Zum fünften Male traf sich die historische Motorsportwelt in Le Mans, um dem traditionsreichen Langstreckenklassiker zu huldigen. Mehr als 96.000 Zuschauer besuchten die Le Mans Classic 2010.
Alle zwei Jahre verwandelt sich die legendäre Rennstrecke von Le Mans in einen Wallfahrtsort für Liebhaber des historischen Motorsports. Dank des strengen Regelwerks bekommt man ausgesprochen seltene Rennwagen bei diesem Event zu Gesicht. Starten dürfen nämlich nur solche Racer, die auch tatsächlich zwischen 1923 bis 1971 beim Langstreckenrennen teilgenommen haben. Nur hier hat man die seltene Gelegenheit, so viele Le Mans-Siegerwagen auf einem Schlag zu sehen. Höhepunkt in diesem Jahr war zweifelsfrei der Aufritt des Rennsiegers von 1962, einem Ferrari 330 TRI.
Die geballte Konzentration von derart vielen, raren Klassikern sucht seines Gleichen. Die große Auswahl an historischen Rennwagen ist allerdings nicht nur privaten Personen zu verdanken, auch die verschiedenen Hersteller brachten einige Le Mans-Raritäten aus den hauseigenen Sammlungen mit an den Start. Gerade der Le Mans-Sieger von 1971, der Porsche 917 mit dem Spitznamen Rosa Schein , sorgte für einiges Aufsehen in der Startergruppe 6. Einen wahrhaft kunstvollen Auftritt hatten die verschiedenen BMW Art Cars, die die Münchner unter höchsten Sicherheitsvorkehrungen mit nach Frankreich genommen hatten.
Allerdings steht und fällt der Mythos Le Mans nicht nur mit den Rennwagen, ebenso wichtig ist die Präsenz ehemaliger Rennfahrer, die sich dieses Revival natürlich nicht nehmen lassen. Classic Driver-Autor und Rennfahrer Tony Dron kehrte 2010 wieder an seine alte Arbeitsstätte hinter dem Lenkrad eines Fords Model T und dem des Jaguars E2A zurück. Mit von der Partie waren auch Richard Attwood, Le Mans-Sieger von 1970, der Sieger von 1983, Vern Schuppan, und die Legende von La Sarthe, Henri Pescarolo, der das Rennen insgesamt vier Mal für sich entscheiden konnte. Natürlich durfte auch der Schnelle Prinz Leopold von Bayern nicht fehlen.
Das wohl spannendste Starterfeld war das Grid 3. Hier dominierten Rennwagen der Marken Ferrari, Ford und Porsche aus den Baujahren 1962 bis 1965. Wie eingangs erwähnt sorgte der Ferrari 330 TRI, der 1962 die 24h von Le Mans für sich entscheiden konnte, für begeisterte Blicke. Es ist im Übrigen das Auto, das 2007 bei der RM Auktion in Maranello den Rekordpreis von 6.875.000 Euro erzielen konnte. Sein Eigner, der Argentinier Luis Perez Companc, vertraute seinen Schatz der Ferrari Classiche an. Die Klassikabteilung der Italiener sorgte sich mit einem eigenen Fahrerlager um das Wohl der wertvollen Preziosen aus Modena. Doch auch der perfekte Service konnte nicht den Gruppensieg von Christian Gäsel auf seinem Ford GT 40 verhindern. Mit einem Vorsprung von über acht Minuten ließ der Hobby-Rennfahrer das gesamte Feld hinter sich.
Je später der Abend, desto schwerere Geschütze wurden aufgefahren. In der Startergruppe 5 gingen Rennboliden der Baujahre 1966 bis 1971 an den Start. In dieser schweren Gruppe konnte sich Bernard Thuner in seinem rot-schwarzen Lola T70 Mk IIIB gegen die starke Konkurrenz von Porsche und Chevrons durchsetzen. Zwar schlug sich Le Mans Classic Sponsor und Uhrenmacher Richard Mille nicht schlecht in seinem Lola T70, konnte sich aber letztendlich nicht gegen den Marken-Konkurrenten beweisen.
Auf dem riesigen Gelände herrschte benzinhungrige Volksfeststimmung. Während die wackeren Rennpiloten Runde um Runde gegen die Zeit ankämpften, konnten sich die Zuschauer sich am Angebot der unzähligen Marktstände erfreuen: Ganz gleich, ob Rennbekleidung aus der französischen Manufaktur Chapal, Kameras von Leica oder Uhren des Hauptsponsors Richard Mille.
Nach 24 Stunden durchgehender Action auf dem Track wurde die Zielfahne gegen vier Uhr Morgens ein letztes Mal geschwenkt, und die fünfte Ausgabe der Le Mans Classic neigte sich dem Ende zu. Sie gehört zusammen mit einigen wenigen weiteren Veranstaltungen definitiv zu den weltweit besten historischen Motorsportevents. Es ist sehr bedauerlich, dass der nächste Startschuss zur Le Mans Classic erst wieder 2012 fällt.
Text: Steve Wakefield
Foto: Classic Driver
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