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Jaguar XF 2,2 D: Gut ist besser

Jaguar XF 2,2 D: Gut ist besser

190 PS. Die intelligent dosierte Kraft aus einem neuen 2,2-Liter-Turbodiesel. Ein Durchschnittsverbrauch von nur 5,4 Liter auf 100 Kilometer. Dennoch 225 km/h schnell. Das Ganze in ein starkes Design verpackt. Das ist das neue Jaguar-XF-Basismodell. Wir fragen: Wer bitte braucht da noch einen XFR?

Der seltsame Fall des Dr. Jekyll und Mr. Hyde. Den kennen wir alle. Jene Novelle des schottischen Schriftsteller Robert Louis Stevenson ist gemeinhin gern genommene Parallele, wenn es um bildhafte Darstellung von Gut und des Böse geht. Wenn der XFR den Bösen gibt, ist der XF 2,2 D eindeutig der Gute. Ein Jaguar, wie man ihn so vernünftig und gleichzeitig cool kaum vermutet hätte.

Beginnen wir beim Design. Wer braucht heute noch Spoiler, Diffusor und Abrisslippe? Die weiße Limousine jedenfalls nicht. Sie wirkt edel und elegant. Und sportlich! Die Modellpflege verleiht auch dem Basismodell Pfiff. Keine Frage, es hat sich im Design bei Jaguar in den vergangenen Jahren enorm viel getan. Wenn man einen jungen Klassiker, in Gestalt eines XJ beispielsweise, vorfährt, wird dies sehr deutlich. Beim XF sind die Sprünge in der Formensprache wirklich gelungen.

Jaguar XF 2,2 D: Gut ist besser
Jaguar XF 2,2 D: Gut ist besser Jaguar XF 2,2 D: Gut ist besser

Auch im Innenraum fühlt man sich wohl. An das etwas spacige Instrumentendesign hat man sich gewöhnt - mittlerweile gefällt es sogar. Denn es ist ausreichend funktional und anders als der Mainstream. Jaguar nennt diese Philosophie: „surprise and delight“. Na ja, bitte nicht gleich übertreiben. In der zweiten Reihe ist bei der immerhin 4,96 Meter langen Limousine ausreichend Platz und der Kofferraum zelebriert die Tiefe des Raumes. 540 Liter, kein Grund zu mäkeln. Der Wagen wirkt insgesamt schlüs sig und State of the Art. Das muss er auch, denn die Gegner in Gestalt der Platzhirsche Audi A6, BMW 5er und Mercedes-Benz E-Klasse repräsentieren anerkanntermaßen die Weltspitze des Segments. Wer hier angreifen will, muss mit Fakten überzeugen. Wenigstens die deutschen Flottenmanager handeln so rational wie die Summenformel in einer Tabellenkalkulation. Und wer hier XFR eingibt, verursacht sofortigen Systemabsturz.

Jaguar XF 2,2 D: Gut ist besser
Jaguar XF 2,2 D: Gut ist besser Jaguar XF 2,2 D: Gut ist besser

Gut aussehen alleine reicht nicht. Es kommt letztlich auf die inneren Werte an. Will sagen: auf die Technik und die spezifischen Daten unter dem Blech. Hier hat Jaguar ein kleines Wunder vollbracht. Es hört auf den Namen Downsizing. Der Hubraum des Turbodieselmotors ist auf 2,2 Liter geschrumpft. Die reichen allerdings aus, um 190 PS freizusetzen. Das maximale Drehmoment liegt bei beachtlichen 450 Newtonmeter. Doch erst in Kombination mit der neuen und auf den XF abgestimmten Achtstufen Automatik von ZF offenbart sich der Schachzug. Der Jaguar spurtet beinahe unterbrechungslos auf die 100 km/h Marke. 8,5 Sekunden genügen ihm für den Sprint.

Jaguar XF 2,2 D: Gut ist besser
Jaguar XF 2,2 D: Gut ist besser Jaguar XF 2,2 D: Gut ist besser

Zugegeben, der XFR ist hier beinahe vier Sekunden schneller. Aber bitte, welche Alltagsrelevanz hat dieser Wert eigentlich? Die Höchstgeschwindigkeit liegt beim kleinen Diesel XF bei 225 Km/h, nur 25 km/h weniger als beim XFR. Das sollte doch selbst Leistungsverfechter skeptisch werden lassen. Wenn man nun allerdings den Durchschnittsverbrauch von 5,4 Liter auf 100 Kilometer, auch dank eingebauter Start-Stopp-Automatik, noch in die Waagschale wirft, ist für den XFR schlagartig zappenduster. Da kann er als Mr. Hyde noch so beängstigend um den Häuserblock streunen. Im gleißenden Lichte der Tankstelle holt ihn die Realität ein. Und Dr. Jekyll spult derweil brav und munter weitere Kilometer ab. Jede Wette: Auf der großen A7-Autobahnfahrt längs durch Deutschland, kommt der Diesel XF vermutlich genauso schnell ans Ziel wie der XFR. Fazit: Wer will noch einen Kompressor, wenn er einen Turbo haben kann! Spaß macht das Diesel-Fahren obendrein. Denn das Auto hat Schaltwippen wie der Supercharger. Und die werfen die Gänge bei Bedarf genauso flink in den Antriebsstrang.

Jaguar XF 2,2 D: Gut ist besser


Ist das alles zu schön, um wahr zu sein? Warten Sie es ab: Das Happy End kommt erst noch. Für rational handelnde Menschen vielleicht das wichtigste Argument: der Preis. Den Jaguar XF 2,2 D gibt es bereits ab 44.900 Euro. Das ist weniger als die Hälfte der XFR-Tauschsumme – und ein ungemeiner Lustgewinn nicht nur für jeden Hobbycontroller. Das Urteil ist daher eindeutig: Hoch lebe der Diesel, den V8-Kompressor braucht kein Mensch.

Text & Fotos: Mathias Paulokat