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Dieser einmalige Porsche 911 Baja wurde für Sand, Dreck und Ruhm geboren

Zwar nicht Jedermanns Sache, aber immer mehr Enthusiasten verlangt es nach geländegängigen Porsche 911 um sich in der East Africa Safari Rally oder der Baja 1000 zu messen. Diese verrückte, auf dem 964 basierende Schöpfung von Russell Built Fabrication erfüllt diese Träume für 650.000 Dollar.

Als „Quick Vic“ Elford Porsches Rennleiter und Pressechef Huschke von Hanstein überzeugte, ihm einen 911 für die Tour de Corse 1966 zu überlassen, ahnten vermutlich nur wenige, welche Dominanz dieser ultimative Sportwagen in dieser Arena des Motorsports schaffen sollte. Vom ersten Tag an bewies Elford, welche Fähigkeiten auch offroad in diesem 911 steckten. In den unterschiedlichsten Ausführungen blieb dieses Auto im Rallyesport bis hinein in die achtziger Jahre der Schrecken der Konkurrenz, als die werkseigenen 953 und 959 die zermürbende Paris Dakar in 1984 respektive 1986 gewannen.

Aber was, wenn die Marke ihr Engagement im Bereich Offroad weiter in den neunziger Jahren betrieben hätte und beispielsweise die 964-Generation des 911 in ein hochbeiniges, sandfressendes Powerslide-Monster verwandelt hätte? Zum Glück hat sich TJ Russell von der in Südkalifornien beheimateten Werkstatt Russell Built Fabrication genau diese Frage gestellt. Statt aber nur zu spekulieren, ob so ein Auto möglich wäre, machte er sich an die Arbeit und baute es. Achtung, Tusch! Hier ist der 650.000 US-Dollar teure Baja 911 – der nichts weniger als der ultimative luftgekühlte Offroad-Porsche sein soll. Wir sind bereit, uns überzeugen zu lassen.

Die ursprüngliche Form des serienmäßigen 965 lässt sich gerade noch ausmachen. Hätte dieses Auto so die Werkshallen in Zuffenhausen verlassen, man müsste sich fragen, was Porsches Ingenieure in der Pause rauchen. Er ist einfach hinreißend verrückt. Um rund 35 Zentimeter breiter und knapp acht Zentimeter länger, um die Stabilität zu erhöhen ist der Baja 911 ein imposantes Biest. Vor allem mit dieser gleißenden, gelbgetönten Lichterreihe an der Front. Über gewaltige 30 Zentimeter beträgt der Federweg vorne, gleich über 34 Zentimeter sind es an der Heckachse. Der Baja 911 sieht aus, als würde er jeden Augenblick einen riesigen Satz nach vorne machen.

Überhaupt sieht er aus, als könnte er nur jedes erdenkliche Terrain meistern, ob nun zerklüftete Eisfelder in der Arktis oder aufstaubende Dünen in der Sahara – und was noch so alles zwischen diesen beiden Extremen lauert. Beim gesamten Fahrwerk des Baja 911 wurden keine Kosten gescheut. Chassis und Aufhängung wurden durch den Einsatz von Komponenten aus dem Flugzeugbau verstärkt, der 3.6-Liter-Sechszylinder-Boxermotor aus dem Werk wurde von Rothsport Racing auf 3,8 Liter Hubraum aufgebohrt und mit sonderangefertigten Teilen ausgestattet, für die Bereifung wurden riesige grobstollige Pneus von Toyo ausgewählt. 

Dieser 911 fürs Gelände ist auch noch leicht: Die Stahlpaneele des Werks wurden durch welche aus Verbundwerkstoff ersetzt, die beachtliche 181 Kilo einsparen – statt 1.450 wiegt das Auto nur noch 1.270 Kilo. Mit einer auf 365 PS optimierten Maschine mit einem Drehmoment von gut 420 Nm und dem Antriebsstrang aus dem Carrera 4 besitzt man nicht nur genügend Vortrieb, sondern auch ein gehöriges Quantum Zuverlässigkeit. Um in einer brutalen Ausdauerrallye als erster durchs Ziel zu schießen, muss man bekanntlich erst einmal ankommen. 

Der Innenraum, der entweder gemäß Motorsport-Askese oder in einer luxuriösen Straßenversion bestellt werden kann, ist ein weiterer Triumph dieser kalifornischen Manufaktur. Außerdem ist dieses Cockpit vollisoliert – man kann tagelang durch die kenianische Wüste brausen, ohne taub oder von der Hitze geschwächt worden zu sein. Dass sich hier auch Details und Verarbeitungselemente auf einer Stufe mit Singer-Qualität entdecken lassen, ist nicht überraschend. Denn TJ Russell hat früher bei dem kultigen kalifornischen Veredler gearbeitet.

Für viele in der eingeschworenen Porsche-Gemeinde kommt Russell Builts Baja-hungriger 911 gerade zur rechten Zeit. Ein perfektes Timing, denn am Markt zeichnet sich verstärkt eine Nachfrage nach Klassikern aus, die man gut fahren kann, sei es bei einer Ausfahrt oder bei der wachsenden Zahl von spezialisierten Veranstaltungen weltweit. Damit stehen diese Elfer fürs Grobe ganz oben auf der Wunschliste der Enthusiasten. Eine positive Entwicklung – wir haben schon länger den Eindruck, dass die Tage der peinlich genau inspizierten makellosen Klassiker bei glamourösen Concours gezählt sind. Alltagstauglichkeit lautet das neue Gebot der Stunde.

Was könnte auf so vielen Ebenen lohnender sein, als einer physisch und psychisch fordernsten Rallyes der Welt in Angriff zu nehmen mit dem wohl größten Sportwagen aller Zeiten? Man würde zu gerne wissen, ob sich Vic Elford damals der historischen Tragweite seiner Leistung bewusst war, als er 1967 über die Ziellinie zum Sieg der Rallye Monte-Carlo fuhr? Wir verdanken ihm so viel.

Fotos: Drew Phillips © 2019 

Sie finden annähernd 1.000 Porsche 911 zum Verkauf im Classic Driver Markt.