 S in der Saison 1947 teilnahm, gewann der Ferrari sechs. Ein kleines Wunderwerk der Technik, das den rennsportlichen Stammbaum Ferraris pflanzte. 

 

1991 Vector W8

Diese verrückte Kreation aus einer Cyberpunk-Ära von Design und Kultur sieht mehr nach einem Fantasie-Hot Wheels-Auto aus, als ich mir als Kind je hätte vorstellen können. Der von Jerry Wiegert entworfene Vector wollte denjenigen, denen die Angebote von Ferrari und Lamborghini zu... einfach waren, ein weltraumtaugliches Design und dank eines sechs Liter großen Bi-Tubro-V8 mit 625 PS galaktische  Leistung bieten.

Da Hersteller wie die kanadische Marke Bricklin und das bereits erwähnte goldene Wunderwerk DeLorean den Ansprüchen der sportwagenbegeisterten Öffentlichkeit nicht gerecht werden konnten, stand Wiegert unter dem Druck, es mit dem in Wilmington (Los Angeles) gebauten W8 richtig zu machen. 1991 kamen die ersten Serienmodelle auf den Markt, und Vector brüstete sich damit, dass der Wagen mit einer Höchstgeschwindigkeit von 390 km/h sogar den damals weltweit schnellsten Exoten, den Ferrari F40, in den Schatten stellen wurde. Natürlich wurde dieser Wert nie bestätigt, und die flugzeugtaugliche Technologie des Wagens brachte das kleine Unternehmen schnell in stärkste Turbulenzen. Am Ende wurden nur 17 Exemplare gebaut, was dieses ganz in Silber gehaltene (vorletzte) Exemplar Baujahr 1993 zu einem echten Museumsstück macht. Selbst wenn er in Petersens Tresorraum von unbezahlbaren Maschinen umgeben ist, ist der W8 immer noch ein Auto, das es irgendwie schafft, die Show zu stehlen!

1964 Chevrolet Impala Lowrider

Wenn Sie auf der Suche nach einem Hingucker sind, dann ist dieser Impala genau das Richtige für Sie. Dieser Lowrider wird die legendäre Höchstgeschwindigkeit des Vector wohl so schnell nicht erreichen, aber er bewegt sich auf seiner eigenen Spur, egal ob auf drei oder vier Rädern. 

Stolz trägt der der unter Fans als „Gypsy Rose“ bekannte Straßenkreuzer die goldene Plakette der Imperials LA. Die 1965 gegründeten Imperials sind eine der ältesten überlebenden Lowrider-Gemeinschaften. Dieser berühmte Tieflieger wurde einem breiteren Publikum durch den Auftritt in der Eröffnungsszene der 70er-Jahre-TV-Sitcom „Chico and the Man“ bekannt und als erster Lowrider in das National Historic Vehicle Register der USA aufgenommen. Von all den Autos, die in den heiligen Hallen des Museums stehen, würde ich am liebsten mit diesem wegfahren!

Einen verregneten Sonntagnachmittag verbringt man am besten damit, durch ein gut sortiertes Automuseum zu schlendern. Und obwohl es in Kalifornien nur selten regnet, ist das Petersen Auto Museum ein Traumland für Autoliebhaber. Ganz gleich, ob Sie sich für Hot Rods oder Harleys, Hondas oder Holdens interessieren, diese eklektische Mischung aus obskuren und bedeutenden Automobilen macht diese Sammlung zu einer der besten der Welt. Und im Tresorraum werden die Geheimnisse der Sammlung wirklich perfekt ans Licht gebracht!

Fotos von Huckleberry Mountain