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Einlauf der Legenden ins neue Porsche-Museum

„Auf nach Zuffenhausen ins fast fertige neue Porsche-Museum“, lautete jetzt der lang erwartete Appell. Rund zwei Drittel des historischen Gesamtbestandes von 400 Fahrzeugen ruhten 90 Kilometer nördlich von Zuffenhausen. Mit dem Dornröschenschlaf unter Planen ist es für viele Raritäten jetzt endgültig vorbei. Geputzt und poliert bis ins letzte Detail sind die seltenen Exponate nicht, schließlich sind sie allzeit fahrbereit und sollen diese Mobilität dokumentieren.

Auszug aus Zwingenberg. Rund 50 Oldtimer wechselten innerhalb weniger Tage ihren Wohnort, vom wohltemperierten Lager in Zwingenberg am Neckar nach Zuffenhausen ins neue Porsche-Museum. Die Qual der Wahl hatte Klaus Bischof Monate zuvor, als er bestimmen musste, welche Fahrzeuge sich im Neuen Porsche Museum im Wechsel einem Millionenpublikum präsentieren sollen. Insgesamt 80 ausgewählte Top Models werden jetzt ausgeleuchtet, ins rechte, nämlich bestmögliche Museumslicht gerückt. Selbstverständlich ist der Ur-911er mit von der Partie – noch trägt das Erstexemplar des Baujahres 1965 die Farbe Grau. Doch irgendwann soll die Schönheit, auf der Herbert Linge und Peter Falk im selben Jahr den ersten Renneinsatz des 911ers bestritten, nämlich die berühmte Rallye Monte Carlo, in seine originale rote Ursprungsfarbe rücklackiert werden. Dem Lagerleben entrissen ist bald auch der 356 001, das erste offiziell auf den Namen Porsche lautende Fahrzeug. Er ist sozusagen der Urvater aller Porsche, in Amerika immer gerne gesehen – weshalb Klaus Bischof ihn auch gleich für sein Rollendes Museum verpflichtet hat und die Ikone nach Los Angeles ausfliegen wird. Und dann wird der Kultsportwagen schlechthin zur Verladung geschoben: der Carrera RS 2.7 mit dem „Entenbürzel“. 400.000 Euro ist er wert. Von kaum einem Sportwagen sind mehr Fälschungen im Umlauf.

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„160 wirklich einzigartige Fahrzeuge standen letztendlich auf meiner Liste“, erzählt Bischof. Somit hat der Chef des Rollenden Museums noch genügend Raritäten in der Hinterhand. Das erlaubt ihm, das neue Museum am Porscheplatz in Zuffenhausen jederzeit des einen oder anderen Exponats zu entledigen und durch einen genauso interessanten Ersatz aus dem Fundus zu ergänzen. Denn darum geht es bei der Konzeption des neuen Porsche-Museums: Es soll in Bewegung bleiben – durch beständig wechselnde Raritäten. „Zu jeder Tages- und Nachtzeit sind die Autos abrufbar, weil sie fahrbereit sind“, berichtet Bischof. Mit seinem Rollenden Museum sorgt er für genügend Bewegung. Kontinuierlich benötigt er nämlich Autos für den weltweiten Einsatz, sei’s zum Goodwood Revival oder zum grandiosen Auftritt in Pebble Beach. Und noch etwas ist im neuen Porsche-Museum anders als in den meisten Museen: Die Autos sind keine Show Cars. Man darf ihnen ihren Einsatz ansehen, allzumal im Motorsport. So trägt der Sieger von Le Mans anno 1987, ein Porsche 962, noch die Kampfspuren des 24-Stunden-Rennens.

Bischof verspricht viele Einzelstücke aus dem Museumsbestand, die die Welt bisher nicht gesehen hat. Da ist zum Beispiel der 914 des Ferdinand Piëch – im für die 1970er Jahre typischen knalligen Orange. Zum 40. Geburtstag erhielt er einen von zwei 914, die jemals mit 8-Zylinder-Rennmotor gebaut wurden, in seinem Fall mit Direkteinspritzung. Ferry Porsche fuhr den zweiten 8-Zylinder in Goldmetallic – als zahmere Variante mit Vergaser. Zum orangefarbenen 914 des Ferdinand Piëch gesellt sich der Prototyp des 924 Vier-Zylinder mit Audi-Motor. Ohne den unverwüstlichen 924, der in Neckarsulm produziert wurde, gäbe es heute kein Audi-Werk, damals noch NSU. Die Fremdentwicklung, beim 914 und 924 für VW, ist ein Leitmotiv im neuen Porsche-Museum. Dazu gehört auch Ferdinand Porsches Austro-Daimler.

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Die mobilen Exponate erzählen faszinierende Zeitgeschichte, sei es in der Serienproduktion oder im Motorsport. 40 Serienfahrzeuge und 40 Vertreter spannender Motorsportgeschichte werden im neuen Porsche-Museum zu sehen sein. Die Innenarbeiten im Museum sind weitgehend abgeschlossen, die Vitrinen bestückt, die Kleinexponate ebenfalls aufgebaut. Wenn das Museum Anfang Dezember endgültig fertig ist, beginnt ein Probebetrieb. Parallel dazu bleibt das alte Museum mit seinen 20 Exponaten für Besucher so lange geöffnet, bis das neue Museum im neuen Jahr offiziell eröffnet wird. Dann wandern noch zwei der 20 Exponate rüber ins neue Museum: der McLaren Formel 1 Wagen, Baujahr 1986, und der VW Käfer (Bj. 1951). Es liegt nahe, dass die Wahl für den Big Bang für den ersten öffentlichen Catwalk der Preziosen auf den Februar fallen dürfte. Nach Werks- und Winterferien und bevor der Genfer Autosalon um Aufmerksamkeit heischt. Eines wird sich dann geändert haben: Der Eintritt zur schönen alten Porschewelt im nagelneuen Zuhause ist nicht mehr kostenlos. Das genaue Datum der offiziellen Eröffnung des neuen Museums am Porscheplatz allerdings hütet der Vorstandsvorsitzende Wendelin Wiedeking derzeit noch wie seinen Gral.

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Ein Geheimnis aber wird doch noch gelüftet und das führt zurück nach Zwingenberg: Die wertvollen Porsche bis hin zum Diesel-Traktor hält KFZ Mechaniker Hermann Rüttger seit nunmehr 14 Jahren in Zwingenberg in Schuss, repariert und restauriert sie, wo nötig. Nach dem Roll-Out der Fahrzeuge ins neue Porsche-Museum wird ein Teil der Lagerhalle als Werkstatt fürs Rollende Museum etabliert. Denn die Klassik-Werkstatt, integriert ins neue Porsche Museum, soll sich den Kundenautos und der Wartung der Museumsautos vor Ort widmen können. Die Auftragsbücher dort sind übervoll. Und der Porschekunde ist schließlich König.

Text: Susanne Roeder
Fotos: Roeder und Werk / Porsche



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