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Brabus E V12: Der schwarze Baron

Eine düster anmutende Stahlhütte im Norden von Duisburg. Riesige Rohre, Gasometer, Stahlöfen und Gießereien bauen sich gigantisch und Angst einflößend vor einem auf. Wo würde das Batmobil Brabus E V12 besser hinpassen?

Denn Bruce Wayne würde sich zumindest in seiner nächtlichen Rolle als Verbrecherjäger wohl genau hier seinen Batcave gebaut haben. Wie aus dem Nichts steht auf einmal eine mattschwarze Limousine vor der großen Gießhalle. Dass das eine Mercedes E-Klasse sein soll, sieht man erst auf den zweiten Blick. Doch nicht die beißenden LED-Augen in der Frontschürze oder das fehlende Markenlogo im Kühlergrill ziehen die Blicke auf sich, sondern opulente Karbonelemente und die komplette Verkleidung der hinteren Radhäuser. Kein Wunder, dass dieses Batmobil in der einst für viele unwirklich erscheinenden Stahlregion des Ruhrgebiets auf die Welt gekommen ist. Mercedes-Tuner Bodo Buschmann aus Bottrop wollte nach der erfolgreichen Bullit-Baureihe schlicht die schnellste Limousine der Welt bauen. Nach mehr als einem halben Jahr Bau- und Entwicklungszeit ist der Brabus E V12 daraus geworden.

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Noch hat der mattschwarze Bolide keinen Ton von sich gegeben, doch man nähert sich ihm besser mit Bedacht. Im Hintergrund hämmern die dumpfen Schläge der Rostklopfer, die sich am erloschenen Hochofen zu schaffen machen. Immer wieder fällt der Blick auf die beeindruckenden Rohrkonstruktionen im Hintergrund, die der Emscherregion in der Vergangenheit das Überleben ermöglichten und als laut schlagendes Herz der Bundesrepublik galten. Der Brabus E V12 sieht aus jedem Blickwinkel gefährlich aus. Eine automobile Mischung aus Batmobil, Darth Vader’s Helm und dem unvergleichlichen Taxi-Charme einer langweiligen Mercedes E-Klasse. Buschmann wollte eine E-Klasse, wie keine. Das ist ihm gelungen und jetzt heißt es zugreifen. Denn der über 370 km/h schnelle E V12 ist limitiert auf gerade einmal zehn Fahrzeuge. „Bereits bevor das erste Fahrzeug fertig war, waren die ersten beiden Modelle verkauft“, so Brabus-Sprecher Sven Gramm. Und die Chancen stehen nicht schlecht, dass sich die Zahl der verbliebenen acht Modelle nach der IAA gegen Null bewegen sollte.

Drei Jugendliche kommen zufällig vorbei. „Hey, was‘n das für einer? Was kostet der?“, ruft der größte der drei. „Eine halbe Million“, entgegnet Brabus-Entwicklungsleiter Ulrich-Joachim Gauffrés. Das hat gesessen wie ein Faustschlag von Batman. Den drei Burschen fallen die Augen aus dem Kopf. Sie scheinen kurz betäubt, rappeln sich schnell wieder auf und zücken die unvermeidlichen Handykameras – den Blick immer noch auf das schwarze Ungetüm gerichtet. Doch die von Gauffrés benannte halbe Million als Kaufpreis ist nicht die ganze Wahrheit. An sich kostet der Brabus E V12 exakt 498.000 Euro zzgl. Mehrwertsteuer – macht 592.620 Euro. Sonderwünsche nicht inbegriffen. „Die mattschwarze Lackierung kostet nochmals 20.000 Euro extra. Die ist sehr aufwendig“, erzählt Gauffrés weiter, „wir haben im Februar mit den Planungen für den E V12 angefangen. Jetzt sind wir letzte Woche fertig geworden.“

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Was herausgekommen ist, kann der geneigte Kunde erstmals auf der IAA bestaunen. Der E V12 ist die schnellste und wohl spektakulärste E-Klasse aller Zeiten. Kein Gedanke mehr an den alles andere als langweiligen Brabus CLS Bullit. Der schaffte 366 km/h. Doch das war gestern. Als der Motor des jüngsten Brabus-Spross startet, ahnt der Betrachter, dass das achtköpfige Buschmann-Team im letzten halben Jahr keine halben Sachen gemacht hat. Zwölf Zylinder brabbeln, beißen, fauchen und grollen selbst bei Leerlaufdrehzahl hungrig vor sich hin. Der erste Gasstoß bringt selbst den Hochofen des Landschaftsparks Duisburg-Nord zum Beben. Die Schläge der Rostklopfer verstummen – vor Ehrfurcht. Von der 5,5 Liter großen Triebwerksbasis des Mercedes S 600 ist unter der Motorhaube des E V12 nicht viel mehr als der Block geblieben. Hubraumerweiterung, zwei Turbolader und vier Ladeluftkühler entlocken dem neuen 6,3-Liter-V12 eindrucksvolle 588 kW / 800 PS. Noch brachialer als Klang und PS-Leistung brennen sich die 1.420 Nm maximales Drehmoment in den Kopf. Weil diese Leistung über eine Antriebsachse gar nicht auf den Boden zu bekommen ist, wurde herunter geregelt: auf 1.100 Nm. „Für einen zusätzlichen Antrieb an der Vorderachse hatten wir bei einem derartigen Triebwerk überhaupt keinen Platz“, so Ulrich-Joachim Gauffrés, „daher nur 1.100 Nm. Wir arbeiten wie gewohnt mit der Fünfstufen-Automatik in der Maybach-Konfiguration. Die ist einfach am besten. Doch eigentlich würden auch drei Gänge reichen.“

Die Fahrleistungen treiben verwöhnten Ferrari- oder Porsche-Piloten die Schamesröte auf die Stirn. Vier bequeme Ledersitze, mächtig Kofferraum und eine Menge Komfort bietet der Über-Brabus wie jede E-Klasse. Trotzdem katapultiert einen der E V12 in 3,7 Sekunden von 0 auf 100 km/h. Die 200er-Marke rast bei knapp zehn Sekunden vorbei und die Höchstgeschwindigkeit liegt bei über 370 km/h. „Ohne eine entsprechende Aerodynamik ist in diesen Regionen gar nichts zu machen“, erklärt Technikleiter Ulrich-Joachim Gauffrés, „das Motto heißt: form follows function. Die verkleideten hinteren Radhäuser bringen uns mindestens vier km/h mehr Spitzengeschwindigkeit – vielleicht sogar mehr.“ Nach der IAA kommt das Fahrzeug mit der Seriennummer eins in den Windkanal. Erst dann steht fest, wie schnell er wirklich ist. Im November geht es in die Kundengarage. Doch nicht Batman kann sich über den ersten Brabus E V12 freuen, sondern ein Scheich aus den Vereinigten Arabischen Emiraten. Für den sind Brabus-Raketen nichts Neues: er hat bereits zehn davon. Endlich fangen auch die Rostklopfer wieder an zu hämmern. Das Leben am erloschenen Stahlofen kann weitergehen.

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Text & Fotos: Stefan Grundhoff


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