Am Wahlwochenende rief Volkswagen abseits der IAA in Frankfurt erneut zur Premiere auf: Mit der 1. Schloss Bensberg Classics präsentierte sich der Mutterkonzern so traditionsbewusst wie nie zuvor. Neben der prächtigen Kulisse des Schloss Bensberg, einem hochwertigen Fahrzeugfeld und berühmten Persönlichkeiten war es vor allem auch das sprichwörtliche Kaiserwetter, das dem Auftaktevent seinen letzten Schliff verlieh.

Während in den Frankfurter Messehallen für das späte Publikum der IAA noch einmal die neuesten Serien- und Konzeptfahrzeuge abgestaubt und aufpoliert wurden, feierte Volkswagen auf Schloss Bensberg bereits die nächste Premiere: Die 1. Schloss Bensberg Classics präsentierte fernab des Messetrubels und unter strahlend blauem Himmel automobile Ikonen und Wegweiser vergangener Tage.

Die Veranstaltung startete am Freitag, den 25. September, mit einem hochrangigen Designtalk mit Walter de’Silva, Leiter der VW-Designabteilung, und Giorgio Giugiaro, Gründer der gleichnamigen Designmanufaktur. Am Samstag ging es zum praktischen Teil über: Rund 100 Automobile stellten sich zum Start auf zur 160 Kilometer langen „Rallye Historique“ durchs bergische Land. Für einen stilvollen Ausritt im offenen Bugatti Typ 35 oder im VW T1 Samba-Buss mit Faltdach, der die Familie de’Silva chauffierte, hätte das späte Septemberwetter nicht gnädiger sein können.

Die Rallye Historique bestach durch ein sorgfältig ausgearbeitetes Roadbook, das jedoch aufmerksam gelesen werden wollte. Denn zusätzliche Wegweiser gab es nicht, was das ein oder andere unaufmerksame Fahrergespann zu alternativen Routen zwang. Beim Zwischenstopp auf Schloss Lerbach wurden die Teilnehmer mit einem romantischen Picknick empfangen; Fahrtproviant hatten zuvor bereits die freundlichen Stewardessen des VW T1 Lufthansa-Bus gereicht. Die Routenführung bescherte den Piloten und Copiloten eine kulissenreiche Ausfahrt mit Höhenunterschieden und Waldpassagen abseits des normalen Verkehrs. Dazwischen warteten interessante Wertungsprüfungen, wie beispielsweise eine Gleichmäßigkeitsfahrt, bei der in exakter Zeit ein Parcours einmal vorwärts und einmal rückwärts gefahren werden musste.

Vor der herrschaftlichen Kulisse des historischen Schlosses präsentierte sich am Sonntag beim Concours d’Elegance mit 43 Exponaten eine vergleichsweise feine Auswahl an historischen Fahrzeugen und innovativen Studien, welche die Geschichte der einzelnen Marken maßgeblich prägten. Hinzu kamen moderne Entwicklungen: Im Bugatti-Display etwa wurde ein Veyron 16.4 gezeigt, bei Lamborghini waren es der viertürige Estoque und ein aktueller Polizei-Gallardo samt Besatzung, die von einer möglichen Zukunft und der schieren Großzügigkeit Lamborghinis gegenüber der italienischen Polizia zeugten. Auch der brandneue Audi R8 Spyder war zu sehen, ebenso wie ein einsamer Porsche Panamera, der in zweierlei Hinsicht einen Neuzuwachs verkündete.

Die relativ kleine Auswahl an Concours-Automobilen ist einerseits Teil des Konzeptes, weil dadurch die Qualität sehr hoch gehalten werden kann. Anderseits ist das Ausstellungsareal, das sich im „U“ der Schlossmauern erstreckt, begrenzt. Wer einen groß angelegten Park hinter den Toren des heutigen 5-Sterne-Hotels erwartet, der irrt. Schloss Bensberg liegt zentral im gleichnamigen Städtchen, wo unmittelbar das ganz normale Leben pulsiert. Doch zurück in den Schlosspark, wo im Mittelfeld Konzeptstudien und Sportwagen um die Preise „Italienische Eleganz“ und „Show Cars“ warben – wir sprechen hier von sorgfältig selektierten Exoten wie dem Volkswagen W12 Nardo. Der Weltrekordwagen wurde von Giugiaro gezeichnet und 2001 erstmals der Öffentlichkeit präsentiert. Auf der süditalienischen Hochgeschwindigkeitsstrecke stellte der Prototyp im Februar 2002 einen Weltrekord auf, in dem er in 24 Stunden eine Strecke von 7.749 Kilometer bei einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 323 km/h zurücklegte.

Außerdem waren ein leuchtend orangefarbener Lancia Stratos HF Prototyp, ein begehrenswerter Ferrari 250 GT SWB oder das skurrile Giugiaro-Show Car BMW Karo As im Stechen mit seinem Audi-Pendant Karmann Pik As zu sehen. Karmann hatte 1973 seine Studie mit einem Audi-Zeichen versehen – in der Hoffnung, dass der Konzern anbeißt und eine Serie produziert. Daraus wurde leider(!) nichts. Apropos Audi: Für die Ingoldstädter wurde in Bensberg anlässlich des runden Geburtstags ein eigener Preis ausgerufen, der dann auch sehr passend „100 Jahre Audi“ hieß.

Entsprechend der hochkarätigen Automobile waren prominente Gäste geladen und bereicherten die 1. Schloss Bensberg Classics mit tatkräftiger Unterstützung: Rennfahrerlegende Jacky Ickx etwa pilotierte am Samstag einen VW Denzel und fungierte als Mitglied der Jury des Schönheitswettbewerbs, während Lamborghini-Werksfahrerlegende Valentino Balboni neben gleichnamigem Sondermodell für Autogrammstunden zur Verfügung stand. Valentino pilotierte am Tag zuvor bei der Rallye standesgemäß einen Lamborghini 400 GT aus dem Werksmuseum.

Obwohl Volkswagen mit all seinen prestigereichen Töchtern das automobile Feld der Veranstaltung dominierte, hatten die Organisatoren dennoch darauf geachtet, eine interessante Mischung nach Schloss Bensberg zu bringen. So fanden sich im Schlosshof unter anderem auch ein originaler Mercedes-Benz 710 SSK Sport, der heute locker sieben Millionen Euro wert ist, ein Glöckler-Porsche, der letzte überlebende von ursprünglich fünf Exemplaren, und begehrte Klassiker wie ein Aston Martin DB4 Zagato, ein BMW 507 oder ein Porsche 904 GTS. Auch Traditionsmarken wie Alfa Romeo, Cadillac, Lancia, Jaguar oder Hispano Suiza waren dabei.

Wen wundert es da noch, dass keine der Volkswagen-Marken den begehrtesten Titel abstaubte? „Best of Show“ ging an den Alfa Romeo 6C 2500 SS, Baujahr 1951, des Niederländers J.A. Ribbens. Beim Publikumspreis für den schönsten Klassiker konnte der Gastgeber dann doch noch abräumen: Als Sieger ging der Horch 853A Spezial-Roadster hervor, der mit seiner sündhaft eleganten Karosserie im XL-Format von der Firma Erdmann & Rossi sowohl den Damen, als auch den Herren schmeichelte.

Der große Gewinner an diesem Wahlwochenende war letztendlich ohnehin Volkswagen. Die Wolfsburger haben gemeinsam mit Hotel-Direktor Thomas Althoff ein Konzept geschaffen, das die Klassiker-Szene um eine Topveranstaltung bereichert hat. Unabhängige Stimmen der Veranstaltung meinten sogar, dass sich Bensberg mit den ganz Großen, wie etwa dem Concours in der Villa d’Este, messen kann. VW profitiert dabei wie kein anderer Konzern von seinem starken Markenverbund – ohne Bentley, Bugatti und Lamborghini wäre eine derart hochkarätige Veranstaltung wohl kaum zu Stande gekommen. Wenn im nächsten Jahr auch noch Porsche offiziell dabei ist, muss der Schlossgarten vielleicht doch erweitert werden.

Alle Ergebnisse der 1. Schloss Bensberg Classics und weitere Informationen finden Sie aktuell unter www.sbc2009.de.

Text: Jan Richter
Fotos: Nanette Schärf