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Jaguar XK

Jaguar präsentiert dieser Tage seine neue Coupé- und Cabriolet-Baureihe XK als Nachfolger des erfolgreichsten Sportwagens der Firmengeschichte dem XK 8. Mit der Präsentation eng verbunden ist zudem die Neupositionierung der Marke Jaguar. Ob der komplett neu konstruierte XK das Versprechen der Jaguar-Oberen – sowohl einen Sportwagen der Extraklasse als auch ein GT Coupé von besonderer Exklusivität geschaffen zu haben, einlösen kann – haben wir aufgeklärt.

Einen Jaguar zu testen ist auch für den verwöhnten Motorjournalisten immer etwas Besonderes gewesen. In der Vergangenheit bot diese Marke eine Vielzahl von Modellen auf, die konstruktiv anders waren als die Angebote der großen Massenhersteller. Nicht eben besser, aber irgendwie individueller. Das war der große Vorteil. Mit einem Jaguar war man nicht Mainstream, sondern gehörte zu einem eingefleischten Kreis von Kennern der automobilen Szene. Besonders wurde einem dies bewusst, wenn man sich die großen Ikonen des englischen Sportwagenbaus ins Gedächtnis rief. Ein Monument wie den E-Type kann man nur schwer übertreffen, denn selten galt für ein Auto der Begriff Traumwagen so sehr, wie für den von 1957 bis 1963 gebauten Coupé.

Jaguar XK Jaguar XK

So steht man dann vor dem neuen XK und reibt sich verwundert die Augen. Das soll die neue Jaguarlinie sein? Ein bisschen Aston Martin im Heckbereich, die Taille vom Lotus Elise und die Silhouette von Maserati. Lediglich die Front zeugt dem großen Vorbild E- Type Respekt. Gut, Design mag Ansichtssache sein, aber individuell ist irgendwie anders. Schnell die schwere Tür geöffnet und die komplett aus Aluminium gefertigte Karosse geentert. Die perfekten Passungen und die hohe Materialgüte wechseln sich ab mit ärgerlichen Flüchtigkeiten, wie etwa den freistehenden Schrauben der Türfangbänder. Im Innern des XK herrscht dagegen Gediegenheit. Sauber verarbeitetes Leder wohin der Blick auch schweift. Die Nähte sitzen perfekt, die Haptik der Oberflächen stimmt und auch die Bedienelemente hinterlassen einen properen Eindruck. Dazu gesellt sich ein feiner Velours, der fast zu schade ist, um mit Straßenschuhen betreten zu werden.

Das Starten des XK geschieht mittels eines Start- und Stop-Buttons. Die Bedienung der Multifunktionseinheit in der Mittelkonsole des XK verläuft, hat man sich mit dem bei direktem Sonnenlichteinfall schlecht ablesbarem Touchscreenmonitor auseinandergesetzt, nahezu problemlos. Lediglich das häufige Suchen in den Untermenüs ist bestenfalls Geschmackssache. Letztere gilt übrigens auch für die im Kombiinstrument eingespiegelte analoge Zeituhr, die dem Stil englischer Automobile nicht gerecht wird.

Nach dem Anlassen verfällt der weitgehend unverändert aus dem Vorgänger übernommene 4,2 Liter V8-Vierventiler in einen stabilen und satt brummelnden Leerlauf. Das spontane Ansprechen auf die Gaspedalbefehle weiß ebenso zu gefallen, wie das zügige Hochdrehen des Motors. Dabei entweicht aus den Doppelröhren ein dominanter Klang, der nicht wirklich zum zurückhaltenden Gusto britischer Automobile passt. Im Innern herrscht eine angenehme Akustik, es sei denn, der Fahrer nötigt dem Aggregat höhere Drehzahlen ab. Dann entfacht der 298 PS starke Motor eine Geräuschkulisse, die überzeugend kraftvoll klingt.

Dass dieser Zustand recht häufig erreicht wird, dafür sorgt das spontan schaltende 6-Gang-Automatikgetriebe mit diversen manuellen Eingriffsmöglichkeiten. Bereits in der Stellung "D" genügt ein Tritt auf das Gaspedal und die Automatik schaltet zurück. In der Stellung "Sport" hält die Automatik den niedrigeren Gang auch gern bis zum Erreichen der Drehzahlgrenze fest und sorgt so bei dem rund 1700 kg schweren Jaguar für befriedigenden Vortrieb. Mehr aber auch nicht. Denn die Fahrleistungen des neuen XK sind bestenfalls klassenüblich: Eine Beschleunigung von 6,3 Sekunden für den Sprint von 0 auf 100 km/h macht deutlich, dass Jaguar mit dem neuen XK eher eine Positionierung im Bereich der großen Luxuscoupés anstrebt als im Segment der Straßensportler.

Punkten kann der Jaguar indes mit seinem hervorragenden Fahrwerk, das von der klassischen Auslegung mit doppelten Querlenkern an der Vorder- und Hinterachse profitiert. Die Federung spricht durchaus sensibel auf alle Arten von Bodenwellen an. Nur selten stoßen kurze Bodenunebenheiten bis in das Lenkrad vor. Schnelle lang gezogene Kurven meistert der XK ebenso souverän wie knackige enge Kurven. Hier kommt Freude auf. Die Lenkung weiß mit ihrer straffen Direktheit zu überzeugen und trägt maßgeblich zur guten Handlichkeit des XK bei. Auch bei hohem Autobahntempo bleibt der Wagen jederzeit gut beherrschbar. Sollte es nötig sein, verfügt der Jaguar über ein hochwirksames Bremssystem, dass im Vergleich zum Vorgänger erheblich verstärkt wurde.

Jaguar XK Jaguar XK

Besonderen Wert legte man bei Jaguar auf die Verbesserung der passiven und aktiven Unfallsicherheit. So entwickelte man eine neuartige Methode, den harten Unterbau der Motorhaube im Falle eines Fontcrash mit einem Fußgänger zu entschärfen. Die Motorhaube schnellt in diesem Fall pyrotechnisch nach oben und sorgt so für die nötige Distanz zum harten Motor. Auch die im Falle eines Überschlages hervorschnellenden Überrollbügel haben es in sich. Im Aktionsfalle zerstören zwei Dorne die Heckscheibe des geschlossenen Verdecks und stellen so die optimale Entfaltung der Bügel sicher. Selbstverständlich vervollständigen die üblichen Kopf- und Seitenairbags sowie Gurtstraffer das Sicherheitspaket

Fazit:
Ernüchterung stellt sich ein. Jaguar hat es mit dem XK leider versäumt, die alten Jaguartugenden, wie Leidenschaft und Individualität, in den Vordergrund zu stellen. Die dargebotene Mischung aus allen derzeit möglichen Elementen des Automobilbaus lässt das gesteckte Ziel, eine neue Legende auf die Räder zu stellen, ein wenig außer acht. Zu unspektakulär ist das Design, zu mäßig die Fahrleistungen, zuwenig „jaguarlike“ das Feeling. Dies ist umso bedauerlicher, als dass der XK konstruktiv ein hervorragendes Fahrzeug ist.

Text: Sven Jürisch
Fotos: Sven Jürisch


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