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Bentley Continental GT: Designentwicklung

Bentley Continental GT: Designentwicklung Die an den Design Director Dirk van Braeckel gestellte Aufgabe, nach fünfzig Jahren den ersten vollkommen neuen Bentley zu entwerfen, hörte sich ebenso einfach an wie ihre Realisierung schwierig war: Ein GT Coupé mit modernem Auftritt aber dennoch ein typischer Bentley, von zeitloser Eleganz und betonter Sportlichkeit, für vier Personen und ihr Reisegepäck. Es galt nicht nur, den neuen Bentley den Bedürfnissen des 21. Jahrhunderts anzupassen, sondern ihn zur Grundlage einer neuen Modellgeneration zu machen, die weitgehend die Zukunft des gesamten Unternehmens bestimmen würde.

Die Arbeiten am GT Coupé nahmen im August 1999 ihren Anfang. Schon im Dezember konnten dem Vorstand erste Resultate präsentiert werden. »Wir waren selbst überrascht, welches Pensum wir in weniger als vier Monaten geschafft hatten,« erinnert sich van Braeckel. »Normalerweise ist der Prozess einer neuen Konzeption sehr zeitaufwendig. In unserem Fall machten sich die richtigen Leute an die Arbeit, talentierte Designer, die sofort verstanden, worauf es ankam und wie die Aufgabe anzugehen war.«

Dirk van Braeckel räumt ein, dass sich seine Designphilosophie am Bentley-Erbe orientiert und er von bestimmten Modellen inspiriert wurde, die in der Geschichte von Bentley eine Schlüsselrolle einnehmen. »Ich habe aber stets betont, dass ich nichts von Retro Design halte. Es wäre der falsche Weg gewesen, einen 1952er R-Type Continental zu nehmen und ihn über 50 Jahre hinweg in die Gegenwart zu projizieren.«

Sein Blick zurück galt vielmehr der Identifizierung jener Stilelemente, die einem Wagen wie dem R-Type Continental einst seinen unverwechselbaren Charakter gaben – was einen Bentley zu einem Bentley macht, in welcher Epoche auch immer. »Ich habe versucht, die Wurzeln zurückzuverfolgen. Wenn man zu den Anfängen zurückgeht, wird einem klar, dass es immer der Motor war, dem eine zentrale Rolle zufiel. Man sah einem Bentley immer an, dass er ein großes Triebwerk hat, gut für hohe Geschwindigkeiten, dabei niedrigtourig und von müheloser Kraftentfaltung. Diese Kriterien gelten heute wie damals.«

Wenngleich alles, was sich unter der Motorhaube und im Interieur des Wagens befindet, zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch der Geheimhaltung unterliegt, steht fest, dass nicht allein Bentleys Motorenkonstrukteure und Antriebsexperten die Herausforderung erkannt hatten, sondern auch das Team der Designer. Dirk van Braeckel zeichnet für das Gesamtkonzept verantwortlich, so dass die häufig gegensätzlichen Ansichten von Technikern und Designern optimal und zu gegenseitigem Nutzen auf einen gemeinsamen Nenner gebracht werden konnten.

Um die für Bentley typischen Proportionen zu erzielen, musste das GT Coupé vorn einen möglichst geringen Überhang und eine langgestreckte Motorhaube bekommen, was in einer beträchtlichen Distanz zwischen Vorderachse und A-Säule resultiert. Zugleich aber galt es, den Wagen dadurch nicht übermäßig lang geraten zu lassen, was seine Eleganz und seine Praktikabilität negativ beeinflußt hätte. Ebenso musste die Kabine schlank und kompakt ausfallen.

Diese Parameter wurden in eine Formensprache übertragen, die Dirk van Baeckel meisterhaft beherrscht. Er arbeitete zuvor für Audi und hat dort bewiesen, dass methodisch angewandtes Industriedesign im Automobilbau funktionsgerechte Lösungen zeitigen kann.

Bentley Continental GT: Designentwicklung Dennoch war der Ansatz für das Design des GT Coupés ein völlig anderer. Es musste mit Leben erfüllt sein, wie der Muskel eines Athleten, der sich spannt und wieder entspannt, skulptural und doch schlank.

Als die technischen, historischen und emotionalen Vorgaben für den neuen Wagen feststanden, machte sich das schnell wachsende Team um van Braeckel an die Arbeit. Das Design sollte aus jedem Blickwinkel überzeugen, auch aus der Vogelperspektive. »Jedes Detail des Wagens sollte stets Teil des Ganzen sein und durfte kein Eigenleben führen, mochte es für sich selbst genommen auch noch so schön aussehen,« sagt er.

Die Gesamtform ist sehr komplex, mit unterschiedlichen Oberflächenformen, die jeweils einer eigenen Spannung unterliegen, insgesamt aber eine Harmonie ergeben. Disziplinierte Konsequenz läßt keine Verspieltheiten aufkommen. Chrom findet sich nur dort, wo entsprechende Akzente erwünscht sind.

Die Kabine des Coupés ist pfostenlos gehalten. Man hätte ihr ohne weiteres eine B-Säule geben können, doch eine durchgehende seitliche Fensterfläche war reizvoller. »Hätten wir uns anders entschieden,« meint van Braeckel, »wäre sicher niemand auf den Gedanken gekommen, uns zu kritisieren. Aber als wir feststellten, wie gut das Coupé ohne B-Säule aussieht, kam für uns gar keine andere Lösung in Frage. Allerdings standen unsere Kollegen von der Konstruktion dadurch vor zusätzlichen Herausforderungen...«

Von wesentlicher Bedeutung war die Einbeziehung der Heckpartie in das Gestaltungskonzept. Das Fahrzeugheck muß genügen Abtrieb gewährleisten, um den Wagen bei den sehr hohen Geschwindigkeiten, die er nicht zuletzt durch seine ausgefeilte Aerodynamik erreichen kann, absolut fahrstabil zu halten. Die Herausforderung lag in der Gestaltung eines Spoilers, der genügend Effizienz besaß, dabei aber – ganz Bentley – auf keinen Fall spektakulär wirken durfte.

Das Designerteam war sich darüber im Klaren, dass Frontscheinwerfer und Rückleuchten ganz besondere Elemente eines Autos darstellen. Man entschied sich für ovale Formen, wie sie in Bentleys Designgeschichte häufig zu finden sind, hier aber eine neue und sehr einprägsame Umsetzung erfuhren. Ungewöhnlich bei der Vier-Leuchten-Anordnung ist die deutlich größere Auslegung des inneren Scheinwerferpaares, wodurch die Front nicht nur ein markantes »Gesicht« erhält, sondern auch an jene Zeiten erinnert, als in den 20er und 30er Jahren die großen Luxusautomobile ebenfalls ein eng beiderseits des Kühlers angeordnetes Lampenpaar großen Durchmessers aufwiesen. Abgesehen von stilistischen Überlegungen garantiert diese Anordnung der Scheinwerfer eine optimale Ausleuchtung der Straße.

Die bezweckt aber noch etwas anderes: Die Blicke werden auf den markanten Kühlergrill gelenkt, der dem Erscheinungsbild des Wagens Unverwechselbarkeit und Präsenz verleiht.

Bentley Continental GT: Designentwicklung Einzelheiten zum Interieurdesign sind noch nicht zur Veröffentlichung bestimmt, aber man darf sicher sein, dass sie wie das Äußere des Coupés zeitgemäß und in jeder Hinsicht » Bentley typisch « sind. Und wie alle Bentleys, wird es auch das GT Coupé in einer Vielzahl von Spezifikationen geben. Dank der Kreativität des Personal Commissioning Teams und des Design Departments lassen sich individuelle Kundenwünsche fast unbegrenzt verwirklichen.

Kein Zweifel: Das GT Coupé markiert erst den Anfang einer Design-Revolution in Crewe. Bevor Dirk van Braeckel im April 1999 eintraf, umfasste das Designteam nur drei Personen. Heute beläuft sich die Mitarbeiterzahl auf 48 und wächst noch immer – in ihrem Studio auf dem Werksgelände arbeiten sie an den Bentleys von morgen.

Während die meisten von ihnen Absolventen von Designschulen sind oder vorher bei anderen britischen Automobilherstellern tätig waren, kommen einige aus Ländern wie USA oder Brasilien. Dirk van Braeckel fasst zusammen, was diese Zusammensetzung für ihn und das ganze Team bedeutet: »Sie ist bezeichnend für den grundlegenden Wandel, der sich in Crewe vollzogen hat, und welchen Stellenwert das Thema Design bei Bentley heute genießt. Wir könnten sechs Mal soviel Leute sein und hätten trotzdem alle Hände voll zu tun, um die vor uns liegenden Arbeiten zu bewältigen.«

Text und Bilder: Bentley Motor Company