Drei Tage Dauerregen, angereichert mit Schauern und Wolkenbrüchen, abgelöst von 25 Zentimetern Neuschnee: und trotzdem weit über 100 höchstzufriedene Teams. Da muss ein Veranstalter schon eine ganz besondere Rallye auf die nassen Beine gestellt haben. Die 8. Rossfeld-Historic am Fuße des Watzmanns war so eine Rallye.
Veranstalter Günter Hansmann war zu beneiden und doch zu bedauern: Mit viel Hingabe formte er die achte Ausgabe der Rossfeld-Historic zu einer der spektakulärsten und anspruchsvollsten Veranstaltungen im Rallyekalender – und dann kam das mit allen Wassern gewaschene Mai-Wetter daher und wollte Hansmann und die über 100 Teams eiskalt abduschen. Aber nur einmal blieb das Wetter Sieger: Nach reichlich Neuschnee in der Nacht zum Samstag musste die letzte Wertungsprüfung auf der Rossfeld-Bergrennstrecke um zwei Kilometer gekürzt werden, weil der eigentliche Zielbereich auf dem Gipfel nur noch von ASR-ESP-ABS-Quattro-4-Matic-Syncros zu befahren gewesen wäre.
Dass es den Teams trotzdem zu keiner Sekunde der Rallye kalt werden konnte, dafür sorgten die eisenharten Aufgabenstellungen, die das Team um den rallyenarrischen Günter Hansmann den Teilnehmern in die Bordbücher diktiert hatten. Darunter eine Orientierungsprüfung nach Karte mit unbekannt platzierten Zeitkontrollen, einige vollgasfeste Sprintprüfungen auf steilsten Alpensträßchen, eine Gleichmäßigkeitsprüfung, auf der sich die Teams auf halber Strecke selbst starten mussten sowie Abschnitte mit bekanntem Ziel, auf denen aber beispielsweise auf den letzten drei Kilometern bis zum Ziel nicht mehr angehalten werden durfte. Dort konnte dann so mancher zu forsch gefahrene Teilnehmer auf den letzten 100 Metern die Langsamkeit entdecken, weil er mit weit weniger als Standgas die übrig gebliebenen zwei Minuten Zeit in tiefster Gangart abbummeln musste.
Sportlich schien sich schon früh das gleiche Bild wie beim Auftaktlauf vor zwei Wochen abzuzeichnen: Gleich am zweiten Tag der Rallye setzten sich Michael „Helmut“ Münzenmaier und Anja Schiemann im verdecklosen und somit stets gut bewässerten Jaguar XK 140 OTS an die Spitze des Feldes – dachte man zumindest. Die Konkurrenz bekämpfte sich indes selbst: Die noch am Freitag in Führung liegenden Hamburger Thomas Senn und Ivonne Birkhölzer leisteten sich mit ihrem MG A Coupé einen ungewohnten Schnitzer und wurden sofort auf Rang vier durchgereicht. Die Zweitplazierten des Auftaktlaufes, Thomas Schäfer und Stefan Albrecht, kamen vor lauter Dach-auf- und Dach-zu-Experimenten in ihrem Jaguar XK 140 auch nicht so recht an die Zeiten der Spitze heran. Und als dann die Vorjahressieger Thomas und Alexandra Engl gerade zum Generalangriff blasen wollten, machte ein gerissenes Kupplungsseil Schluss mit lustig für die beiden Mitfavoriten. Prof. Dr. Peter Krieglsteiner mit Beifahrer-Legende Jochen Berger starteten zwar noch eine stürmische Aufholjagd nach einem für ihre Verhältnisse ins Wasser gefallenen ersten Tag, am Ende reichte es aber trotzdem nur zu Platz fünf im Gesamtklassement.
Und als alle dachten, Michael Münzenmaier und Anja Schiemann hätten den Sack wohl erneut zugemacht, schlich sich fast unbemerkt ein ganz anderer zum Gesamtsieg. Einer, der schon im Vorjahr der heimliche Held der Veranstaltung war: Hanns Werner Wirth, im letzten Jahr ohne Beifahrer (!) auf Rang drei gelandet, stellte mit Bernd Dimbath auf dem Beifahrersitz seiner Corvette in diesem Jahr Chancengleichheit her und gewann heimlich, still und leise die Rossfeld-Historic-Rallye 2005.
Nach der Siegerehrung in der Wallfahrtskirche St. Bartholomä am Fuße des Watzmanns meldete sich dann übrigens noch einmal das herrliche Mai-Wetter zurück: Die Boote, die die Teilnehmer über den Königssee zurück nach Berchtesgaden bringen sollten, konnten wegen eines Sturmes mit Orkanböen bis nach Mitternacht nicht ablegen. Später in der Nacht fand dann aber doch noch alles sein gutes Ende, und Veranstalter Günter Hansmann konnte seinem dreitägigen Rallyefeuerwerk mit einem echten Feuerwerk zum Empfang der Boote in Berchtesgaden einen würdigen Abschluss verleihen.
In der Gesamtwertung der Classic-Masters-Serie liegen nun nach zwei von zehn Läufen Münzenmaier/Schiemann in Front vor Wirth und Schäfer/Albrecht gefolgt von Senn/Birkhölzer.
Der nächste Lauf der Classic-Masters startet schon am kommenden Pfingstwochenende: Hier geht es nach den Berchtesgadener Wasserspielen zur Bädertour auf die Sachs-Franken-Rallye nach Bad Kissingen.
Weitere Informationen unter www.classicmasters.de, www.langenburg-classic.de, www.rossfeld-historic.de und www.sachs-franken-classic.de.
Text: Tom Augustin
Fotos: Rossfeld Historic
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