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Porsche 911 Turbo S Cabrio: Offene Verführung

Das Stoffverdeck geöffnet, die Sonnenbrille auf der Nase, 530 PS im Nacken und schon lockt die Verführung, permanent in nur 3,4 Sekunden von 0 auf 100 km/h spurten zu können. Unter den Straßen-Elfern ist der Turbo S in jeder Hinsicht das Nonplusultra – auch wenn ihm im Vergleich zum klassischen 911er Cabrio das gewisse Understatement fehlt.

Das Herzstück des Porsche Turbo S ist der ultimative Sechszylinder-Boxer mit 3,8 Litern Hubraum und zwei Turboladern mit aufwendiger, variabler Turbinengeometrie. Für überragende Traktion sorgt der aktive Allradantrieb in Kombination mit dem Doppelkupplungsgetriebe, kurz PDK. Dieses Antriebspaket verlockt den Fahrer permanent, die 530 PS und das maximale Drehmoment von 700 Newtonmetern abzurufen und damit das Gros aller Supersportwagen an der Ampel zurückzulassen – auch die, die im Grundpreis 100.000 Euro teurer sind, doppelt so viele Zylinder haben und auf angriffslustige Namen wie Lamborghini Murciélago LP640 Roadster hören.

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Im Kontrast zum klassischen 911er Cabriolet unterbrechen riesige Lüftungseinlässe hinter den Türen und der permanent auf dem Heck thronende Flügel die sonst so fließende 911er-Urform. Bei Geschwindigkeiten jenseits von 120 km/h spaltet sich zudem der Heckflügel und fährt nun sogar, als so genannter „Spaltflügel“, nochmals um 6,5 Zentimeter in die Höhe. Dies mag zwar für den ein oder anderen Beobachter als Angeberei erscheinen – vor allem, wenn der Flügel per Knopfdruck ausgefahren wurde und im Stadtverkehr zweigeteilt zu sehen ist – angesichts der enormen Beschleunigung und einer möglichen Endgeschwindigkeit von 315 km/h ist diese ausgefeilte Aerodynamik jedoch absolut erforderlich, um das Cabriolet sicher in der Spur zu halten.

Alle extrovertierten Freiluft-Piloten denen der visuelle Auftritt im offenen Schwaben nicht „Eye-Catcher“ genug ist, können sich auch sekundenschnell per Tastendruck Gehör verschaffen. Das sonst nur optional erhältliche Sport-Chrono-Paket ist im Turbo S serienmäßig verbaut und offeriert dem Fahrer eine „Sport-Plus-Taste“, die den Drehzahlmesser und damit den Soundpegel unverzüglich in die Höhe schnellen lässt. Spätestens jetzt wird jeder Verkehrsteilnehmer aufmerksam. Denn die Schaltstrategie ist nun auf „Rennstrecken-Modus“ umgestellt, das heißt: extrem kurze Gangwechsel und optimale Schaltpunkte, die jederzeit eine maximale Beschleunigung ermöglichen. Allerdings ist diese „Gang-Art“ im engen Stadtverkehr mehr Gefahr als Nutzen und sollte mit Bedacht nur auf freien Landstraßen und Autobahnen eingesetzt werden.

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In Verbindung mit dem Doppelkupplungsgetriebe PDK enthält das Sport Chrono Paket eine weitere Funktion, die über die Sport-Plus-Taste aktiviert wird und wahrlich pure Sportlichkeit an der Grenze zum Motorsport verspricht: die Launch Control. Sie ermöglicht die perfekte Anfahrbeschleunigung, quasi einen Rennstart. Die Porsche Bedienungsanleitung beschreibt die Funktionsweise wie folgt: „Drücken Sie bei eingelegter Fahrstufe „D“ die Sport-Plus-Taste. Dann mit dem linken Fuß das Bremspedal betätigen und anschließend mit dem rechten Fuß Vollgas geben. Durch den Kickdown des Gaspedals wird der Launch-Modus erkannt und die optimale Drehzahl von circa 5.000 /min eingestellt.“ In der Anzeige des Lenkrades erscheint „Launch Control“. Nun ist die Kupplung leicht angelegt und jetzt heißt es: Augen auf, Lenkrad festhalten, schnellstmöglich die Bremse lösen und spüren, welche Beschleunigungsleistung möglich ist. Selbst getestet schwärmt man noch tagelang davon, ehe die Erinnerung verblasst und der offene Verführer zur Wiederholung ruft.

Bei diesem Sportwagen über Verbrauchswerte und Emissionen zu philosophieren, ist wohl für Fahrer und Käufer kaum von Bedeutung. Der Form halber soll dies natürlich erwähnt sein: Porsche gibt den Verbrauch außerstädtisch mit 8,2 Liter auf 100 Kilometer an und innerstädtisch mit 16,7 Liter auf 100 Kilometer, bei einer CO2-Emission von 270 g/km. Angesichts der immensen Leistung sind diese Werte durchaus vertretbar. Auch wenn der Bordcomputer während des gesamten Fahrtests die 16-Liter-Marke nicht unterschritten hat, sollte eine Fahrt unterhalb der 10-Liter-Grenze möglich sein, insofern man gewillt ist, seinen Gasfuß zu zügeln.

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Fazit: Ein offener Porsche Turbo S, mit auffälligen Heckflügel, verbreiterten Kotflügeln, überdimensionalen Lufteinlässen und 19-Zoll-Felgen mit Rennsport-Zentralverschluss ist kein Automobil für introvertierte Menschen. Wer diesen Porsche fährt, möchte auffallen und gesehen werden. Die Frage, wie viel Sinn ein Cabriolet mit diesen Leistungswerten macht, wollen wir hier gar nicht erst stellen. Nur eines steht fest: Es macht verdammt viel Spaß.

Das Porsche Turbo S Cabriolet kostet im Grundpreis 184.546 Euro und damit genau 24.395 Euro mehr als ein Turbo Cabriolet ohne „S“. Nun ein Tipp für Kaufinteressierte: Das Turbo S Cabrio ist serienmäßig mit so vielen Extras (Porsche Keramikbremsen, Sportschalensitze in Volleder, Sport Chrono Paket…) ausgestattet, dass es im Vergleich zu einem identisch ausgestatteten Porsche Turbo Cabriolet sogar günstiger ist. Damit schlägt das neue Porsche Turbo S Cabriolet seinen Bruder nicht nur in Leistung (530 zu 500 PS), Beschleunigung (3,4 zu 3,8 s auf 100 km/h) und Höchstgeschwindigkeit (315 zu 312 km/h), sondern letzten Endes auch im Preis.

Text: Tassilo C. Speler
Fotos: Jan Baedeker

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