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Magazin

Tojeiro MG Barchetta Sports Racer

Rarer Racer

Text: Mathias Paulokat
Fotos: Darin Schnabel ©2010 Courtesy of RM Auctions

MG – kennt beinahe jeder. In Kombination mit Tojeiro entern wir jedoch Kennergefilde. RM versteigert in Kürze Chassis-Nummer RMS1 und damit einen MG Tojeiro Barchetta Sports Racer. Wir inspizieren das Lot in unserer Klassikerrubrik.

Nein, dies ist kein Aston Martin. Auch wenn man sich von der Frontmaske mit den heruntergezogenen Blechpartien schnell zu dieser Identifikation hingezogen fühlt. Allzu ähnlich ist der Look mit der „Droop snoot“ dem typischen Aston-Look; doch Fehlanzeige. Dann ist es ein Prototyp einer frühen AC Cobra? Schon eher und dennoch falsch.

Es handelt sich hierbei um einen originalen und total restaurierten Tojeiro MG Barchetta Sports Racer, Baujahr 1952 – und damit um eine echte Rarität, die am 23. Juni 2011 bei RM Auctions unter den Hammer kommt. Bleibt zuvor noch etwas Zeit, das Lot genauer zu inspizieren. Das Fahrzeug stammt aus der Feder und Schmiede von John Tojeiro, der tatsächlich auch die Linien des AC Ace zeichnete.

Die Geschichte

Es liest sich wie eine Geschichte der automobilen Gründerzeit: In den frühen 1950er Jahren beauftragte ein gewisser Cliff Davies einen gewissen John Tojeiro, ihm ein Rennfahrzeug mit einem 2-Liter Sechszylinder-Motor aus dem Hause Bristol zu fertigen. Tojeiro, gebürtig in Portugal, war in jener Zeit bereits als Fahrzeugdesigner und –entwickler von sogenannten „Specials“ bekannt. Er hörte auf den Spitznamen „Toj“ und entwickelte einige bemerkenswerte Sport- und Rennfahrzeuge, die sich meist von Sportwagen bekannter Hersteller ableiteten. Bei den als „Specials“ titulierten Automobilen handelte sich dabei meist um sportliche Varianten von Tourenwagen. John Tojeiros wohl größte Leistung gelang mit Entwurf und Entwicklung des AC Ace, aus welchem Caroll Shelby später die AC Cobra ableitete.

Als Basis für den Bristol-Auftrag diente ein Fahrzeug mit der Zulassung „LOY 500“, welches eine Karosserie von Panelcroft aufwies und einem Ferrari 166MM Barchetta ähnlich sah. Bekanntlich leitete sich das Bristol-Aggregat vom erfolgreichen BMW 328 ab. Es leistete knapp 130 PS. John Tojeiro schien von seinem Ergebnis derart überzeugt, dass er sich veranlaßt sah, eine weitere Barchetta auf MG-Basis zu entwickeln. „LOY 501“ gilt hier als Referenzfahrzeug. In der Folge erstand auch das Fahrzeug mit der Zulassung „LOW 77“, welches jetzt von RM angeboten wird und rund 120.000 Pfund einbringen soll. Das Auto hat einen dicht an das Cockpit gerückten 1,5-Liter Motor mit vier Zylindern und zwei SU-Vergasern. Geschaltet wird mittels manuellem Viergang-Getriebe, gebremst mir vier hydraulischen Trommelbremsen.

Verbindungsfahrzeug

Es liegt nahe, dass solche One-Off-Projekte meist als rollende Botschafter fungierten und durch ihre Präsenz und sportlichen Erfolge im Idealfall weitere Aufträge generierten. Ähnlich in diesem Fall: „LOW 77“ wechselte den Eigentümer und ging an Reg Bicknell, der in der damaligen Formel 3 aktiv war. Doch die Liaison sollte nur von kurzer Dauer sein, da sportliche Erfolge ausblieben. Und so erwarb Ormsby Izzard-Davies den Barchetta Sports Racer mit dem eigenwilligen Heckdesign. Mit Alan Moore am Steuer schnitt das Auto in der Saison 1954 in Crystal Palace und Silverstone tatsächlich besser ab. Zeitgenössische Fotos zeigen das Auto bei diesen Einsätzen.

Allerdings rüstete auch die Konkurrenz ihren Fuhrpark auf. 1955 trumpften leichte Lotus und Cooper Fahrzeuge auf, die erkennbar schneller waren als Fahrzeuge mit MG-Motoren, eingeschlossen „LOW 77“. Izzard-Davies verkaufte daher seinen Sports Racer Ende 1954. RM berichtet von einem Inserat im Motorsport Magazin, welches das Auto für 850 US-Dollar feilbot, mit dem Hinweis, dass das Auto „beinahe jedes Rennen beendet“ hat. – Nicht nur in jenen Tagen ein Qualitätskriterium.

Wechselfälle

In den darauffolgenden 30 Jahren sollte das Auto nach Aufzeichnungen von RM acht mal den Eigentümer gewechselt und dabei Ostengland kennen gelernt haben. Schließlich erwarb ein Enthusiast aus Longmont, Colorado den Tojeiro MG Barchetta Sports Racer. Kaum in den Staaten angekommen, wurde das Fahrzeug für rund 11.000 Dollar für historischen Rallyes und Rennen präpariert und entsprechend genutzt, beispielsweise der Copperstate 1,000 oder den Steamboat Springs Vintage-Rennen.

Zuletzt gehörte das Fahrzeug einem Fahrzeugsammler aus Chicago, der den Tojeiro MG ebenfalls intensiv sportlich nutzte. Demzufolge ist die jüngste Geschichte von „LOW 77“ gut dokumentiert. Technisch ohne Wartungsstau bietet sich der kompakte und leichte Sportler für neue Einsätze an – vielleicht wieder in Europa? Eine Verwechslungsgefahr bleibt nicht ausgeschlossen.

Fotogalerie

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