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Bei dieser italienischen Rallye waren nur Turbo-Sportwagen erlaubt

Mit einem Aufgebot turbogeladener Supersportwagen und Sammlerautos ist das Fuori Concorso-Team am vergangenen Wochenende den Norden Italiens unsicher gemacht. Classic Driver war dabei.

Eigentlich hätte in diesem Jahr der zweite große Fuori Concorso am Comer See stattfinden sollen. Doch die Corona-Pandemie machte den Veranstaltern einen Strich durch die Rechnung. Guglielmo Miani und sein Team ließen sich den Spass dennoch nicht nehmen: Bei einer privaten Rallye quer durch Norditalien wurden einmal mehr die Geister des sportlichen Fahrens beschworen und einen Vorgeschmack auf das Jahr 2021 gewährt: Im kommenden Jahr steht der Fuori Concorso ganz im Zeichen des Turbos – einer Technologie, die in den 1970er und 1980er Jahren ihren Siegeszug antrat und die Automobilkultur seitdem für immer verändert hat. Entsprechend waren auf der Preview-Rallye auch keine Saugmotor-Sportwagen, sondern nur Autos mit Turboladern unter der Haube erlaubt.

Die Auswahl der Autos war so handverlesen und interessant, wie wir es von den bisherigen Fuori Concorso-Veranstaltungen gewohnt sind: So staunten wir vor dem Bulgari Hotel in Mailand, dem Startpunkt der Rallye, über einen Bugatti EB110 GT, unter dessen verglaster Motorhaube sich gleich vier Turbolader befinden. Gleich daneben parkte ein Ferrari F40, der in Italien wie ein Heiligtum verehrt wird und in den nächsten Tagen immer wieder für Begeisterungsstürme sorgen sollte. Geradezu understated wirkte angesichts dieser Supercars der dunkelgrüne Porsche 996 Turbo, mit dem Christian Messina Hembry von Messina Classics nach Italien gekommen war. Und natürlich durfte auch der berühmte Bentley Turbo RT Mulliner von Larusmiani CEO Guglielmo Miani mit seinem zentralen Tachometer und der ausklappbaren Whiskeybar im Fond nicht fehlen.

Bei herbstlichem Wetter ging es von Mailand nach Turin, wo ein Besuch in den Schatzkammern des FCA Heritage Hub auf dem Programm stand. Designer und Klassik-Direktor Roberto Giolito führte uns durch die Hallen, in denen siegreiche Rallye-Lancias ganz selbstverständlich neben streng geheimen Fiat-Klassikern und Prototypen stehen. Uns begeisterte vor allem der private Fiat Panda des einstigen Firmenpatriarchen Gianni Agnelli. Nach einem ausgiebigen Lunch ging es weiter aufs piemontesische Weingut Colle Manora, das uns von früheren Besuchen noch eindrucksvoll in Erinnerung geblieben ist. Der Winzer und ehemalige Rennfahrer Giorigio Schön und sein Sohn Edo führten uns durch ihre einzigartige Lancia-Martini-Sammlung – und entließen uns erst wieder auf die Landstraße, nachdem wir von ihrem erstklassigen Monferrato Rosso gekostet hatten.  

Mittlerweile hatten sich noch noch weitere Turbo-Sportler zu uns gesellt: Ein Renault 5 Turbo 2 und ein Lancia Delta Integrale Martini 5 erinnerten uns breitbackig daran, welche kompakten Rallye-Wunderwerke die Turbolader in den 1980er und 1990er Jahren ermöglichten. Für unseren finalen Ausflug ins Gelände ließen wir die Autos allerdings stehen: Gleitet vom Trüffelhund Buk begaben wir uns auf Jagd nach den begehrten Knollen. Und tatsächlich: Nach einer wilden Hatz durchs Dickicht hielten wir wenig später tatsächlich eine schwarze Sommertrüffel und eine weiße Alba-Trüffel in den Händen. Den Abend beschlossen wir passend mit einem Trüffeldinner im Castello Grinzane Cavour.

Am nächsten Morgen machte sich die sportliche Truppe von Mailand aus auf den Weg in Richtung Comer See. Auf dem Anwesen der Villa del Grumello – wo 2019 beim ersten Fuori Concorso die Bentleys der 1990er Jahre gefeiert worden waren – arrangierten wir unsere Turbo-Sportler für ein privates Fotoshoot. Mittlerweile hatten sich noch weitere Sammlerautos hinzu gesellt – etwa ein weiß-blauer Ford GT und ein Porsche 930 Turbo, der von seinem ersten Besitzer, einem Schweizer, im Porsche-914-Farbton „Tombac“ lackiert und mit dem Interieur des 2.7 Carrera ausgestattet worden war. 

Nach einem Lunchstop in der ehrwürdigen Villa La Pliniana – an deren beeindruckenden Billardtisch schon Naopleon gespielt haben soll –  stand ein Besuch der neu eröffneten Lagerhallen des Alfa Romeo Museums in Arese auf dem Programm. Wir bewunderten die Rennwagen, Designstudien und Prototypen. Es ist immer wieder faszinierend zu erleben, auf welch großartiges Erbe Alfa Romeo nach 110 Jahren zurückblicken kann. 

Zuletzt stießen wir bei einem traditionellen Dinner im Mailänder Restaurant Al Salumaio auf die Erlebnisse der vergangenen zwei Tage, die Geschichte des Turboladers und das Fuori Concorso-Jahr 2021 an: Möge die Welt alsbald zur Normalität zurückfinden, damit derart gelungene Feiern der Automobilkultur auch wieder einem größeren Publikum zugänglich werden.

Fotos: Andrea Luzardi für Classic Driver © 2020