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Porsche Boxster S

Bisher stand der Porsche Boxster im Schatten des übermächtigen Modellpaten 911. Mit der Neuauflage des Mittelmotor-Roadsters wird die Stuttgarter Klanfamilie jetzt neu geordnet: Maskulinere Linien, ein scharfgerüstetes PDK-Getriebe und neue Sechszylinder-Motoren mit mehr Leistung und weniger Verbrauch rücken den kompakten Zweisitzer endgültig ins harte Sportwagensegment. Wir waren mit dem Porsche Boxster S in den Reifenspuren der Targa Florio auf Sizilien unterwegs.

Eine leichte Karosserie, ein kompakter Motor, zwei Sitze und kein Dach – mit diesem Rezept hat Porsche schon in der Vergangenheit das sizilianische Publikum für sich begeistert: Am 10. Juli 1956 errang der italienische Rennfahrer Umberto Maglioli am Steuer eines Porsche 550 A Spyder überraschend den Gesamtsieg bei der geschichtsträchtigen Targa Florio, in dem er die leistungsstärkere Konkurrenz der größeren Hubraumklassen sprichwörtlich deklassierte. Es sollte nicht der letzte Sieg des Stuttgarter Rennstalles in Sizilien sein – bis zum letzten Weltmeisterschaftslauf auf der Insel im Jahr 1973 konnte Porsche noch zehn weitere Titel verbuchen und ist somit die erfolgreichste Marke unter allen Targa-Teilnehmern seit 1906.

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Dass die Kompaktmischung aus Zuffenhausen auch heute noch funktioniert, deutet sich bereits auf dem Flughafenparkplatz von Palermo an, wo wir unseren Testwagen mit „S“-Paket entgegen nehmen. Porsche hat die zweite Generation der 2004 eingeführten Boxster-Baureihe 987 umfassend überarbeitet und neben der technischen Entwicklung auch das Design sichtbar aufgefrischt. Eine neue Front mit schärfer geschnittenen Lufteinlässen und überarbeiteten Bugleuchten sorgen für eine zeitgemäßere Linie und gesteigerte Rückspiegel-Präsenz. Die neuen Hauptscheinwerfer in Zweitubenoptik erinnern an den großen Bruder, das ehemalige Mittelmotor-Topmodell Carrera GT. Auf der Optionsliste stehen zudem eine Bi-Xenon-Erweiterung, LED-Tagfahrlichter, dynamisches Kurvenlicht und Leuchtweitenregulierung. Alles ist erleuchtet!

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Auch in der Heckansicht hat der Porsche Boxster S optisch zugelegt, ohne an messbarer Breite zu gewinnen. Neu gestaltete, deutlich markantere Rückleuchten mit LED-Technik und eine prägnante Diffusorblende mit neuen Doppel-Endrohren für die S-Version wecken Rennsport-Analogien. Auch das Cockpit wirkt stimmiger, klarer als im Vorgänger. Die Mittelkonsole hat ein neues Design erhalten, die Anzahl der Bedientasten wurde reduziert. Wer bei den Optionen das Bediensystem PCM mit Touchscreen sowie den Surround-Sound von Bose ankreuzt, darf sich zudem über eines der besten Navigations- und Entertainment-Systeme auf dem Markt freuen. Die Sitze sind – wie könnte es bei Porsche anders sein – gleichzeitig bequem und sportlich geschnitten, auf Wunsch lassen sich die Sessel nun auch mit Belüftung bestellen. In Zeiten globaler Klimaerwärmung sicherlich ein angenehmes Feature gegen klebende Hemdrücken.

Die sizilianische Januarsonne brennt momentan noch im Energiesparbetrieb, für ein offenes Verdeck sind die 15 Grad Lufttemperatur jedoch genug. Nur wenige Sekunden, dann ist die leichte Aluminium-Struktur samt Stoffbezug hinter den Sitzen verschwunden. Bis 50 km/h ist das Öffnen und Schließen möglich. Auf den ersten Streckenkilometern über EU-finanzierte Luxusautobahnen ins Hinterland von Palermo zeigt sich bereits die Durchzugsstärke der S-Motorisierung. Der 3,4 Liter Sechszylinder-Mittelmotor mit Direkteinspritzung ist leichter und effizienter geworden, die Maximalleistung von 310 PS entspricht einem Plus von 15 PS und steht bei 6.400/min zur Verfügung. Das maximale Drehmoment liegt bei 360 Nm zwischen 4.400/min und 5.500/min. Der Sprint bis 100 km/h dauert gerade einmal 5,2 Sekunden, die V-max liegt bei 272 km/h. Entlang der sizilianischen Nordwestküste, vorbei an italienischen Achtzigerjahre-Kleinwagen und umweht vom Duft der Mandelbäume entfalten die trockenen Zahlenspiele auch ihre emotionale Wirkung recht überzeugend.

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Dass der neue Porsche Boxster S trotz dieser Leistung, die ihn auf Tuchfühlung an die ersten Carrera-Modelle der Elfer-Baureihe 997 rückt, einen recht überschaubaren Treibstoffverbrauch von 9,6 Litern auf 100 Kilometer vorweisen kann, hat neben der Motorentwicklung zwei wichtige Gründe: Erstens die leichte Bauweise – das Leergewicht des Roadsters liegt bei 1.355 Kilogramm. Zweitens das neue, geniale Doppelkupplungsgetriebe PDK. Das Siebengang-Getriebe löst die Tiptronic S ab und bietet nicht nur Gewichtsvorteile, sondern auch effizientere und bis zu 60 Prozent schnellere Schaltzeiten. Auf der Autobahn kommt im Automatik-Modus vor allem der sparsame siebte Gang zum Einsatz, für den Serpentinen-Parcours im bergigen Hinterland bieten sich dagegen die sportlich ausgelegten unteren Gänge an. Per Wahlhebel oder Lenkrad-Paddel geschaltet, knallen die Gänge ohne Schubunterbrechung und schneller als jene Schrotsalven, mit denen die Dorfjugend hier traditionell die Verkehrsschilder traktiert.

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Für noch mehr südländischen Schneid sorgt das Sport Chrono Paket Plus, dass den Motor, das Stabilitätsmanagement PSM und die Fahrwerksaufhängung PASM auf härtere Gangarten einschwört. Dass bei entsprechendem Druck auf der Sohle der Verbrauch auf 14 Liter ansteigen kann, ist keine Überraschung. Auch das optionale Sperrdifferential zahlt sich auf der kurvenreichen Bergstrecke in Richtung Süden aus. Der Porsche Boxster S klebt geradezu auf dem porösen Asphalt, hält auch bei schnell gefahrenen Haarnadeln die Form und reagiert präzise auf jede Lenkbewegung, um die tiefsten Schlaglöcher grazil zu umspringen. Dass beim Porsche Boxster S aber nicht nur die Performance, sondern auch die Bremsscheiben angewachsen sind, zahlt sich spätestens aus, wenn nach der nächsten Kurve mal wieder die lokale Schafsherde dem Vortrieb entgegenblökt.

So kompakt, hart und leicht, wie sich uns der Mittelmotor-Sportwagen in seiner bissigsten Ausführung präsentiert, bekommt man sogar ein wenig Angst um den ewigen Elfer. Ist der Porsche Boxster S vielleicht gar das interessantere Modell, der bessere Porsche, näher an der rennsportlichen Tradition – und damit auch tauglicher für eine sparsamere Leichtbau-Zukunft? Man muss den Boxster gefahren sein, um das subjektiv beurteilen zu können. So lange Porsche im Hinblick auf alternative Antriebstechnologien keine Farbe bekennt, ist der Roadster sicherlich ein wichtiges Modell. Etwa 100.000 Exemplare der zweiten Boxster-Generation hat Porsche weltweit verkauft, mit der neuen Version sollte die aktuelle Absatzkrise zumindest abgefedert werden. Denn für 55.781 Euro plus den entsprechenden Options-Aufschlägen ist der neue Porsche Boxster S auch preislich attraktiv – nicht nur im sparsamen Schwabenländle, sondern auch für den ein oder anderen Sizilianer mit Hang zu teutonischer Technik-Perfektion.

Lesen Sie hier einen Classic Driver-Fahrbericht über den neuen Porsche Cayman.

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Text & Fotos: Jan Baedeker


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