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Magazin

Folgen Sie der Tour Auto 2018 mit unserem Rallye-Tagebuch

Fünf Tage, 2.200 Kilometer, drei Rennstrecken und zehn Spezialprüfungen - die Tour Auto zählt fraglos zu den aufregendsten historischen Rallyes weltweit. Sie bietet einige der schönsten Straßen Frankreichs und ein konkurrenzloses Aufgebot an Autos. Hier ist sie, die Tour Auto 2018 - Tag für Tag.

Los geht's

Die Tour Auto Optic 2000 wurde 1992 als moderne Interpretation der ursprünglichen Tour de France Automobile geboren. Dieses große Autorennen erlebte zwischen 1899 und 1986 immer wieder neue Auflagen. Das Rennen startet diese Woche in Paris. Wir berichten über alle Highlights: Denn bei der Tour Auto gehen über 240 historische Sportwagen von charmanten Minis bis zu bissigen BMW 3.0 CSL „Batmobiles” an den Start einer epischen Reise von Paris nach Nizza mit Gastspielen in Besançon, Megève, Avignon und Aix-en-Provence. Unser Fotograf Rob Cooper wird uns mit Bildern von diesem außergewöhnlichen Rennen versorgen, während Rémi Dargegen zum ersten Mal als Teilnehmer mit von der Partie ist - am Steuer eines hinreißenden und sehr lauten Abarth-Simca 2Mila.

Sonntag

Mit Ehrfurcht verfolgten wir am Sonntag als sich die ehrwürdige Architektur des Grand Palais in Paris allmählich mit Autos füllte. Dabei wussten wir einfach nicht, ob die weichen Knie und die Schweißtropfen auf der Stirn von der für die Jahreszeit ungewöhnlichen Hitze herrührten oder von der schlicht atemberaubenden Kollektion großartigen Metalls, die sich vor unseren Augen formierte. Zu den ersten Highlights gehört ein echtes Shelby Cobra Daytona Coupé, ein böser Lancia Stratos Gruppe IV, ein wunderbar für die Rallye vorbereiteter Citroën SM und natürlich 1 MUF - dahinter verbirgt sich der Ford GT40 von James Cottringhams und Andrew Smiths Scuderia Bear, die im letzten Jahr in grandioser Form Gesamtsieger wurden. Wir wünschen ihnen, allen anderen Telnehmern - inklusive vieler Classic Driver-Händler - von ganzem Herzen: Alles Gute!

Montag

Am Montag der Tour Auto kann man sie erstmals gemeinsam erleben – die unzähligen Rennautos, die in den heiligen Hallen des Grand Palais in thematischen Gruppen geordnet auf den Start am frühen Dienstagmorgen warten. Es ist ein faszinierendes Erlebnis, den Inspektoren bei den technischen Kontrollen und den Mechanikern bei ihren letzten Verbesserungen über die Schulter zu schauen. Die Vorfreude und Anspannung der Team ist geradezu mit Händen zu greifen – und wem es wie unserem alten Bekannten Dylan Miles gelingt, den Sponsorenaufkleber gleichmäßig auf sein Auto zu kleben, beweist bereits Nerven aus Stahl. Auch wenn die Tour erst am nächsten Tag beginnt, ist im Grand Palais jedoch schon zu erkennen, wer wirklich gewinnen will – oder sich nur auf eine sportliche Rundfahrt durch die schönsten Gegenden Frankreichs freut. Und egal ob man im engen Cockpit eines Lancia Stratos schwitzt oder auf den Loungesesseln eines Ford Galaxy über die Landstraßen blubbert, zählt doch vor allem, dabei zu sein. Der Countdown läuft.

Dienstag

Das Echo der 240 im Grand Palais warmlaufenden Autos hinter uns lassend, fuhren wir direkt zum Eifel-Turm, um auf die Vorbeifahrt der ersten Teilnehmer zu warten. Im frühen Morgenlicht glitzerten ihre vom Regen noch nassen Karosserien, während ihre freudigen Gasstöße und bellenden Zwischengasmanöver zweifellos halfen, die Stadt aufzuwecken. Von Paris führte die Route nach Süden zum Chateau de Courances, dem „offiziellen“ Startpunkt der Tour de France. Als wir dort ankamen, trafen noch Autos ein, während frühere Gruppen schon wieder weitergafahren waren. Wir hätten an diesem traumhaften Ort locker den ganzen Tag verbringen können, doch ging es schon weiter nach Dijon-Prenois, zur ersten von drei Rennstrecken und ersten Möglichkeit, die historischen Renner von der Leine zu lassen.  Die Highlights des restlichen Tages waren Ford GT40 und Ligier JS2, die durch verschlafene französische Dörfer heulten - die Tour de France ist einfach herrlich verrückt. 

Mittwoch

Diese ganz besonderen Momente bei der Tour Auto sind die Starts am frühen Morgen. In Besançon waren heute die Autos ins erste Sonnenlicht getaucht, Tau funkelte auf den Windschutzscheiben, heißer Nebel tanzte um die Auspuffrohre. Bei der Fahrt durch kleine Weiler wie Ornans verblüffte das Gurgeln eines Spezialmotors so manchen Dorfbewohner auf dem Weg in die Boulangerie, aber die Begegnung zauberte ein Lächeln auf ihr Gesicht. Entlang anderer Punkte auf der Route, hatten es sich Zuschauer auf Stühlen bequem gemacht und mit Käse und Wein zur Hand genossen sie das Spektakel der vorbeiziehenden Tour Auto-Teilnehmer. Das erste Ziel des Tages war der Circuit de Bresse - ein schneller Rennkurs mit anspruchsvollen Kurven, die den donnernden Ford GT40 eher gefielen als den schwankenden BMW 2002 Turbos. Später, auf dem Col de Aravis, hatten wir die Schwüle der Täler hinter uns gelassen und wurden von schneebedeckten Bergen begleitet ehe wir im eleganten Wintersportort Megève ankamen. Diese hochalpine Gipfellandschaft war die perfekte Kulisse für Fahrer und ihre geschäftigen Teams, die Maschinen überprüften und Reparaturen ausführten. Wenn die Etappe gut gelaufen war, könnten ein bis zwei Biere genossen worden sein!

Donnerstag

Um ein wenig Vorsprung vor dem Hauptfeld zu haben, verließen wir Megève besonders früh. Zwar war der Himmel bedeckt, doch entschädigten dafür die schneebedeckten Gipfel im Hintergrund. Auf einem besonders kurvenreichen Stück zwischen Clelles und Châtillon-en-Diois trafen wir auf eine Gruppe von Teilnehmer, die dort ein spontanes Picknick organisiert hatten. Darunter ein Trio Porsche 911, ein Autobianchi A112 Abarth und der führende Ford GT40 von James Cottingham und Andrew Smith. Die Sonderprüfung des Tages in Saint-Nazaire-le-Désert hatte etwas von Mille Miglia - der Sound der Autos hallte von den Gebäuden des historischen Ortes wider, während sie sich durch schmale, aufwärts führende und von Häusern mit geschlossenen Fensterläden gesäumte Gassen den richtigen Weg suchten. Ein Spektakel, das uns dazu bewog, die Rundstreckenprüfung auf der Strecke von Lédenon weitgehend auszulassen.    

Freitag

Als wir von Avignon Richtung Süden nach Aix-en-Provence führen, veränderte sich die Landschaft - wir waren dort, wo der Wein angebaut wird. Zunächst stand am Morgen die Sonderprüfung in La Gabelle an, danach entspannten wir bei einem wohl verdiensten Mittagessen in der bezaubernden Stadt Saint-Maximin-la-Sainte-Baume, wo das Areal des mittelalterlichen Konvents ersten Ankömmlingen der Rallye mit dingend benötigten Schatten um die Autos abzukühlen spendete. Danach ging es zügig zu Paul Ricard. Aus dem herrlichen Sonnenwetter wurde kühle Wolkenbedeckung - ideale Verhältnisse, um in einem alten Auto um den berühmten Kurs zu rasen, als gäb´s kein morgen. Als wir abends durch den Parc Fermé in Aix-en-Provence schlenderten, entdeckten wir einen Porsche 911 RS und einen Ferrari 275 GTB, die gerade von einem Hänger abgeladen wurden. Die 2.000 Kilometer der Tour Auto sind herausfordernd lang, so mancher spart sich eine Etappe, um an Ende über die Ziellinie fahren zu können. Wie schon während der ganzen Woche, säumten Enthusiasten oder welche, die sich gerade zufällig an der Route befanden, den Weg und nutzten sofort die Gelegenheit die Fahrer und diese fantastischen Autos hautnah zu erleben. Und das Beste kommt zum Schluss: Noch ein Tag und wir sind in Nizza!

Samstag

Einerseits waren wir traurig, dass uns jetzt die letzte Etappe bevorstand, aber zu wissen, dass uns noch ein ganzer Tag am Steuer mit der Route von Aix-en-Provence nach Nizza bevorstand, entschädigte uns schnell. Nach einem kurzen Abstecher in die lebhafte Stadt Fayence, ging es eine kurze Distanz in südliche Richtung, wo uns bei Pays de Fayence eine Sonderprüfung erwartete. Allerdings waren die Einheimischen von der Sperrung ihrer gewohnten Straße mehr als verblüfft. Die Fahrer ließen sich von dem bekundeten Missfallen aber nicht aus der Ruhe bringen und gaben bergab alles. Wir wären gerne noch bis zum Chateau de Toulane fürs Lunch mitgefahren, aber wir wollten unbedingt vor den ersten Ankömmlingen der Rallye in Nizza sein, um zu erleben, wie sie die Ziellinie passierten. Die schiere Zahl an Zuschauern war fantastisch - jedes Mal, wenn sich ein Tour Auto-Teilnehmer dem roten Teppich näherte, brach ohrenbetäubender Jubel aus.

Jedes Team bekam bei der Ankunft Champagner durchs Autofenster gereicht, ein Geschenk, das ein großes Lächeln aufs Gesicht zauberte und von einem festen Händedruck begleitet wurde. Nachdem sie während der gesamten Rallye geführt hatten, musste 1 MUF, der Ford GT40 von James Cottingham und Andrew Smith, nach einem Getriebeschaden bei der vorletzten Etappe aufgeben. Schade, die Tour 2018 ist vorbei, aber was für eine Woche liegt hinter uns. Diese robusten, tapferen Maschinen sind täglich mehrere Hundert Kilometer im sportlichen Wettkampf unterwegs gewesen und wurden auch bei den Sonderprüfungen und auf den Rennstrecken nicht geschont. Das ist eine reife Leistung für jedes Auto, geschweige denn, für jene, die 1951 gebaut wurden. Wir bedanken uns herzlich bei Peter Auto und den unermüdlichen Organisatoren und freuen uns schon auf das nächste Jahr.

Fotos: Rob Cooper für Classic Driver © 2018

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