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Magazin

Aston Martin DB5 Short Chassis Volante

Feinste englische Fahrt

Text: Mathias Paulokat
Fotos: Tim Scott www.fluidimages.co.uk
Fahrzeug: AM DB5 Short Chassis Volante von DK Engineering

Das Aston Martin DB5 Coupé gilt als Gentlemen Express und „Cool Car“ par excellence. Doch der Inbegriff des exklusiven britischen Sport-GTs kennt noch eine überaus seltenere und erlesene Spielart: den DB5 Short Chassis Vantage Volante. Nur drei Rechtslenker-Fahrzeuge wurden als Vantage-Upgrade jemals gebaut. Eines davon tauchte Mitte 2009 auf der entlegenen Isle of Wight wieder auf. Der britische Restaurationsspezialist DK Engineering aus Chorleywood erweckte das Fahrzeug mit der Chassis-Nummer DBVC 2320/R aus dem Jahr 1966 binnen zwölf Monaten zu neuem Leben. Classic Driver porträtiert diese faszinierende Kostbarkeit.

Eingeschworene Classic Driver Leser erinnern sich: Vor exakt zwei Jahren haben wir an dieser Stelle den überaus begehrten Aston Martin DB5 porträtiert. Dieser Fahrzeugtyp gelangte vor allem aufgrund cineastischer Einsätze bei diversen James Bond Verfilmungen zu Ruhm und Ehre. Bei einer bemerkenswerten RM-Auktion wurde ein originales Filmfahrzeug am 27. Oktober 2010 in London für umgerechnet 3,3 Millionen Euro zugeschlagen.

Dem damaligen Aston Martin Eigentümer David Brown gelang mit dem Placement des DB5 Coupé zweifelsohne ein bis heute wirkender PR-Coup. Doch ihm lagen in den 1950er und 60er Jahren besonders auch die exklusiven Cabriolet Varianten seiner Sportwagen am Herzen. Schon der Aston Martin 2 Litre, gebaut von 1948 bis 1950 und später als Aston Martin DB1 bekannt geworden, fuhr als offener Tourensportwagen vor. Auch die verschiedenen Modellpflegen des DB2/4 waren als Cabriolets erhältlich. Der stilprägende Begriff des „Volante“ kam allerdings erst mit dem Aston Martin DB5 Short Chassis ans elegante Wagenheck.

Wegbereiter Aston Martin DB4

Zuvor bereite der Aston Martin DB4 den Weg. Das Fahrzeug mit der eleganten Silhouette von der Carrozzeria Touring Milano gab offenkundig die stilistische Richtung für den DB5 und auch den späteren DB6 vor. Vom DB4 wurden rund 70 offene Fahrzeuge produziert – heute selbstredend allesamt gesuchte Sammlerfahrzeuge. Das Basisfahrzeug in Gestalt des Coupés wurde in fünf unterschiedlichen Serien von 1958 bis 1963 gefertigt. Wie seinerzeit üblich, startete die Produktion des Nachfolgers parallel. Erste DB5 Modelle kamen im Juli 1963 auf den Markt. Die Produktionszeit war vergleichsweise kurz, denn schon 1965 folgte der größere Nachfolger Aston Martin DB6. Die offenen Varianten des DB5 wurden zwischen 1965 und 1966 gebaut; in einer Phase also, in der bereits bei den Coupé-Modellen der neuere DB6 bei den Händlern ausgeliefert wurde.

Dieser Umstand mag ein Grund für die vergleichsweise geringe Stückzahl des offenen DB5 sein. Insgesamt wurden nur 37 Exemplaren gefertigt. Und tatsächlich wanderten viele der für knapp 5.000 Pfund angebotenen Fahrzeuge bereits bei Erstauslieferung in Sammlergaragen. 13 dieser Fahrzeuge wiesen ein Automatik-Getriebe auf, die übrigen 24 Gleiter wurden mit einem manuellen Fünfgang-Getriebe ausgerüstet. Die Gesamtproduktion des DB5 Volante teilt sich im gleichen Zahlenverhältnis in Links- und Rechtslenker auf. Von den 24 gefertigten Rechtslenkern erhielten jedoch nur drei Fahrzeuge das begehrte Vantage-Upgrade und damit eine Leistung von über 300 PS, ein enger abgestuftes Getriebe und ein für mehr Traktion sorgendes Differential.

Eine Mischung aus DB5 und DB6

Tatsächlich jedoch repräsentieren die Volante Cabriolets dieses Typs eine Mischung aus DB5 und DB6. Denn während das gegenüber dem DB6 kürzere Chassis noch vom DB5 stammt, kommt der Antriebsstrang bereits vom Nachfolger. Die Karosserie ähnelt stark der DB6 Cabrio-Version, am Heck jedoch zeigen sich die wesentlichen Unterschiede. Während der DB6 die typische Lippe am Kofferraumdeckel und integrierte Rückleuchten aufweist, zeigt der DB5 die klassische Ansicht, jedoch keine für diesen Typ separierten Einzelleuchten.

Das hier gezeigte Fahrzeug mit der Zulassung „KJJ 2D“ wurde im Mai 1966 an seinen ersten Besitzer geliefert. Der bewies bei seiner Bestellung Geschmack und orderte seinen Aston in Californian Sage/Leather Tan, also Salbeigrün mit hellbraunem Leder. Bemerkenswert ist auch der Umstand, dass der Aston damals mit einem originalen Hardtop ausgeliefert wurde, welches bis heute existiert. 1974 stellte sich als ein Schicksalsjahr für diesen Volante heraus. Denn damals erwarb der nunmehr schon vierte Eigentümer, ein Doktor aus Oxford, des Aston. Er genoss den Sommer, doch ein elektrisches Problem holte den Wagen von der Straße. Statt ihn reparieren zu lassen, überdauerte das Fahrzeug den Winter in einer versteckten Garage auf der Isle of Wight. Und es sollten noch über 35 weitere Jahreswenden folgen, bis Jeremy Cottingham vom britischen Ferrari-Spezialisten DK Engineering den Aston aufstöberte, ihn aus dem beinahe ewigen Winterschlaf ans Tageslicht holte, sich mit den Erben einig wurde und den Fund per Trailer in den Workshop brachte. Der Tacho zeigte gerade einmal 12.000 Meilen an – dieser Aston, er ist ein echter „Time Warp“.

Die Restauration bei DK nahm rund zwölf Monate in Anspruch. Bereits im Januar 2010 war die Karosse fertig für die Lackierung im Originalfarbton. Im Juli 2010 hatte auch die Mechanik weitestgehend ihren Platz im Fahrzeug gefunden, und es folgte das aufwendige Finish im Interieur, welches bis September des Jahres andauerte. Im Ergebnis steht das Fahrzeug „besser als neu“ da und wird im Classic Driver Automarkt von DK angeboten. Das Firmenmotto „Restauration in Perfektion“ darf hier wörtlich genommen werden. Der neue Eigentümer kann sich zudem über eine sorgsam gepflegte Aktenlage ab Werksauslieferung freuen, aus welcher unter anderem hervorgeht, dass die ursprüngliche Garantie für den Aston am 15. Mai 1967 erlosch. Dieser Umstand sollte heute kein Kopfzerbrechen mehr bereiten. Der feinen englischen Fahrt steht nach der Schlüsselübergabe nichts mehr im Wege.

Aus dem Bordbuch: Datenauszug

Typ / Werksbezeichnung:
DBVC, AM DB5 Short Chassis Volante

Karosserieform:
Cabriolet

Chassis-Nummer:
DBVC/2320/R

Motor:
Reihen-Aggregat mit Vantage-Spezifikationen, Kennung 400/2734V und drei Weber-Vergasern

Zylinderanzahl, Hubraum:
6 Zylinder, 4 Liter Hubraum

Leistung:
ca. 318 PS

Höchstgeschwindigkeit:
ca. 230 km/h

Reifen bei Auslieferung:
Avon Turbospeed GT auf Speichenfelgen

Leder Interieur:
Connolly, hellbraun

Dach:
Everflex, hellbraun

Farbe:
California Sage