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Dieser Ferrari V12 Spyder eroberte Amerikas Herzen im Sturm

Ferraris erster „Big Bore“-V12 für den US-Markt fand sofort begeisterte Zustimmung. Dieses Exemplar wurde 1952 auf der New York Auto Show ausgestellt – importiert vom großen Luigi Chinetti.

Heute lassen sich exotische Sportwagen überall auf der Welt entdecken, nicht zuletzt in den Vereinigten Staaten. Aber damals im Frühjahr 1952 lagen die Dinge etwas anders. Als der 14 Jahre alte Ronald C. Hill die Nachricht hörte, dass der erste Ferrari, der den Boden von Colorado berührte, ausgerechnet in seiner Heimatstadt Denver gelandet war, packte er seine Boxkamera, schwang sich aufs Fahrrad, um diesen Exoten mit eigenen Augen zu sehen.

Dieses Auto war genau der 340 America, der auf diesen Bildern zu sehen ist. Er wurde in einer Douglas DC-6 vom „Big Apple“ eingeflogen, nachdem der offizielle Ferrari-Importeur Luigi Chinetti ihn auf New York Auto Show von 1952 ausgestellt hatte. Entgegengenommen wurde das Auto vom frisch ernannten Ferrari-Vertreter für den amerikanischen Westen, George Joseph Junior, der prompt ein Preisschild in Höhe von 20.000 Dollar auf die Windschutzscheibe beförderte – nach heutigem Geldwert gerechnet, wären das zehnmal soviel.

Die Gegenwart dieses Sportwagens wurde als so spektakulär empfunden, dass die Zeitung „Rocky Mountain News“ und andere örtliche Publikationen Fotografen losschickten, um dieses knallrote Auto zu dokumentieren, das den Bezeichnung „America“ erhalten hatte, weil es der erste Ferrari mit einer aufgebohrten Version von Aurelio Lampredis berühmten V12 war. In Italien war dieses Triebwerk nur mit vergleichsweise kleinen Hubraum erhältlich, um einer exzessiven „Motor-Steuer“ zu entgehen.

Mit einer Kapazität, die auf 4,1 Liter erhöht worden war, um die amerikanische Vorliebe für große Blöcke zu bedienen, verwandelte dieser Motor den leichten 340 Spyder in einem blitzschnellen Sportwagen – allerdings dann auch mit dem Ruf, ein „lebhaftes“ Fahrerlebnis zu bieten, denn Bremsen und Fahrwerk waren den 260 PS nicht ganz gewachsen. Nach knapp zehn Jahren befand sich der Wert des Autos im freien Fall und kostete unglaubliche 2.500 Dollar. An dieser Stelle möchte man weinen. Im Jahr 1976, nach einer Reihe von Besitzern und etlichen Lackierungen, war der Ferrari schwarz und wirkte auch noch ungepflegt. Zu diesem Zeitpunkt allerdings, begann der Steilflug der Ferrari-Preise ins Astronomische. Grund genug, ihn umfassend zu restaurieren und zwar so behutsam, dass viele einmalige Merkmale dieses besonderen 340 America konserviert wurden. 

Obwohl dieses Exemplar aus einer Serie von fünf Stück mit ähnlicher Carrozzeria Vignale-Karosserie stammt, ist es das einzige, das neue mit eingelassenen Heckleuchten aber ohne die für den Karosseriebauer charakteristischen „Bullaugen“ an den vorderen Kotflügeln konfiguriert worden war. Außerdem wurde es zusätzlich mit feinen Chromleisten versehen, die seitlich, ungefähr Dreiviertel der Länge, von den hinteren Radläufen aus angebracht waren. Ungewöhnlich sind auch die links und rechts hoch angebrachten Standlichter, die kurz vor der Windschutzscheibe platziert wurden. Der kalifornische Ferrari-Enthusiast und Weingutbesitzer Gil Nickel erwarb das Auto 1980. Das Auto wurde wieder restauriert und neu lackiert in markantem „Giallo Fly“, ehe es im Laufe der nächsten 23 Jahre mit diesem Besitzer einen zweiten sportlichen Frühling erleben durfte. Allein dreimal startete Nickel mit seinem Ferrari bei der Mille Miglia und ging auch bei hochkarätigen Veranstaltungen wie der Monaco Historique, der Monterey Historic und der Colorado Grand damit an den Start. Außerdem gewann der Ferrari 340 America Preise in Pebble Beach und dem Schönheitswettbewerb der Emilia-Romagna.

Jetzt erstrahlt er wieder in seinem ursprünglichen Rot und wird als einzigartiges Stück amerikanischer Ferrari-Historie zum Verkauf angeboten. Im nächsten Monat verraten wir noch mehr über Geschichte dieses besonderen Autos. Bis dahin könnten Sie schon beginnen, eine passende Summe zurückzulegen, aber es sollten leider schon mehr als 20.000 Dollar sein!

 

Fotos: Marcel Massini © 2021